Birds of Prey (Panini)

Februar 19, 2021
Birds of Prey - Das Kartell der Teufelsbräute (Panini Verlag)

Aufgewärmte Geschichten, das weiß nicht nur Beziehungsberater Dr. Bachmaier, taugen nichts. Und so ist Dinah Lance alias Black Canary gar nicht begeistert, als mitten in der Nacht Eric Lagoon anruft, ein alter Kollege aus dem Agententeam 7, mit dem die Dame nach etwas zu viel Alkohol ein kleines Techtelmechtel hatte. Was Dinah nicht weiß: der gute Eric spricht durchaus schwerwiegende Abschiedsworte, sieht er doch gerade dem Tod ins Gesicht und wird zum Abschluss des Telefonats höchst brutal von einigen Damen gemeuchelt, die mit mexikanischen Dia de la Muerte-Tattoos geschmückt einen furchterregenden Eindruck machen. Tags darauf wird Dina von ex-Mit-Agent Steve Trevor mit dem Mord konfrontiert, was Dinah in mehr Herzensnöte bringt, als ihr lieb ist. Aber nicht nur Frau Lance hat Ärger mit den Todesdamen: Harleen Quinzel alias Harley Quinn, frisch von Amanda Waller herself aus der Haft entlassen, will in Gotham ohne „Mr. J.“ ein neues Leben anfangen. Dumm nur, dass ihr dabei geradewegs ein Kopf vor die Füsse fällt: ebenfalls das blutige Werk der Todesdamen, die offenbar im Drogengeschäft unterwegs sind und den Spitzel Kimchi Jim abserviert haben.

Das allerdings entgeht auch Helena Bertinelli nicht, die auf einen Tipp von Detective Montoya hin die Szene überwacht und Kimchi eigentlich auf die Finger sehen wollte. Harleen hat kein Problem damit, die Drogenbande mit dem Kopf zu konfrontieren und einen auf Crimefighter zu machen, woran Huntress sie nicht so recht zu hindern vermag, sondern sich geradewegs in der „Obhut“ der schrillen Dame findet, die partout bei der Girlgroup mit von der Partie sein will. Montoya entdeckt zwar auf der Spur von Huntress das traute Beisammensein, aber da zeigt sich überdeutlich, dass „Mr. J“ in Sachen Beziehung gar nicht zu Späßen aufgelegt ist – der Clownprinz des Verbrechens sprengt kurzerhand das ganze Gebäude in die Luft. Harleen aber beweist ihre neu gefundene Rechtschaffenheit, indem sie ihren Mitstreiterinnen das Leben rettet. Im HQ der ehemaligen Birds of Prey erholen sich die Damen, zu denen alsbald auch Dinah stösst, die mit der „Neuen“ im Bunde erst einmal gar nichts anfangen kann. Aber irgendwann wird klar, dass der wahre Feind die „Esposas de la Muerte“ sind, ein Kartell brutaler mexikanischer Drogenhändlerinnen, die Gotham als Zielmarkt ausgemacht haben. Die neu formierten Raubvögel rüsten sich für den Krieg gegen diese Todesengel – geplagt von einer vermeintlichen Verräterin in ihrer Mitte und einem Mr J., der sich nicht abschütteln lässt…

Die vergriffene HC-Edition

In ihrem Beitrag zur DC-Serie „Black Label“, bei dem sich Zeichner und Autoren jenseits der Serienchronologie nach Herzenslust austoben dürfen (so u.a. geschehen beim „Dunklen Prinz“ von Enrico Marini und der Harley-Quinn-Origin „Harleen“ von Bondage-Meister Stjepan Sejic) revitalisieren Brian Azzarello (u.a. „100 Bullets“, „Batman: Damned“) und Emanuela Lupacchino die Girlband, die erstmals 1996 in Form von Barbara Gordon (als Orakel) und Dinah Lance startete und noch in den 90ern von Helena Bertinelli als Huntress und Catwoman Selina Kyle ergänzt wurde. Nach einer eher kurzlebigen Existenz als TV-Serie 2002 gerieten die Birds dann in den Malstrom des DC Cinematic Universe, in dem es Cathy Yan 2020 gelang, die konfuse Verwirrung der Suicide Squad-Leinwandabsonderlichkeit noch zu toppen: „Birds Of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“, nach ersten vernichten Reaktionen flugs umbenannt in „Harley Quinn: Birds of Prey“, sorgte als Möchtegern-Deadpoolesque Ansammlung von zusammenhanglos gereihten set pieces mit inneren Monologen für Kopfschütteln und sank an den Kassen wie das sprichwörtliche Blei.

Hier hat der geneigte Neueinsteiger und gebrannte Kinobesucher nun die Chance, die Raubvögel nochmal neu zu entdecken. Die Story scheint etwas grob zusammengezimmert, aber die Action passt, und vor allem das Sujet, an dem der Film kläglich scheiterte, wirkt hier amüsant-überzeugend: It’s a girl’s world, drei Heldinnen kämpfen gegen drei Schurkinnen, wobei sich Harleen durchaus über die in Gotham vorherrschenden Geschlechterrollen mokiert, die Kämpferinnen wie Dinah Lance zu Einzelgängerinnen stempelt: „Gotham kann ziemlich cliquenhaft sein. Es läuft auf seine Art oder…“ „*** auf das Patriarchart!“ Der hier beschworene „er“ tritt auch bei Harleys finaler Auseinandersetzung mit dem Joker deutlich ins Rampenlicht, wobei eine durchaus innige Beziehung zwischen den beiden evoziert wird: „Ich weiß noch, wie Du gesagt hast, Du liebst mich…Ich wusste, dass Du Dich zu der Zeit von der Liebe Deines Lebens entliebt hattest. Ihr zwei wart in einem Beziehungstrott gefangen. Du wolltest seine Aufmerksamkeit erregen, und er hat Dich verprügelt und eingesperrt. Du bist ausgebrochen, und es ging von vorn los…“

Diese Passage bringt nicht nur eine gehörige Würze in die Beziehung zwischen dem Joker und seinem Lieblingsfeind, sondern stellt auch eine direkte Parallele zu Alan Moores epochalem „Killing Joke“ her, in dem Batman ebenso feststellt, dass man sich auf einem gemeinsamen, selbstmörderischen Kurs befinde, wenn man das ewige Muster nicht durchbreche. Und so gemahnt auch das Ende an dieses epochemachende Werk, als Harleen den Joker, der sie erschießen will, mit der Frage „Und wer treibt Dich in den Wahnsinn?“ zu einem hysterischen Lachen bringt, in das Harleen einstimmt und mit dem der Clownprinz – der wie die besten Monster nie komplett zu sehen ist – die Szenerie verlässt. Für Genrefreunde ist somit mindestens ebenso viel geboten wie für Liebhaber einer leckeren Optik, die Emanuela Lupacchino knisternd-krachend in Szene setzt – eine fesche Sauna-Einlage inklusive. Na wenn das mal nichts ist. Der vorliegende Band bringt die gesamte US-Ausgabe „Birds Of Prey 1“ von 2020. Die auf nur 150 Stück limitierte Hardcover-Variante ist bereits vergriffen. (hb)

Birds of Prey – Das Kartell der Teufelsbräute
Text: Brian Azzarello
Bilder: Emanuela Lupacchino
100 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
13 Euro

ISBN: 978-3-7416-2230-4

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