Achtzig Jahre ist es her, genauer gesagt im Juni 1938, dass ein buntes Heftchen an die Zeitschriftenstände flatterte, das die Welt für immer veränderte. In einem rotblauen Trikot, das fast aussah wie im Zirkus oder beim Catchen (so nannte man damals den heute als Wrestling bekannten absonderlichen Pseudosport), stand da ein Hüne und schüttelte diverse Lumpensöhne im James Cagney-Look aus einer Limousine. Die er mit bloßen Händen anhob. Im Heft, das für stolze 10 Cent zu erwerben war und in einer Auflag von 200.000 erschien, erfuhr die atemlose Leserschaft, dass dieser Übermensch – der Einfachheit halber nicht Nietzsche, sondern Superman genannt – unverwundbar war, über Wolkenkratzer springen (!) konnte und sich bevorzugt als Retter der Witwen und Waisen betätigte (in der ersten Story ging es konkret darum, einen zu Unrecht zum Tode verurteilten Gefängnisinsassen noch rechtzeitig zur Begnadigung zu verhelfen). Mit diesem fulminanten Grundkonzept lieferten Jerry Siegel und Joe Shuster die Blaupause für alle fliegenden Helden im Strampelanzug und schufen eine der kulturellen Ikonen des 20. Jahrhunderts.
Nachdem die Geschichten um den Mann aus Stahl anfangs noch eine unter vielen Beiträgen in der Reihe war, avancierten die Superman-Stories bald zum Star der Action Comics, die sie ab 1940 komplett füllten, worauf sich die Serie zur langlebigsten Comicreihe (neben der Batman-Heimat Detective Comics) mauserte. Dass man die beiden geistigen Väter verlagsseitig später durchaus ruppig behandelte und jahrelang nicht am durchschlagenden kommerziellen Erfolg der Figur beteiligen wollte (was sich erst durch massive Fanproteste im Zuge der Verfilmung von 1978 änderte), dass Siegel und Shuster in der Figur des Superman den Traum des jüdischen Einwanderers schilderten (ein Fremder aus einer fremden Welt wird unerkannt zum Held seiner neuen Heimat), dass die Ausgabe 1 von Action Comics das wohl wertvollste Comicheft der Welt sein dürfte, dessen verbliebene drei Exemplare in guter Verfassung Preise jenseits der 3 Millionen Dollar erzielen und von illustren Besitzern wie Nicolas Cage gehalten wurden – all das ist eine reichhaltige Historie, derer man nun in einer Jubelausgabe mit der doch etwas künstlichen Nummer 1000 gedenkt (Action Comics brachte es auf genau 904 Ausgaben), die im Original just am 18. April 2018 erschien.
Das Cover ziert hier selbst- und traditionsbewusst eine Superman-Figur, die (endlich) wieder das gute alte blau-rote Kostüm trägt, das zwischenzeitlich ja sogar durch ein schwarzes Outfit abgelöst worden war. Versammelt sind in der deutschen Ausgabe natürlich die Stories aus Action Comics 1000, in denen sich eine bunte Autoren- und Zeichnerschar die Ehre gibt, um als Geburtstagsgeschenk Hommagen und Verneigungen an diverse klassische Geschichten und Szenerien abzuliefern. In „Von der Stadt, die alles hat“ etwa erzählt Dan Jurgens davon, wie sich unser Supie nur äußerst widerwillig feiern lässt; in „Die ewige Schlacht“ eilt Zeichner Patrick Gleason (mit dem dünnen Aufhänger einer Hatz durch die Zeit mit Vandal Savage) auf jeweils ganzseitigen Illustrationen durch 80 Jahre Super-Historie, die anhand ikonischer Momente und zeitgenössischer Kostüme evoziert wird, von der Gladiator-haften Sandale der 40er über den Kriegseinsatz bis hin zu Frank Millers postmoderner Dekonstruktion im Rahmen der „Dark Knight Returns“-Saga und zur finalen Schlacht gegen Darkseid (im schwarzen Superman-Kostüm).
Nicht fehlen darf auch ein Beitrag von Animated-Mastermind Paul Dini im charakteristischen Funny-Stil („Actionland“, mit Mr Mxyzptlk!), Geoff Johns und Richard Donner thematisieren die berühmte Szene vom Cover der Ausgabe 1 („Das Auto“), Scott Snyder beleuchtet die alte Hassfreundschaft zwischen Superman und Lex Luthor („Die fünfte Jahreszeit“ – Smallville lässt grüßen!) – so geht der bunte Reigen auf 100 Seiten, zu denen sich mit „Fahrersitz“ als Dreingabe auch eine Story aus dem Action Comics Special 1 vom Juni 2018 gesellt. Somit ein pralles Kompendium für Supie-Freunde of all ages, denen dieser parforce-Ritt durch die Geschichte sicherlich massiv Freude bereiten sollte. Für die Sammlerfreunde legt Panini gleich zwei Sondereditionen des Heftes auf: eine auf 1000 Stück limitierte Variant-Cover-Version und eine exklusive Mappe mit gleich drei Variants, inkl. Zertifikat (Auflage: 500 Stück). Beide Editionen sind beim Verlag bereits ausverkauft. (hb)
Superman Special: Action Comics 1000
Text: Dan Jurgens, Peter J. Tomasi, Marv Wolfman, Geoff Johns, Richard Donner,
Scott Snyder, Tom King, Louise Simonson, Paul Dini, Brad Meltzer, Max Landis
Bilder: Dan Jurgens, Patrick Gleason, Curt Swan, Olivier Coipel, Rafael Albuquerque,
Clay Mann, Jerry Ordway, José Luis Garcia-López, John Cassaday, Francis Manapul
100 Seiten in Farbe, Heft
Panini Comics
6,99 Euro