Nightwing, Band 1 (Panini)

März 31, 2022
Nightwing, Band 1: Der Sprung ins Licht (Panini Comics)

Blüdhaven ist ein heikles Pflaster. Die Korruptheit regiert, der Verbrecherboss Blockbuster hat den ganzen Laden in seiner Tasche. Als der Bürgermeister ihm nicht willfährig genug ist, greift er kurzerhand zu handgreiflichen Maßnahmen, wodurch eine gewisse Melinda Zucco, ihres Zeichens Tochter von Tony Zucco, der vor ewigen Zeiten die Eltern von Dick Grayson ermordete, in die Position aufrückt. Dieser freundliche junge Mann erholt sich einstweilen immer noch von den traumatischen Erlebnissen, die ihm ein Kopfschuss bescherte, der ihn zeitweilig das Gedächtnis verlieren ließ, so dass er als Ric Grayson den Nightwing-Sportanzug an den Nagel gehängt hatte. Das allerdings ist vergessen, Nightwing fliegt wieder und staunt nicht schlecht, als ihm seine verflossene Barbara Gordon die Nachricht überbringt, dass ihm der von Bane getötete Alfred Pennyworth ein mehr als stattliches Vermögen hinterlassen hat (es schadet offenbar nicht, ordentliche Aktienpakete von Wayne Enterprises zu besitzen).

Kaum hat sich Dick an den Gedanken gewöhnt, Millionär zu sein, will er auch schon Gutes tun und organisiert ein Essen für Obdachlose, die in Blüdhaven in einer Zeltstadt hausen. Tags darauf wird allerdings einer der dankbaren Empfänger ermordet aufgefunden – sein Herz wurde entfernt, wie bei einer ganzen Reihe von Obdachlosen, die in den vergangenen Wochen getötet wurden. Als der Verdacht auf Dick fällt, beginnt der in seiner Persona als Nightwing zu recherchieren, wobei ihm der herbeigerufene Tim Drake als Robin unter die Arme greift. Alsbald sieht man sich einem Fiesling namens „Heartless“ gegenüber, der Dick ordentlich vermöbelt und Tim mit einer Horde Kinder auf einem brennenden Pier isoliert. Diese brenzlige Chose lässt sich noch abbiegen, aber der kampfgeschwächte Dick fällt bei weiteren Forschungen der guten Melinda in die Hände, die ihm allerdings nicht ans Leder will, sondern eröffnet, dass sie niemand anders als seine Schwester sei…

Dick Grayson hat in seiner DC-Historie schon einiges mitgemacht: vom ersten Auftritt als Original-Robin in Detective Comics 38 von 1940 über seine Ausflüge als Chef der Teen Titans (derzeit in wundervoller Neuauflage zu haben) bis hin zur Solo-Karriere als Nightwing mutierte der jugendtaugliche Sidekick des düsteren Batman zur eigenständigen, komplexen Figur, die Tom Taylor (u.a. DC Horror) in seinem Beitrag zum „Infinite Frontier“-Storybogen nun endgültig in die erste Reihe rücken will. Das gelingt ganz famos: die Geschichte baut zwar auf den grundsätzlichen Handlungskonstellationen des bisherigen Bat-Univerums auf (Batman kämpft weitgehend alleine in Gotham, Alfred wurde von Bane getötet, Barbara Gordon kann dank eines Chips wieder gehen und schlüpft nach einem Abstecher als Batgirl wieder in die Rolle von Oracle), fügt aber gekonnt individuelle Elemente hinzu – Dick ist plötzlich steinreich wie sein Mentor Bruce und sucht aktiv die Hilfe alter Kampfgefährten (sogar die Teen Titans geben sich kurz die Ehre, biegen aber vor ihrem Einsatz gerade noch ab).

Auch die Origin Story der Ermordung der „Flying Graysons“ durch Tony Zucco kommt leicht variiert zu neuem Glanz. Neben der bitterernsten Grundgeschichte der durchgehenden Korruption, rücksichtslosen Verbrechens und „upgegradeten“ Superschurken vom Schlage eines Heartless fügt Taylor allerdings auch viele augenzwinkernde Momente ein: als Tim Drake auftritt, denkt sich Dick selbstironisch „Viele halten ihn für den besten Robin. Kann ich voll verstehen“, der Diebstahl seiner Brieftasche wird in der Bat-Chatgruppe (ja, auch hier chattet man) genüsslich ausgekostet, Dick bekommt einen Hund als Sidekick (Krypto der Superhund lässt grüßen), und Babs Gordon trägt ein T-Shirt mit der ikonischen Szene, in der Batman den verdutzten Robin ohrfeigt (im Original aus der Alternative Reality Superman/Batman-Crossover-Story „The Cape and The Cowl“ aus „World’s Finest“ 153 von 1965), das sich in den letzten Jahren zum veritablen Meme-Phänomen entwickelt hat.

Aber auch die optische Gestaltung durch Bruno Redondo und Rick Leonardi lässt nichts zu wünschen übrig: dynamisch in den Kampfszenen, geschickt und frisch in ungewohnten und schrägen Perspektiven, immer nah am klassischen Duktus, den man kennt und schätzt. Somit ein mehr als gelungener Neuanstrich für eine Figur, die definitiv verdient hätte, aus dem Schatten ihres alten Mentors zu treten. Der vorliegende Band, der auch wieder als limitierte Variant-Cover-Edition erhältlich ist (555 Exemplare, Softcover), bringt die US-Hefte Nightwing 78-83 von 2021 und bietet den Auftakt der Storyline „Leap Into The Light“. (hb)

Nightwing, Band 1: Der Sprung ins Licht
Text: Tom Taylor
Bilder: Bruno Redondo, Rick Leonardi
164 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
24 Euro

ISBN: 978-3-7416-2694-4

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