Marvel-Tag / Die Thor-Anthologie (Panini)

Januar 12, 2018

Marvel-Tag! Am Samstag ist es wieder so weit. In allen teilnehmenden Comicläden werden einmal mehr kostenlose Hefte verteilt – diesmal ein Gratis-Comic mit zwei Spider-Man Geschichten als Preview zum kommenden Marvel-Event „Secret Empire“. Dazu gibt es Poster und die allseits beliebten Masken (bald ist ja Fasching, bzw. Karneval!), die die Fans abgreifen können. Und passend zum Marvel-Tag präsentieren wir einen wahren Leckerbissen aus dem Haus der Ideen, der einen berühmten Marvel Recken, der auch von der Leinwand nicht mehr wegzudenken ist, entlang seiner wechselhaften Geschichte schlaglichtartig beleuchtet: Thor, der Donnergott, mit seiner Anthologie „Geschichten aus Asgard“. Ein opulentes Best-Of aus über 50 Jahren Heldendasein!

Wie immer bei solchen Bänden macht die Origin des Helden den Anfang. Kennen wir. Haken dran. Die Premieren-Story aus „Journey into Mystery“ Nr. 83 vom August 1962 ist übrigens die erste und einzige Überschneidung mit dem kürzlich erschienenen Klassiker Band. Zwar folgt auch hier ein Dreiteiler aus dem klassischen Lee/Kirby Run, doch der spielt vor der epischen Mangog-Storyline, die dort abgedruckt ist: Während Thor mit Hercules ein göttliches Duell ficht, raubt Odin höchst selbst seinem Sohn einen Teil seiner Kräfte. Und die „Geschichten aus Asgard“ beschäftigen sich einmal mehr mit Loki und dem dräuenden Ragnarök – bildgewaltige Panels zeigen hier einen Jack Kirby auf dem Höhepunkt seines Schaffens (Thor 126-128 von 1966). Dann springen wir zehn Jahre weiter: 1976 hat das „Gründungsteam“ Lee/Kirby die Serie inzwischen verlassen (Kirby auch Marvel an sich). John Buscema, der nach Barry Windsor Smith auch die Reihe um Conan den Barbaren prägte, zeichnet unter der Regie von Len Wein (Swamp Thing) einen vermeintlich wahnsinnig gewordenen Odin, der sich jedoch als Mangog entpuppt, welcher einmal mehr Rache üben will und dazu das Odinschwert im Visier hat.

Jetzt ist die Simonson Ära an der Reihe. Mein Lieblings-Thor. Drei Hefte finden Eingang in die Anthologie (in neuer Farbfassung: Nr. 362, 363 und 380), inklusive der Frosch-Episode, wobei Thors monumental illustrierter Kampf gegen die Midgardschlange, der auf ganzen Seiten stattfindet, das Highlight des kompletten Bandes ist. Walter Simonson schrieb und zeichnete Mitte der Achtziger Jahre über 40 Hefte der Reihe (wobei er am Zeichenbrett später von Sal Buscema unterstützt wurde, dem jüngeren Bruder Johns) – ein höchst erfolgreicher und innovativer Run, der leider bis heute noch nie komplett und in einer vernünftigen Fassung auf Deutsch erschienen ist. Nach einer Episode von Tom DeFalco und Ron Frenz, die im Rahmen eines Secret Wars-Rückblicks die Beziehung zwischen Thor und Enchantress thematisiert (Nr. 383 von 1987), kommen wir zu einer aus heutiger Sicht kuriosen Thor-Inkarnation, die sich der spätere Star-Autor Warren Ellis in einem seiner Frühwerke ausdachte. Thor redet normal, er hüpft – optisch eher einem Mitglied der Chippendales gleichend – mit kitschig wellendem Haupthaar endlich mit seiner Enchantress in die Kiste. Selbst das Thor-Logo wurde seinerzeit (Nr. 493 von 1995) geändert. Kurzfristig. Die Story erschien bei uns erstmals im August 1997 als Marvel Spezial Nr. 2 (Thor: Weltmaschine).

Eine haarige Angelegenheit von Warren Ellis & Mike Deodato jr.

Gleichzeitig sehen wir hier einen Übergang der Serie in die Moderne, in die Serien-Neuzeit. Die Reihe wurde beendet und wiederbelebt. Mehrfach. Wobei sich etliche Motive wiederholten: In der Episode von Dan Jurgens und John Romita jr. (Nr. 2/1998) bekommt der Donnergott einmal mehr den Destroyer als Gegner vorgesetzt (siehe auch den Klassiker-Band) und wieder einmal stirbt er – vermeintlich – und steht vor den Toren von Helas Totenreich. Ein optischer Leckerbissen, inhaltlich eher Mittelmaß. Apropos Optik: Auch der gelungene Neustart der Reihe 2007 („Wiedergeburt“, diesmal engagierte man als Autor den Babylon 5 Erfinder J. Michael Straczynski) glänzt mit edlen Zeichnungen, die diesmal der Franzose Olivier Coipel und der Berliner Marko Djurdjevic beisteuerten. Einen wieder ganz anderen Thor – wunderbar versoffen und mit einem trockenen Humor versehen – treffen wir in der vorletzten Geschichte: Jason Aaron und Das Pastoras, der gemäldeartige, massiv aufwändige Panels beisteuert, lassen Thor im Jahre 894 auf den Färöer-Inseln mit einem Drachen eine gewaltige Sauftour machen, die nach hinten losgeht (Thor: God of Thunder 18 von 2014). Und abschließend wird uns noch der neue Thor präsentiert. Oder besser: die neue Thor, wieder von Herrn Aaron und diesmal als Zeichner Russell Dauterman (Nr. 1/2014).

Die Episoden aus über 50 Jahren Thor-Geschichte sind wie Fenster, wie Einblicke in die verschiedenen Epochen der Serie: Man wird als Leser direkt in das Geschehen katapultiert (nach einigen Erläuterungen, die die jeweiligen Macher vorstellen und die Story zusammenfassen), erlebt die Abenteuer Thors mit und beamt sich dann wieder hinaus, nur um sich in das nächste Event gemeinsam mit dem Donnergott zu stürzen. Das ist extrem kurzweilig, macht immer wieder Lust auf mehr und weckt Erinnerungen an Lese-Sessions aus vergangenen Zeiten. Und für Neuleser und -einsteiger bietet der Band (gemeinsam mit der bereits erwähnten Klassiker-Ausgabe) eine ideale Gelegenheit, sich mit der Materie vertraut zu machen. Wie immer kommt der Band im Hardcover daher und ist für seine 324 farbigen Seiten recht günstig zu haben. Und natürlich auch am Marvel-Tag in den Comicshops erhältlich. (bw)

Thor & Odin von Marko Djurdjević

Thor – Geschichten aus Asgard: Die Thor-Anthologie
Text: Stan Lee, Larry Lieber, Jack Kirby, Len Wein, Walter Simonson, Marv Wolfman, Tom DeFalco, Warren Ellis, Dan Jurgens, J. Michael Straczynski, Jason Aaron
Bilder: Jack Kirby, Vince Colletta, Joe Sinnott, John Buscema, Walter Simonson, Sal Buscema, Russell Dauterman, Das Pastoras, Marko Djurdjevic, Olivier Coipel, John Romita jr., Mike Deodato jr., Ron Frenz
324 Seiten in Farbe, Hardcover
Panini Comics
24,99 Euro

ISBN: 978-3-7416-0409-6

 

 

 

 

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