Events! Umfassende Events mit radikalen Einschnitte und Veränderungen im Marvel – (wahlweise auch DC -) Universum! Nichts wird mehr so sein wie früher! Helden werden fallen! Kennen wir. Kommen jedes Jahr. Dienen zur Abwechslung und v.a. dazu, den Fans Neues zu präsentieren und zu sehen, ob das Neue dann auch angenommen wird. Bestenfalls wird im Folge-Event wieder alles rückgängig gemacht, schlimmstenfalls springt ein neues Heldenkostüm heraus. Ja, das ist in der Tat eine recht negative Sichtweise auf diese Wir-müssen-das-Universum-retten-Crossover und ja, so richtig warm werden wir damit nicht. Spider-Man ist Marvels größtes Zugpferd und so kommt es auch vor, dass der Netzschwinger sich ab und an einem Solo-Event unterziehen muss. Mit dem gegenwärtigen Spider-(Uni)Verse ist es wieder soweit. Hier bedient man sich dem Motiv der Parallelwelten (siehe DC’s Crisis Bibliothek) und zieht alle (?) bekannten und jemals erschienenen Spider-Man Inkarnationen in einem Storybogen zusammen. Und das klingt zugegebenermaßen dann doch recht interessant.
Spider-Verse beginnt hier. Hintergrund ist, dass es Jäger unter der Führung Morluns gibt, die das Multiverse durchstreifen und alles killen, wo Spider-Man draufsteht. Egal in welcher Inkarnation. Um dem Einhalt zu gebieten, formieren sich die Spider-Men sämtlicher Parallel-Welten. Los geht’s mit der Noir Fassung des Wandkrabblers aus den 1930er Jahren, der es mit einem Bühnenmagier namens Mysterio zu tun bekommt. Dann folgt der erste Auftritt einer alternativen Spider-Woman, die hier von Gwen Stacy (!) verkörpert wird, gefolgt von einem Spider-Man, der in einer Art Rüstung steckt, die ähnlich wie der Iron Man Anzug modifiziert ist. Die nächste Origin ist blanker Horror und könnte aus seligen EC-Zeiten stammen. Den Abschluss bildet eine futuristische Fassung des Helden, der eigentlich ein Roboter ist und von einem kleinen Mädchen gesteuert wird.
Die kurzen Geschichten (im Original ‚Edge of Spider-Verse‘ 1-5) sind vollgepackt mit Variationen der uns wohlbekannten Spidey-Origin. Die Tiefe und der Gehalt der Handlung der einzelnen Stories sind unterschiedlich, wie auch die Zeichnungen. Die reichen von aufwändig gemalten Bildern eines Richard Isanove (Stephen Kings ‚Der Dunkle Turm‘ bei Panini/Splitter) über moderne, kantig dynamische Zeichnungen bis zum Manga-artigen großformatigen Stil. Dabei mischt man bekannte (Noir – es gibt eine ganze Reihe von Noir Versionen klassischer Marvel-Helden bei Panini – u.a. Wolverine – die alle samt, vor allem optisch, zu gefallen wissen) mit unbekannten, neu erdachten Spider-Man Inkarnationen. Bei letzterem ist man durchaus kreativ und scheut dabei vor pessimistischen Sichtweisen nicht zurück, indem man beispielsweise die Origin pervertiert und den jungen Held in spe zum gefräßigen Monster werden lässt.
Durch praktisch unendliche Parallel-Erden wird natürlich alles möglich. Auch eine Gwen Stacy als Spider-Woman. So kann man auch die Figur halbwegs glaubhaft wieder auferstehen lassen – in den USA hat Spider-Gwen massiv eingeschlagen und bekam inzwischen eine eigene Serie. Der Event-Auftakt mit diesem Sonderband ist allemal interessant und kurzweilig. Weiter geht’s mit Spider-Verse in der Spider-Man Heftserie. Ein zweiter Sonderband wird Ende August in den Läden stehen. Übrigens: wer wissen will, wie das mit dem Tod von Gwen Stacy (und ihres Vaters) in der einzig wahren Spider-Man Storyline wirklich war, dem sei der aktuelle Band der Offiziellen Marvel-Comic-Sammlung, ‚Der Tod der Stacys‘, wärmstens empfohlen. Ach, und wer auch noch wissen will, was Superhelden wirklich tun, wenn mal wieder ein angebliches Welten- oder Universum-Rettungs-Event ansteht, der muss ‚The Boys‘ (Band 5) von Garth Ennis lesen. Und wird Augen machen… (bw)
Spider-Man: Spider-Verse Sonderband 1
Text: David Hine, Jason Latour, Gerard Way, Dustin Weaver, Clay McLeod Chapman
Bilder: Dustin Weaver, Robbi Rodriguez, Richard Isanove, Elia Bonetti, Jake Wyatt
116 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12,99 Euro