Prinz Eisenherz: Excalibur (Bocola)

Oktober 31, 2023
Prinz Eisenherz: Excalibur Gesamtausgabe (Bocola Verlag)

Manchmal fühlen sich Siege wie Niederlagen an. Zwar hat das Heer von Arthur, dem legendären König Camelots, gerade nach tagelangen Kämpfen die Allianz unter Mordred, dem Bastardsohn Arthurs, besiegt, doch ist der Preis des Triumphs enorm. Arthur ist tot. Prinz Arn, Eisenherz’ Sohn, schwer verletzt und das Land, Dörfer und Burgen verwüstet oder zerstört. Aber es kommt noch schlimmer: als letzten Auftrag seines Königs soll Ritter Gawain dessen Schwert Excalibur im See versenken. Doch Morgause, Königin und Zauberin von Orkney (und nebenbei Gawains Mutter) entreißt es ihm und lässt ihn töten. Nun betritt auch Prinz Eisenherz das Geschehen. Er gibt dem sterbenden Gawain das Versprechen, Excalibur, das Symbol der Tafelrunde, wieder zurückzuholen. Und auch Arns kleine Tochter Ingrid ist in Morgauses Gewalt, mit deren Hilfe sie ganz Britannien unterwerfen und regieren will. Mehr als Grund genug also für Eisenherz und den genesenen Arn, sich Richtung Norden aufzumachen. Ihr Ziel: Die Orkney-Inseln…

Mit der Gesamtausgabe der 1995 und 1996 erstmals auf Deutsch bei Carlsen erschienenen, vierteiligen Marvel-Eisenherz-Miniserie schließt Bocola, seit Jahren der hiesige Haus- und Hof-Verlag des Prinzen mit dem Singenden Schwert, wieder eine Lücke, was Eisenherz-Veröffentlichungen betrifft. Neben den Hal Foster Bänden, den Arbeiten John Cullen Murphys und dessen Nachfolgern brachte man ja bereits die Dell Bände heraus – und damit die einzigen Eisenherz-Comics mit Sprechblasen (die im Zuge der Hollywood-Verfilmung von 1954 entstanden – die sechs Bastei Hefte lassen wir mal geflissentlich außen vor…). Was uns wieder zu dem Vierteiler bringt, der nun bei Bocola als Gesamtausgabe vorliegt. Denn die Geschichte stellt sich ganz in die Tradition der klassischen Eisenherz-Abenteuer: eine Mischung aus Ritterepos und Fantasy, eng verwoben mit der Artus-Legende. Keine Sprechblasen, kluge, hochwertige Texte und ein episches Abenteuer, eine Quest, die Eisenherz und Arn von der Salisbury Plain im Süden Englands (wo auch Stonehenge steht) bis hoch in den Norden Schottlands auf die Orkney-Inseln führen wird.

Prinz Eisenherz: Excalibur Gesamtausgabe - Vorzugsausgabe

Dabei brechen Autoren und Zeichner, nämlich Elaine Lee, Charles Vess und John Ridgway, gleich zu Beginn in einem äußerst tragischen Auftakt mit Serien-Tabus, lassen sie doch König Arthur, Ritter Gawain und Mordred, drei feste Größen der Reihe, dramatisch sterben. Damit sind faktisch auch Camelot und die Tafelrunde Geschichte und es liegt einzig an Eisenherz, die Idee des edlen und friedlichen Rittertums zumindest vorerst auf kleiner Flamme weiterleben zu lassen. Als Antagonistin bringt sich schnell Königin Morgause ins Spiel, die als charismatische, perfide Femme Fatale und Chef-Intrigantin ihre Chance auf Macht wittert. Eine Macht, die sie mit der kleinen Ingrid (die immerhin von Arthur als dessen Nachfolgerin gesalbt wurde) legitimieren will. Und Excalibur als Herrschafts-Symbol darf dabei natürlich nicht fehlen. Die Aufgabe von Eisenherz und Arn ist damit klar, und natürlich gibt es auf der langen Reise gen Norden genug Nebenepisoden und Begegnungen mit alten Freunden und neuen Feinden – was beim Lesen nie Langeweile aufkommen lässt.

Dabei folgen wir einem nachdenklichen, grübelnden und noch immer trauernden Eisenherz, der vom Schicksal gebeutelt verbissen kämpft und so gar nichts mit dem früheren Ritter in leuchtender Rüstung gemein hat. Eisenherz steht auch nicht ständig im Mittelpunkt – neben Morgause liegt der Fokus auch immer wieder auf Prinz Arn (der getrennt von Eisenherz nach Norden reist) oder auf Rory MacMor, bei dem lange unklar ist, auf wessen Seite er steht. Landmarken, wie der Old Man of Hoy, der Ring von Brodgar oder Scapa Flow auf Orkney oder historische Königreiche wie Dalriada (im Nordwesten Schottlands) verleihen der Story einen realistischen Touch, der sich angenehm die Waage hält mit Fantasy-Elementen (Morgause ist auch eine Zauberin) und den Motiven der Artus-Legende. Womit auch die Ära Camelot indirekt verortet wird, zumindest zeitlich. Aleta, Königin der Nebelinseln und Eisenherz‘ Frau, schwänzt die Geschichte übrigens komplett.

Dass diese Gesamtausgabe den vier Carlsen Bänden haushoch überlegen ist, versteht sich von selbst, kennt man doch die sorgfältige Bearbeitung vergangener Eisenherz-Bände im Bocola Verlag. So sind auch hier die Konturen, Farben und Tuschezeichnungen besser separiert. Das Lettering deckt sich mit den anderen Eisenherz-Bänden und sorgt für flüssigeres Lesen. Die Textkästchen sind nun weiß und nicht wie bei Carlsen seltsam eingefärbt. Dazu kommt das größere Format des Bandes, das aber auch immer wieder Schwächen bei Zeichnungen und Details von John Ridgway offenbart (der ja immerhin „Hellblazer“ begann und auch „Miracleman“ zeichnete). Bei anderen Stellen, wie beispielsweise Szenen, die nachts spielen oder in der Schnee-Episode in den nördlichen Highlands, sorgt das größere Panel Format dann wieder für dichtere und düstere Atmosphäre. Sonst atmet diese Gesamtausgabe erfolgreich den Geist der Hauptserie und bietet demnach ein im positiven Sinne wunderbar altmodisches Lesevergnügen. Die auf 100 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe (s. Cover oben rechts) ist erwartungsgemäß längst vergriffen. (bw)

Prinz Eisenherz: Excalibur Gesamtausgabe
Text & Story: Elaine Lee, Charles Vess
Bilder: John Ridgway, Michael Kaluta, Charles Vess,
Jeff Smith, Paul Chadwick, Will Simpson
206 Seiten in Farbe, Hardcover
Bocola Verlag
36,90 Euro

ISBN: 978-3-939625-45-2

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