Angela (Panini)

Januar 5, 2016

Angela (Panini)

Angela, Engel und im gelernten Job Hellspawn-Jägerin, erschien erstmals 1993 in Todd McFarlanes Spawn Nr. 9 auf der Comic-Bildfläche. Inzwischen – das mag manche erstaunt haben – ist die Dame, die von Sandman-Mastermind Neil Gaiman erdacht wurde, wie auch Miracleman (auch daran war Mr. Gaiman nicht unbeteiligt) in das Marvel-Universum eingebürgert worden. Erschien sie dort erstmals bei den Guardians of the Galaxy im Rahmen des „Age of Ultron“ Events (siehe Guardians, Band 2), wurde ihr bald, nämlich während des „Original Sin“ Crossovers (ächz…) eine neue Vita verpasst (nix mehr mit „erste Sphäre des siebten Himmels“). Und gleich eine, die sich gewaschen hat. Denn Angela, so wurde enthüllt, ist die verlorene geglaubte Tochter des Allvaters Odin und seiner Holden, Freya. Und damit Schwester von Thor und Loki. Aufgewachsen ist sie in der von Odin verbannten Himmelsstadt Heven, Heimat der Engel und Todfeinde der Asen. Verständlicherweise brach Angela ob ihrer wahren Herkunft nicht gerade in Begeisterungsstürme aus…

Jetzt findet wir Angela auf der Flucht wieder. Gemeinsam mit ihrer Freundin und Gefährtin Sera, eine Magierin, die eigentlich tot sein müsste, aber aus (noch) unbekannten Gründen wieder unter den Lebenden weilt. Zusammen haben sie etwas Ungeheuerliches getan. Nämlich ein Neugeborenes entführt. Ausgerechnet das Kind von Odin und Freya und somit Angelas kleine Schwester. Klar, dass die Asen Verrat schreien und das Duo auf Teufel komm raus verfolgen, allen voran Thor (der inzwischen seinen Hammer und einen Arm verloren hat). Die wahren Gründe der Tat werden erst nach und nach klar. Inzwischen findet Angela Unterschlupf bei alten Bekannten: den Guardians of the Galaxy. Doch als die Truppe von der vermeintlich perfiden Tat erfährt, rückt Angela mit dem wahren Motiv raus: der Ort, an dem Odin und Freya das Kind zeugten, war von der Präsenz des Dämons Surtur ‚verseucht‘ (der treibt schon seit 1963 sein Marvel-Unwesen), weshalb das Kind nun böse Macht in sich trägt. Damit es keine Gefahr mehr darstellt, muss es geläutert und gereinigt werden. Und zwar ausgerechnet im Energieofen Hevens…

Wer „Original Sin“ und damit die neue Herkunftsgeschichte Angelas nicht kennt, muss angesichts der brachialen Story erst einmal schlucken. Denn man wird direkt ins Geschehen geschleudert, kapiert anfangs noch herzlich wenig. Vor allem das Warum fehlt. In Rückblenden – hier übernimmt Stephanie Hans den Zeichenstift – werden dann die Vorgeschichte und einige Hintergründe Angela und Sera betreffend erzählt. Das hat den Vorteil dass man häppchenweise ins Bild gesetzt wird und den Nachteil, dass es den Lesefluss und die eigentliche Handlung unterbricht (und manchmal künstlich in die Story implementiert wirkt). Dass am Ende, raffiniert eingebettet in viel nordische Mythologie, dann doch alles anders ist als gedacht, ist ein feiner Storytwist, der fast zu versöhnlich erscheint, kratzt er doch am Badass-Image des Engels. Und, ganz ehrlich: das neue Kostüm, das Angela nach der Hälfte verpasst bekommt, gefällt so gar nicht.

Dem gegenüber stehen äußerst opulente, realistische (soweit man dies bei dieser Handlung sagen kann) Zeichnungen, die in kräftig-stimmigen, erdigen Farbtönen gehalten sind. Phil Jeminez (Infinite Crisis, X-Men), dessen Gesichter im Stil denen von Mark Bagley ähneln, ist für die aktuelle Handlung zuständig, während Stephanie Hans, die auch die Cover gestaltete, die Rückblenden malerisch traumhaft inszeniert – Comicreisende kennen die Französin vielleicht vom Festival im luxemburgischen Contern. Dann haben die Guardians einen gewohnt peppigen Auftritt. Und die Kämpfe sind voller Wucht inszeniert, als Highlight wird das epische Duell zwischen Angela und Thor in Versform inhaltsschwanger begleitet. Der Band trägt keine Nummer (er beinhaltet die komplette Miniserie „Angela: Asgard’s Assassin“ 1-6 von 2015), schreit aber nach einer Fortsetzung. Ob die kommt, werden wohl auch die Verkaufszahlen entscheiden. Inzwischen reiht sich Angela neben Black Widow, Elektra, Ms. Marvel und Spider-Gwen in die Reihe neuer und alter, starker Marvel-Heldinnen ein. (bw)

Angela: Im Auftrag der Götter – Die Entführung
Text: Kieron Gillen, Marguerite Bennett
Bilder: Phil Jimenez, Stephanie Hans
140 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
16,99 Euro

ISBN: 978-3-95798-396-1

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