Ganze zwei Jahre hat es nun gedauert, bis dieser dritte Band des Spin-Offs der Reihe von Olivier Peru erschienen ist. Die „Nechronologien“ schildern im Gegensatz zur Hauptserie (auch hier sind schon 1 ½ Jahre seit dem letzten Band vergangen) keine durchgängige Geschichte, sondern beleuchten schlaglichtartig diverse Facetten des Peru’schen Zombie-Universums, mit wechselnden Akteuren, wechselnden Schauplätzen und letztendlich auch wechselnden Zeichnern. Für die Bilder ist hier in Band 3 Stéphane Bervas verantwortlich, den wir bereits aus den Splitter Serien „Orakel“ und „Sherlock Holmes Society“ kennen.
Und Bervas fängt ganz von vorne an. Der Auftakt des Bandes führt uns nämlich in die Urzeit, um uns zu zeigen, dass es damals schon Zombies bzw. das Zombie-Virus gab. Dann folgt ein Kubrick-ähnlicher Schnitt in die Gegenwart, in der die Zombie-Plage inzwischen die ganze Welt und somit auch Japan bzw. Tokio überschwemmt hat. Eine Gruppe überlebender Menschen hat sich in ein entlegenes, winterliches Gebirgsdorf namens Shirakawa-Go zurückgezogen. Während eine weitere auf der Insel Aogashima ausharrt, die isoliert und damit relativ sicher 300 km vor Japan liegt, will man sich in Shirakawa-Go der Forschung widmen. Unter der Leitung von Daisuke versucht man herauszufinden, warum einst – und das führt uns zurück in die Urzeit – die Neandertaler an dem Virus starben, während die Cro-Magnon Menschen immun waren, obschon auch sie infiziert wurden. Eine mumifizierte Steinzeit-Leiche, ein 30.000 Jahre altes „Ötzi-Kind“, das man erst kürzlich in Europa entdeckte und bei dem man das Virus fand, ist der Beweis.
Doch wie es halt immer ist, steckt mehr hinter den Forschungen. Zwischen dem, was man den Dorfbewohnern erzählt und dem, was man wirklich tut, klafft eine riesige Lücke. Daisuke setzt sich nicht aus Eigennutz über moralische Barrieren hinweg (und entsetzt damit nicht nur seine Ex-Frau Naoko) und benutzt die Einheimischen eiskalt als Versuchskaninchen. Denn natürlich spielen auch militärische Interesse bei den Forschungen eine große, wichtige und geheime Rolle. Schließlich – wen wundert’s – scheint das ohnehin strittige Unternehmen massiv in die Hose zu gehen. In Zombie-Geschichten werden die Überlebenden stetig dezimiert. Das gehört dazu. Gerne auch werden die menschlichen Bösewichte infiziert oder gefressen. Hier im dritten Band der „Nechronologien“ fällt es schwer zwischen Gut und Böse zu unterscheiden (was uns wieder zur Moral bringt). Darf man (in der Person Daisukes) in solch einer extremen Situation zu extremen Mitteln greifen, auch wenn diese ethisch und moralisch ebenso extrem verwerflich sind? Darf oder muss man gar Feuer mit Feuer bekämpfen? Ein Dilemma, das diskutiert werden muss und entsprechend bietet der Band auch viel Text.
Im Gegensatz zu vielen Genre-Vertretern, die die Folgen thematisieren, geht Olivier Peru hier der Ursache der Zombie-Plage auf den Grund. Woher stammt das Virus, wie hat es sich verändert und wie kann man als Infizierter überleben, wie das einst schon Urmenschen erfolgreich taten? Am Ende offenbart der Band eine verblüffende mögliche Lösung, bei der noch nicht klar ist, ob man der Plage tatsächlich damit wieder Herr wird oder ob man endgültig die Büchse der Pandora geöffnet hat. Der Schluss, obwohl beinahe versöhnlich, bleibt dann doch wieder offen. Die Bilder von Stéphane Bervas sind im üblichen Duktus der Reihe gehalten. Einem realistischen Stil verpflichtet, in Brauntönen gehalten, welche die ganze winterliche Trostlosigkeit des Ortes und der Situation widerspiegeln. Dass es dabei immer wieder zu blutigen Scharmützeln und Übergriffen von Untoten kommt, verlangt das Genre und wird entsprechend auch hier geboten. Insgesamt eine interessante Ergänzung der Reihe. Wenn man doch nur nicht immer so lange warten müsste… (bw)
Zombies Nechronologien, Band 3: Die Pest
Text: Olivier Peru
Bilder: Stéphane Bervas, Sophian Cholet (Cover)
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-036-2