Wade Wilson hat ein ziemliches Problem. Er sitzt auf einem Abhang herum, kann sich an so rein gar nichts erinnern und wird plötzlich von einer rabiaten jungen Dame angegriffen. Die hört auf den Namen Liz und hat erst einmal nichts anderes im Sinne, als jeden „Pool“ zu meucheln. Der verdutzte Wilson erfährt langsam, was hier vor sich geht: offenbar ist die Welt von einer Zombie-Plage überrannt worden, die nur durch seine sagenhafte Selbstheilungskraft gestoppt werden konnte. Die steigerte er ins Unermessliche und ließ sich dann von dem untoten Kroppzeug fressen – mit dem Effekt, dass das Virus aufgehalten war (soweit nachzulesen in ‚Night Of The Living Deadpool‘). Dumm nur, dass das alles ein kurzlebiger Erfolg war: denn alle Zombies, die vom einzig wahren Helden Wilson gekostet hatten, verwandelten sich offenbar nach und nach in bösartige Abbilder von Deadpool. Diese Pools führen mittlerweile ein grausames Regime, machen Jagd auf die letzten verbleibenden Menschen und nutzen diese als Rohmaterial, um ihre Reihen konsequent zu vergrößern.
Zu eben diesem Zweck wurde auch die Familie von Liz entführt, und nachdem selbst der großmäulige Söldner feststellen muss, dass eine Welt voller Psycho-Untot-Deadpools nicht unbedingt lauschig ist, macht er sich an die Befreiungsaktion. Dazu sprengt er kurzerhand einen ganzen Zug in die Luft, rettet so in der Tat die Verwandten von Liz (wobei für die Mutter jede Hilfe zu spät kommt) und marschiert mit dem Tross in Richtung der legendären Pool-freien Zone. Auf dem Weg werden sie allerdings von einem Pool-Kommando gefangen genommen und in eine der Pool-Städte verschleppt, um dort ihrer Bestimmung zugeführt zu werden. Deadpool entdeckt dort eine ganze Anhäufung von seltsamen Predigern, deren Stimmen er im Kopf hört – weshalb er sich ein Messer ins Gehirn gerammt hat, daher also die anfänglichen Erinnerungslücken! -, was er allerdings nur sehr begrenzt spannend findet. In typischer Wilson Manier kalauert und hackt man sich den Weg in die Freiheit und erreicht tatsächlich die Pool-freie Zone. Dort aber muss sich Deadpool der 1000-Dollar-Frage stellen – wird er erneut ein ultimatives Opfer bringen, um der Plage endgültig Herr zu werden?
Cullen Bunn, mittlerweile Haus-und-Hof-Autor für die Eskapaden unseres Lieblings-Anti-Helden, liefert hier eine augenzwinkernde Fortsetzung der Zombie-Apokalypse, die er schon im ersten Teil genüsslich ausbreitete. Dabei serviert er gemeinsam mit Debütantin Nik Virella am Zeichenstift ganz bewusst eine Parodie von Robert Kirkmans Walking-Dead-Endloserfolg: Deadpool wandert als einziger Farbfleck durch eine schwarz-weiße Welt, die direkt aus den Seiten Kirkmans entsprungen scheint, komplett mit aufrechtem Fähnlein kämpfender Menschen, die sich in ihren Wohnwagen verschanzen – was bei Kirkman noch eloquente Zivilisationskritik ist, wird bei Herrn Wilson treffend so kommentiert: „Die Gesellschaft ist im Eimer. Aber Campingbusse überleben?“ Die berittenen Pools (ebenfalls in Farbe) erscheinen in ihrer Menschenjagd, dem seltsamen religiösen Kult und den verfallenen Städten direkte Abkömmlinge der Herrscher des Planet der Affen, während die Zombies verwirrt Erinnerungsfetzen aus ihrem gutbürgerlichen Leben von sich geben („hast Du den Hund rausgelassen?“), was sich zu einer wunderbar subversiven Persiflage der mittlerweile in Funk und Fernsehen überbordenden Zombie-Attacke zusammenfügt (die auch schon im Titel anklingt, der an den Film-Klaumauk ‚Return Of The Living Dead‘ von 1985 angelehnt ist, der in Deutschland als ‚Verdammt, die Zombies kommen‘ zu bestaunen war).
Deadpool selbst bleibt sich in cartoon-Gewaltausbrüchen und provokant thematisierten Kalauern selbst treu („der war gut, oder? Der war doch echt gut?“), die fast schon standesgemäße Reflektion des Mediums Comics selbst steckt dieses Mal in der permanent mitlaufenden Satire Kirkmans und Konsorten. Und dass am Ende ein wahrhaft heldenhafter Akt steht, das ist auch schon fast wieder ein selbstironischer Spaß. Deadpool will return – unter anderem in der Killer-Kollektion und den Specials 6 und 7. Der vorliegende Band enthält zusätzlich zur abgeschlossenen Storyline ‚Return Of The Living Deadpool‘ 1-4 von 2015 noch die (inhaltlich nicht im Zusammenhang stehende) Kurzgeschichte ‚Stille‘ aus der Horror-Serie ‚Tomb Of Terror‘ aus dem Jahr 2010. (hb)
Return of the Living Deadpool
Text: Cullen Bunn
Bilder: Nik Virella
100 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12,99 Euro
ISBN: 978-3-95798-431-9