Die Sechste Waffe, Band 1 (All Verlag)

November 5, 2014

Die Sechste Waffe, Buch 1 (All Verlag)

Dass der Westen wild war, das wussten wir ja bislang, aber dass er auch dem abgrundtief Bösen einen Hort bot, das ist doch neu. Aber absolut folgerichtig, wenn Städte Brimstone heißen, längst tote Generäle aus dem Bürgerkrieg zu unseligem neuen Leben erwachen, Armeen von Untoten durch die Prärie stapfen und sich allerlei übernatürliche Wesen um sechs magische, verfluchte, unheilige Revolver prügeln.

Genau das geschieht, als die erstaunlich jung gebliebene Witwe von General Oliander Bedford Hume einige Pinkteron-Agenten beauftragt, den Leichnam ihres Mannes nebst zugehörigen Revolvern aufzutreiben. Auf derselben Suche befindet sich Drake Sinclair, ehemals in Diensten des Generals, der sich ob der finsteren Machenschaften von dem sauberen Herren abwandte und nun auf eigene Faust sein Glück, sprich die verheißungsvollen Waffen sucht. Ein Galgenbaum mit den Seelen der Gemeuchelten weist ihm den Weg zu einer einsamen Farm, wo man Becky Montcrief und ihren greisen Vater vorfindet, der – so stellt sich heraus – einst daran beteiligt war, dem grimmen General den Garaus zu machen und dabei auch eine der verwunschenen Kanonen in seinen Besitz brachte. Auch wenn Becky mit dem Revolver fliehen kann, hat sie bald Schlimmeres auf den Fersen – nämlich die untoten Vasallen des Generals, die ihren Meister aus seinem Sarg befreien und auch jeweils über eine entsprechende Wumme verfügen. Die kommen vermutlich aus der Hölle selbst, lassen sich immer nur von ihrem rechtmäßigen Besitzer abfeuern – jeder andere versengt sich daran – und verleihen wahlweise Unverwundbarkeit, ewige Jugend, feurige Todessalven, fleischfressende Seuchen, die Kraft die Toten zu erwecken und ähnliche heimelige Dinge. Gegen den Preis, die Seele und den Körper für immer zu ruinieren, versteht sich. Das ungleiche Paar Becky und Drake schlägt sich zusammen mit dem alten Kumpel Billjohn O’Henry weiter durch, Becky wird von Todesvisionen geplagt, während sie der Revolver ihres Vaters unweigerlich in eine Richtung führt: hin zum Schlund, einem Gefängnis, in dem Hume einst seine Feinde kasernierte und etwas Grausiges eingeschlossen hat. Zwischendurch erwehren sie sich den Angriffen des magischen Donnervogels, machen einen Hume-Gefolgsmann nach dem anderen platt und sehen sich am Ende mit der apokalyptischen Schlacht gegen das von Hume kommandierte Heer der Untoten konfrontiert…

Cullen Bunn (u.a. Deadpool und Venom für Marvel) und Brian Hurtt (Queen & Country) verstehen es, wie auch schon in The Damned (im Original ebenfalls bei Oni Press erschienen) ein gängiges Genre (hier Western, bei The Damned einen Krimi in der Prohibitionszeit) stimmig mit Horror-Elementen aufzuladen. In der Sechsten Waffe wandert ein Clint Eastwood-hafter Einzelgänger durch das gleiche Monument Valley, das auch die Helden von John Ford (und kürzlich erst unser Held aus Jim Henson’s Tale of Sand) durchritten, immer gekennzeichnet von eigener Undurchsichtigkeit und Verschlagenheit (Drake ist alles andere als ein Gutmensch, sondern verfolgt eigene Absichten), die einsame Präriefarm, der Saloon, der Bürgerkrieg – alle Versatzstücke des klassischen Westerns (in dem die Indianer bezeichnenderweise ja oft seltsam abwesend bleiben) sind zuverlässig integriert, werden jedoch durch den Einbruch eines uralten Bösen erschüttert, das mit Teufelsbeschwörungen und Gewaltexzessen dem Exorzisten alle Ehre macht.

Dabei kommt noch ein wenig Schatzsucher-/Indiana Jones-Romantik auf, als die Waffen als Artefakte das Schloss der Gruft unter dem Schlund zu öffnen imstande sind (Welcome to the Hellmouth, so hieß schon die erste Folge von Buffy the Vampire Slayer…). Ob Herrn Bunn klar ist, dass er mit Drake Sinclair einen Namensvetter des bekanntesten Geisterjägers, der je den deutschen Schundroman zierte, am Start hat, sei einmal dahingestellt – Die sechste Waffe liefert in jedem Fall fesselnden, grusligen Lesespaß, bei dem man sich bereits jetzt auf die nächsten Episoden freuen darf. Denn, so stellt Sinclair am Ende fest, der nächste Ärger kommt. Bestimmt. Positiv zu notieren ist auch die schöne Aufmachung des Bandes, den der All Verlag als hübsches Hardcover herausbringt. Und wem das noch nicht reicht, der greift zur limitierten Ausgabe (nur 111 Exemplare!) mit signiertem Druck und Schutzumschlag. Die ist nämlich noch erhältlich. (hb)

Die Sechste Waffe, Buch 1: Kalte tote Finger
Text: Cullen Bunn
Bilder: Brian Hurtt
176 Seiten in Farbe, Hardcover
All Verlag
19,80 Euro (Normalausgabe)
34,80 Euro (Vorzugsausgabe)

ISBN: 978-3-926970-48-0 (Normalausgabe)
ISBN: 978-3-926970-49-7 (Vorzugsausgabe)

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