Die Nacht der lebenden Toten, Band 3 (Splitter)

Januar 11, 2018

„Diese Welt will nur eines…uns verschlingen!“ Diese bittere Erkenntnis der entsetzten Lizbeth durchzieht das ganze untote Geschehen in diesem letzten Band der Variation von George A. Romeros Zombie-Klassiker. Wir erinnern uns: der Wissenschaftler John ist mit seinen beiden Kindern auf der Flucht vor der allumfassenden Plage, die die Welt überrennt, seit rund um die Genfirma Illenes, für die John tätig war, eine geheimnisvolle Wolke aufstieg. Dieses Malheur scheint irgendwie mit der Zombifizierung zusammenzuhängen, da John von Vertretern seiner Firma unter der Führung eines gewissen Borgen aufgegriffen und nach einer abenteuerlichen Flucht vor den um sich greifenden wankenden Massen per Helikopter vom Hausdach in die Firmen-Zentrale von Illenes geschafft wird. Lizbeth und ihr Bruder Leland, die auf dem Weg zum Grab ihrer Adoptiveltern von der Plage überrascht wurden und sich ins Hotel des schießwütigen Waffennarrs Hodges flüchten konnten, halten sich einstweilen immer noch dort versteckt.

Nachdem die psychopathische Mandy, die man im Kühlraum gefangen gehalten hatte, den lebenden Toten die Tore geöffnet hat, wimmelt das Hotel von Zombies, die den wenigen versprengten Überlebenden die Hölle heiß machen. Das hindert einen wilden Trupp nicht, den ehemaligen Geschäftsführer zu suchen: die zwielichtigen Gesellen Stan, Randy und Steve haben offenbar noch eine Rechnung mit Hodges offen und „überreden“ Lizbeth und Leland, ihnen bei ihrer Suche nach dem Kollegen behilflich zu sein. Auf dem Dachboden, auf dem Hodges ein ganzes Waffenarsenal versteckt hält, kommt es zum Showdown zwischen den Kontrahenten. Die irre Mandy indessen mischt sich unerkannt unter die Zombie-Horden (dank blutverschmiertem Körper stinkt sie genauso wie die Untoten) und steckt die ganze Bude kurzerhand an. Nachdem auch Leland und Hodges den Zombies zum Opfer fallen und die Flammen um sich greifen, scheint die Lage für Lizbeth zunehmend ausweglos – bis sie plötzlich aus einer Art Hypnosetrance erwacht und sich mit der frappierenden Erklärung der ganzen Vorgänge konfrontiert sieht…

Alles nur geträumt? Diese Frage stellt sich der staunende Leser am Ende von Jean-Luc Istins Version des Romero-Kultfilms dann doch ein wenig. Da zieht sich die Schlinge um alle Protagonisten zunehmend zu – während John, dessen Firma ganz nach Resident-Evil-Manier die ganze Misere durch dubiose Experimente mit Wiederbelebungsmedikamenten erst ausgelöst hat, gerade noch davonkommt, scheint die Lage im verschneiten Hotel, das einmal mehr wirkt wie das Overlook, in dem Jack Torrance den Verstand verliert, vollkommen ausweglos. Selbst gesetzlose Gesellen wie die Truppe um Stan haben gegen die Zombies keine Chance, Leland und Hodges (der offenbar krumme Waffengeschäfte machte) werden infiziert, und Mandy tut es den seelenlosen Geschöpfen einfach gleich: sie beschmiert sich mit dem Blut eines Untoten, schneidet ihm sein Gesicht ab und wandelt mit dieser dead skin mask unbehelligt durch die Scharen – Slayer im Zombieland, möchte man da sagen, fast wie bei Repentless. Dass die Firma Illenes hinter der ganzen Sache steckt und niemand anders als Lizbeths Vater die unseligen Experimente vorantrieb, um seine tote Frau wieder zurückzubringen (Stephen King die Zweite, quasi eine Art Friedhof der Kuschelfrauen), das konnten wir aus den Anspielungen in Band 1 und 2 ja schon schließen.

Aber ob das ganze Treiben im Hotel nun real oder nur ein Teil eines Hypnoseversuchs war, um Lizbeths verschüttete Erinnerungen wieder zu wecken – das bleibt durchaus offen. Unzweifelhaft steht in diesem abschließenden Teil die rasante Action im Vordergrund, um am Ende einem eher apokalyptischen Endzeit-Szenario zu weichen, das sich um das zentrale Frankenstein-Motiv – darf die Wissenschaft Gott spielen und Leben schaffen oder bewahren? – dreht. Makaber-beklemmend gelingen vor allem die Szenen, in denen die Psychopathin Mandy unerkannt zwischen den Untoten wandelt oder sich der infizierte Hodges entscheidet, sich nicht umzubringen, sondern „die Ewigkeit zu genießen“. Wer nun hier der unmenschlichere Akteur ist, die Untoten oder die Lebenden, das überlässt Istin dabei unserer Auslegung. Die Umsetzung von Elia Bonetti geht dabei in gewohnt beste Ordnung, in hauptsächlich gedeckten Pastellfarben und teilweise schwindelerregenden Perspektiven. Somit ein kurzweiliges Vergnügen, das ganz bewusst einige Fragen offen lässt. (hb)

Die Nacht der lebenden Toten, Band 3: Kleine Familiengeheimnisse
Text: Jean-Luc Istin
Bilder: Elia Bonetti
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-96219-065-1

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