Krypton und seine hochentwickelte Kultur. Noch. Denn der Planet ist dem Untergang geweiht. Unmittelbar vor der vernichtenden Katastrophe setzen der Wissenschaftler Jor-El und seine Frau ihren kleinen Sohn in eine Rakete. Der Junge soll überleben und wird auf den Weg Richtung Erde geschickt. Dort landet er in Kansas nahe dem Städtchen Smallville in einem Feld und wird von dem kinderlosen Ehepaar Martha und Jonathan Kent „adoptiert“. Schnell merkt der Bub, dass er hier auf seinem neuen Planeten besondere Kräfte entwickelt. Auch den Kents bleibt dies nicht verborgen, von dem wahren Ausmaß ahnen sie aber nichts. Clark, wie der Junge nun genannt wird, wächst geliebt und behütet auf und wird langsam zum Teenager. Auch in der Schule hält er sich vornehm zurück. Zumindest anfangs. Denn als er und seine Freunde Opfer von zunehmendem Mobbing werden, wird Clark erstmals vor die Wahl gestellt, wie und ob er seine Kräfte einsetzt, um den Konflikt zu lösen…
Klar – die Origin Story von Superman. X-mal erzählt, in allen nur erdenklichen Varianten und damit hinlänglich bekannt. Falls nicht aus den Comics, dann durch Kino oder Fernsehen. Wenn aber nun der Autor der neuesten Neuerzählung Frank Miller heißt, horcht man dann doch auf und ist gespannt, was der legendäre und später auch umstrittene Macher von „The Dark Knight Returns“, „Sin City“ und „300“ diesem doch ausreichend beackertem Feld noch hinzuzufügen weiß. Mit entsprechend hohen Erwartungen. Im ersten Band (von 3) hält sich Miller weitgehend an die traditionelle Story. Nach drei Seiten sitzt der Junge in der Rakete und Krypton ist hinüber. Die folgende Sequenz besticht durch gleichgroße, starre Panels, die die Cockpit-Perspektive aus der Sicht des Jungen zeigen. Dazu die Gedanken des Kleinen, alleine in der Weite und der Ungewissheit des Alls. Die Szene erstreckt sich über mehrere Seiten und endet erst, als sich die Kapsel öffnet und Jonathan Kent vor dem im klassischen Cape eingewickelten Jungen steht. Beeindruckend.
Dann wird es – zumindest optisch – wieder konventioneller, wobei Zeichner John Romita Jr. (der bereits bei Marvel so ziemlich alles zu Papier brachte, was laufen kann und dort auch mit Frank Miller zusammenarbeitete) in seinem charakteristischen Stil mit hohem Wiedererkennungswert in den Mimiken der Personen deren Gefühlsleben schön widergibt, was in dem übergroßen Album-Format bestens ankommt. Dabei konzentriert sich die Story gerne auf innere Monologe, die in erster Linie der kleine Clark beisteuert. So ist ihm sofort bewusst, welche außerordentlichen Kräfte er auf seinem neuen Planeten besitzt. Behutsam spielt er den Normalo, beispielsweise beim Baseball werfen mit Vater Jonathan, diverse Super-Gags inklusive. Dann in der Schule muss er sich immer wieder bremsen, obwohl er gerne Lana Lang, seine erste große Liebe, beeindrucken will – was er dann auch tut. Aus großer Kraft folgt große Verantwortung – dieser Leitspruch eines anderen großen Helden von der Konkurrenz gilt auch hier. Gerade bei der Mobbing-Affäre muss Clark eine steile Lernkurve meistern – auch mit Hilfe seines Vaters, der hier die Onkel Ben-Rolle einnimmt.
Dass Frank Miller mit seinem zackigen, abstrakten Zeichenstil (siehe die Variant-Cover) sich auf die Story begrenzt, ist angesichts der ländlichen bzw. kleinstädtischen Idylle und den typischen Teenager-Problemen (auch wenn sie „super“ sind) sicher von Vorteil. Romitas Stil ist zugänglicher, natürlich auch weniger extravagant und die kräftige und differenzierte, stimmige Farbgebung von Alex Sinclair tut ihr Übriges für eine gute Optik. So wird der Auftakt zu einer Mischung aus konventioneller (bekannter) Erzählung und innovativer Sequenzen, die in der Tat ergänzend zur allgemeinen Entstehungs-Folklore des ersten Superhelden stehen mag. Der Dreiteiler erscheint unter dem Black Label von DC, in dem üblicherweise düstere Stoffe veröffentlicht werden (wie „Batman Damned“) und profitiert ungemein durch das große Format. Teil 2 ist bereits erhältlich, der Schlussband kommt im Juli. Jeder Band ist auch in einer limitierten Variant-Cover-Edition mit Frank Miller Covern erhältlich. (bw)
Superman: Das erste Jahr, Band 1
Text: Frank Miller
Bilder: John Romita Jr., Danny Miki, Alex Sinclair (Farben)
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Panini Comics
16,99 Euro
ISBN: 978-3-7416-1499-6