Gerechtigkeitsliga und Erde 2 – das weckt doch nostalgische Erinnerungen an die seligen Zeiten, in denen wir dieses Paralleluniversum erstmals kennen lernten. In den Ehapa-Superbänden der 70er lebte dort nämlich die Liga für den Frieden, in deren Reihen sich eigentümliche Ausgaben der Gerechtigkeitsliga-Helden befanden, die wir bestens kannten. Da gab es eine Grüne Leuchte mit Umhang und einen Flash, der einen seltsamen Topf auf dem Kopf trug. Erst Jahre später wurde uns klar, dass DC hier einen eleganten Weg gefunden hatte, die Helden aus dem Golden Age, unter anderem eben den ersten Flash mit Hermes-Helm, weiterleben zu lassen. Bald spann man auch faszinierende Alternativ-Storys, in denen Superman und Lois Lane verheiratet waren und andere Dinge zupass kamen, die auf Erde 1 undenkbar gewesen wären. Bisweilen überschnitten sich die Universen, und es gab spannende Zusammentreffen der Protagonisten.
2000 schließlich schnappte sich das Gespann Grant Morrison und Frank Quitely (der im nächsten Jahr das Münchener Comic-Festival beehren soll) das Konzept und wirbelte es ordentlich durcheinander, was wir in dieser Neuauflage des modernen Klassikers nochmals erleben können (die Erstausgabe erschien als JLA Sonderband 19). Bei Morrison wird das Konzept der Gegenwelt konsequent weitergeführt: anstelle von leichten Varianten herrschen auf seiner Antimaterie-Erde 2 Zerrbilder der sattsam bekannten Helden unter der Flagge Crime Syndicate Of America. Supermans Gegenpart Ultraman ist ein psychopathischer Gewaltherrscher, der sein Techtelmechtel mit Superwoman (die böse Ausgabe von Wonder Woman) eifersüchtig gegen die Batman-Perversion Owlman (Watchmen ahoi…) verteidigt. Dazwischen springen noch der rauschgiftsüchtige Flash und eine verfluchte Grüne Leuchte umher und verbreiten Angst und Schrecken. Der aufrechte und redliche Kämpfer für den Frieden Lex Luthor (!) findet einen Weg, die Dimensionen zu überbrücken, und bittet die Gerechtigkeitsliga um Hilfe gegen das elende Anti-Pack, das seine Welt in Schutt und Asche legt. Die JLA lässt sich nicht lange bitten, lässt Martian Manhunter und Aquaman als Wachtposten zurück und haut ihrer bösen Ausgabe auf Erde 2 mal ordentlich auf die Mütze. Etwas unglücklich nur, dass im Paralleluniversum andere Gesetze gelten – so etwa können die Gegenparts nur für eine kurze Zeit auf der gleichen Ebene existieren. Folgerichtig wirft es das Crime Syndicate auf Erde 1, was für die Herren und die Dame ein gefundenes Fressen ist: ein ganz neuer Planet, den man nach Herzenslust platt machen kann! Aber dann tritt auf einmal der wahre Drahtzieher des ganzen Spiels auf den Plan – und nachdem auch das ein alter Bekannter aus den glorreichen 70ern ist, lassen wir es hiermit bewenden. Ein feuriges Finale ist jedenfalls vorprogrammiert…
Morrison (für virtuose Vexierspiele bekannt, man denke nur an Final Crisis) und Quitely (All Star Superman, Batman And Robin) lieferten 2000 mit JLA: Earth 2 ein modernes Meisterwerk ab, das geschickt mit der Idee des Spiegeluniversums spielt und dieses nicht nur als Experimentierfeld nutzt, sondern konsequent zu Ende denkt – frei nach Shakespeare ist gut böse und böse gut, die Charakterzüge der Helden finden sich in verzerrter Form auch in ihren Travestien wieder (Superman und Wonder Woman, das hatten wir ja auch schon bei Kingdom Come von Alex Ross), und nur durch unerwartetes Verhalten lässt sich der Sieg davontragen. Auch die ganz aktuelle Fassung der Grundidee (mittlerweile heißt sie Erde 3) greift mit negativen Versionen von Superman, Batman &Co., die sich im Crime Syndicate vereinigen, auf das hier entwickelte Konzept zurück. Zeichnerisch gekonnt, erzählerisch stimmig, überraschend und mitreißend, bietet JLA: Earth 2 ein Vergnügen auf höchstem Niveau, das uns von Panini dankenswerterweise nochmals unter die Nase gehalten wird. (hb)
JLA: Erde 2
Text: Grant Morrison
Bilder: Frank Quitely
108 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12,99 Euro
ISBN: 978-3-95798-085-4