„Sterben ist nur witzig, wenn es andere erwischt.“ Eine Weisheit, die der Violator, der Erzfeind von Spawn, verinnerlicht hat. Dem hässlichen Gnom mit dem plakativen Gesichts-Makeup, wurden von Dämonengott Malebolgia die Kräfte genommen, was ihn nicht daran hindert, inGestalt eines grotesken Clowns, dem die Plauze unter dem viel zu kleinen T-Shirt heraus quillt, völlig gewissensbefreit unter den Menschen weiter zu meucheln. Im achten Kreis der Hölle wird Violator auch entdeckt. Von seinen Brüdern, die auf der Suche nach ihm waren: Vacillator, Vindicator, Vandalizer und Vaporizer (und Ventilator – nein, Scherz), alles monströse Gesellen, die in Sachen fehlendem Gewissen und Brutalität ihrem auf der Erde gestrandeten Bruder in nichts nachstehen.
Derweil heuert der Mafiaboss Gravano, der mit dem Violator im Clinch ist, den Admonisher (den Mahner) an, einen selten dämlichen Auftragskiller, der fortan im Laufe der Handlung für zahlreiche humoristische Momente sorgt (Stichwort Roosevelt). Seine Zielperson ist natürlich der Violator. Nur dumm, dass zur gleichen Zeit auch die vier Brüder auf der Erde eintreffen, um genau diesen einzusammeln und gehörig die Leviten zu lesen. So entwickelt sich eine wüste Keilerei und Ballerei, während der der Violator auch mal Hilfe bei seinem Erzfeind Spawn sucht, der hier nur eine Statistenrolle hat, und am Ende – das ist kein Geheimnis – aufgrund seiner Bauernschläue mal wieder die Nase vorn hat.
Als die Violator Miniserie 1994 in den USA veröffentlicht wurde, hatte Alan Moore bereits u.a. Swamp Thing, Miracleman, Watchmen und V for Vendetta geschrieben und war schon der Mega-Star unter den Comic Autoren. Außerdem arbeitete er gerade an From Hell. Hier verlässt er seinen Pfad mit komplexen, tiefgreifenden Inhalten und lässt schlicht und einfach mal die Sau raus. Und hatte ganz offenbar dabei einen diebischen Spaß. Denn die Dialoge der fünf Phlebiac-Brüder strotzen nur so von herrlich dämlichem, makabrem Humor und bilden damit einen Gegensatz zu ihrem äußerst schaurigen Aussehen. Der Admonisher, nicht minder dämlich, ist eine kaum verhohlene Karikatur von Marvels Punisher. Auch die tiefschwarze, derbe Situationskomik (so trägt der Violator den halben Band lang den Kopf seines letzten Opfers im Arm) sitzt und lässt den erwachsenen Comicleser(.de) schmunzeln.Wobei es natürlich von Nutzen ist, einige Kenntnisse der Spawn-Mutterserie zu haben. Schließlich war Spawn damals der Knaller, eine Sensation: die erste eigene Reihe Todd McFarlanes, nachdem er zuvor schon von Marvel eine eigene Spider-Man Serie bekam.
Dabei sollten wir nicht vergessen, dass sich mit Neil Gaiman in der Anfangszeit von Spawn neben Alan Moore auch ein weiterer berühmter Comic-Schöpfer eingebracht hat. Seine Schöpfung Angela ist inzwischen erfolgreich vom Spawn- ins Marvel-Universum gewechselt und leistete dort den Guardians of the Galaxy Gesellschaft. Auch von Alan Moore gibt’s noch einen Spawn-Nachschlag. Sein Bloodfeud/Blutfehde wird Panini im Dezember ebenfalls als Neuauflage veröffentlichen. Im vorliegenden Band wird die Violator-Miniserie, die aus drei Heften besteht, noch um Spawn #8 ergänzt. Hier landet der Kindermörder Billy Kincaid in der Hölle und lernt unter Führung von Violators Bruder Vindicator die zehn Kreise der Hölle kennen – Dantes Inferno lässt grüßen.
Zeichnerisch geht es ebensfalls wild zu. McFarlane und die Violator-Zeichner Bart Sears und Greg Capullo (der Spawn viele Jahre lang begleiten sollte) pfeifen auf traditionelle Panel-Anordnung und lassen ihre Monster wild und ungestüm durch die Seiten stapfen. Dabei geht es im Stil, den McFarlane geprägt und vorgegeben hat, opulent zu, sodass man als Betrachter des Geschehens mitunter zweimal die Panels studieren muss, um zu sehen, welcher Arm oder Kopf zu welchem der Phlebiac-Brüder gehört. Fazit: schon beinahe ein Klassiker, erinnert die Miniserie an die Zeiten, als Spawn noch eine Sensation war und hier bei uns bei Infinity in Heft- wie auch im Prestige-Format erschien. Fast wie ein Besuch bei alten Freunden. (bw)
Spawn: Violator – Besuch aus der Hölle
Text: Alan Moore
Bilder: Todd McFarlane, Bart Sears, Greg Capullo
116 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
14,99 Euro
ISBN: 978-3-95798-515-6