Generationsmäßig saßen wir hier immer schon irgendwie zwischen den kreativen Stühlen: als eine bunte Horde mutierter Schildkröten 1984 auf die Welt losgelassen wurde, waren wir a) schon zu alt, um das Ganze einfach als wüsten Spaß zu goutieren, und b) zu jung und noch zu wenig in der Materie, um zu erfassen, dass Kevin Eastman und Peter Laird mit ihren durch Mutagen anthropomorphisierten Panzerträgern eine köstliche Persiflage auf die höchst populären Ninja-Werke eines Frank Miller und Konsorten lieferten. Beim schon damals eher bierernsten (aber noch nicht komplett durchgeknallten) Miller war es eben die Geheimorganisation The Hand und diverse östliche Gelehrte, die bei Elektra und Ronin die Fäden zogen – bei den flugs so betitelten TMNT sorgte der Ratten-Sensei Meister Splinter dafür, dass die vier Renaissance-Kröteriche Leonardo, Raphael, Michelangelo und Donatello ordentlich ausgebildet losziehen konnten.
Klar hatten sie wie alle Helden-Kombos eine Nemesis: was Supie sein Lex Luthor und Daredevil der Kingpin, das war für die Kröten der sinistre Shredder (nicht Schröder), der mit seinem Foot-Clan nicht etwa einen Wanderverein, sondern seinerseits eine Armada von Ninja-Kämpfern ins Felde führte. Vom Underground-Geheimtipp mauserten (naja so ähnlich) sich die Turtles schnell zum (teilweise nervigen) omnipräsenten Phänomen, das einem in Funk, Fernsehen, Brotzeitdosen und Bettwäsche unentrinnbar entgegensprang. Nachdem 2014 im Kino ein Relaunch des Franchise (also gut, ein Neustart des Stoffes, Deutsch geht auch) die Kassen ordentlich klingeln ließ, gab es 2016 mit „TMNT: Out Of The Shadows“ eine filmische Fortsetzung – und auch auf den Comic-Seiten feierten die Schildkröten ein furioses Comeback. Dafür ließ man sich ein Treffen der ganz besonderen Art einfallen, zu dessen Bewertung wir kurz zu unserem Kinderrezensenten Tristan übergeben:
Ein Crossover, das es noch nie gegeben hat (und ich spreche hier nicht von Dons Liebe zum Batcomputer…) – das alte Spitzohr trifft auf die mutierten Kröten! Dieses Mal wird der allseits bekannte Dunkle Ritter in seiner Heimatstadt Gotham ganz schön ge shell-shockt (alles klar?! Wortspiel ahoi!)), als er erfährt, dass die Teenage Mutant Ninja Turtles in einem Kampf mit dem alten Stinkstiefel Shredder und seinem Foot-Clan zusammen mit ihrem Meister Splinter nach Gotham katapultiert werden. Weil Shredder New York nämlich ungestört beherrschen will, tut er so ziemlich alles, um die Turtles loszuwerden – der Haken ist nur, dass auch der olle Shredhead vom Fiesling Krang (Steckbrief: schleimig und übernatürlich) gleich mit teleportiert wird und deshalb genau wie die TMNTs in Gotham festsitzt. Kaum dort angekommen, gibt es auch schon gute und schlechte Neuigkeiten: während Batman sich nach ein paar Diskussionen auf die Turtles-Seite ziehen lässt, sucht sich auch Shredder einen mächtigen Verbündeten und paktiert mit niemand anderem als Ra’s al Ghul. Mit diesem Erzfeind des Mitternachtsdetektivs heckt er einen teuflischen Plan aus: er befreit die Insassen von Arkham Asylum (und zwar echt ALLE!), so dass Batman und Robin alle Hände voll zu tun haben, um die ganzen Irren wieder einzufangen, während Donatello ganz verzückt mit dem Bat-Computer flirtet. Alles läuft auf einen epischen Kampf mit den zu Tieren mutierten Feinden hinaus, in dem Fledermaus und Kröte zusammenstehen müssen, wenn Gotham nicht untergehen soll…
Autor James Tynion IV, der sich unter anderem mit seinen Stories für „Hellblazer“ und „Batman Eternal“ einen Namen gemacht hat, gelingt hier eine kurios-unterhaltsame Mischung aus Nostalgie-Trip für alle, die schon Anfang der 90er die erste TMNT-Filmtrilogie verschlangen, Genre-Persiflage und buntem Action-Adventure. Dabei wird die reichhaltige Turtles-Historie ebenso verarbeitet (so etwa darf ein Auftritt von Robin-Satire Casey Jones in Hockey-Maske nicht fehlen) wie das Bat-Universum veralbert: da unternehmen die Turtles eine Spritztour mit dem Batmobil und schrotten die Karre dabei fast, Donatello schmachtet den Bat-Computer an, während man versucht Pizza zu organisieren, und nach den ersten Zusammentreffen mit dem Dunklen Ritter stellt Michelangelo eine Liste mit Likes und Dislikes auf: „Cool: Krasser Anzug, Fledermaus-Wurfdinger, Umhang, Elektroauto. Nicht-Cool: Hat uns fertiggemacht. Fiese Stimme. Hat Raphs Sai geklaut“.
Zeichnerisch inszeniert wird diese furiose Achterbahnfahrt durch zwei Welten von Freddie E. Williams II (wir haben es hier offenkundig ausnahmslos mit Dynastien zu tun) in keinster Weise spaßig-cartoonhaft, sondern eher im Superhelden-Duktus stilisiert, teilweise durchaus düster und mit großflächig-überbordenden Panels. Wenn man sich auf den Spaß einlässt, bietet dieses Kreuzüber durchaus ambitioniertes Amüsement, der vor allem Freunde der Kröten-Fraktion bestens unterhalten sollte. Der vorliegende Band enthält die gesamte Miniserie Batman/Teenage Mutant Ninja Turtles, die im Original in sechs Heften von Februar bis Juli 2016 erschien und schon mit Titeln wie „Knights In A Half Shell“, „Last Turtle Standing“, „…Totally Awesome Team Up!“ oder „Deadly Mutant Arkham Inmates“ die parodistische Note hochleben lässt. So, und wir nehmen uns jetzt endlich wieder einmal die Mildly Microwaved Pre-Pubescent Kung Fu Gophers (oder gleich die Adolescent Radioactive Black Belt Hamsters) vor. (hb/tb)
Batman/Teenage Mutant Ninja Turtles
Text: James Tynion IV
Bilder: Freddie E. Williams II
140 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
16,99 Euro
ISBN: 978-3-74160-034-0