Asterix auf Münchnerisch, Band 1 (Egmont)

September 27, 2017

Luja sogi! Kaum ist es Mitte September, da begegnen dem arglosen Wanderer in der Münchner Innenstadt, in den öffentlichen Nahverkehrsmitteln, ja sogar in sonst durchaus respektablen Bürogemeinschaften schon des Morgens wunderlich gekleidete Gestalten – wahlweise in kurzen Hosen oder bunten, hübschen Kleidchen mit dem sprichwörtlichen Balkon (mal mehr, mal weniger befüllt). Am nächsten Tag sehen diese Personen dann in der Regel etwas mitgenommen aus, klingen heiser und sind dennoch guter Dinge. Richtig: s’is wiada Wiesn! Und genau rechtzeitig dazu ereilt uns auch entsprechendes Kulturgut: mit „Asterix auf münchnerisch – Der große Mundart-Sammelband“ dürfen wir eine Neuauflage (erstmals gab es diese Sammlung schon zur Wiesn 2014) von zwei Abenteuern unserer Lieblingsgallier in der Sprache des wilden Volkes vom Rande der Alpen erleben.

Wohlgemerkt eben nicht der ebenfalls vorliegenden Variante „Asterix Mundart: Bayrisch“, von denen es immerhin ebenfalls vier Bände gibt („Auf geht’s zu de Gotn“, „Drendd im Orient“, „Graffd wead“ und „Asterix da Gliadata“), sondern ganz dezidiert im Zungenschlag der bajuwarischen Landeshauptstadt. Und die, so wird es jeder nicht Zuagroaste bestätigen, unterscheidet sich doch teilweise erheblich vom Rest des Landes. Also fragen wir nicht lange herum, sondern freuen uns daran, dass mit Udo Wachtveitl (Hauptamtlich Tatort-Kommissar) und dem Musikjournalist Carl-Ludwig Reichert zwei echte Urmünchner für die Übersetzung dieser Bände verantwortlich zeichnen (Herr Wachtveitl scheint ein sprachliches Multitalent, hat er doch schon zusammen mit Biermösl-Blosn-Chef Hans Well auch die Bayrische Version von „Streit um Asterix,“ „Graffd wead“, besorgt).

Hinein ins Vergnügen geht es hier mit „Ozapft is!“, einer Story, die hochdeutsche Leser unter dem Titel „Kampf der Häuptlinge“ kennen. Die findigen Reama hecken dabei einen klugen Plan aus: der ihnen treu ergebene Gallier-Häuptling Augenblix soll Majestix zum Kampf herausfordern und so das gallische Dorf auf Linie bringen. Dem steht natürlich der hier als „Bumbumator“ firmierende Zaubertrank im Wege, aber als Druide Miraculix von einem Hinkelstein getroffen wird, das Gedächtnis verliert und nur noch Unfug zusammenbraut, sieht es trübe aus um unsere Gallier… In „Da Subbnkessel“ hat Asterix als Schatzmeister seine liebe Not: der mit Sesterzen gefüllte Kupferkessel (so auch der Titel des Originals), der doch eigentlich die römischen Steuern begleichen sollte, kommt ihm per Diebstahl abhanden. So beginnt eine abenteuerliche Reise, auf der Asterix und Obelix versuchen, irgendwie zu Geld zu kommen – wobei man am Ende feststellt, dass der vermeintliche Gönner Moralelastix alles andere als ein Saubermann ist…

Der Kniff, die sattsam bekannten Abenteuer unserer Gallier durch regionale Aufmachung nochmals schmackhaft zu machen, ist beileibe nicht neu, es gibt kaum einen Dialekt oder sprachliche Färbung, durch die man Asterix noch nicht gejagt hätte. Die Macher der bayrischen und münchnerischen Varianten legen dabei allerdings die gleichen Detailverliebtheit an den Tag wie ihre Kollegen: anstelle die Dialoge einfach in phonetische Dialektumschreibung zu übertragen (was bei Interessengruppen der einschlägigen sozialen Netzwerke enervierend praktiziert wird), wird das Geschehen auch faktisch in der jeweiligen Umgebung verortet. Die allseits beliebten Römerlager kommen uns hier als geographisch treffend benannte Münchner Stadtteile entgegen: „Rechtsrum“ (Trudering), „Linxrum“ (Schwabing), „Aquarium“ (Pasing) und „Rundumadum“ (Sendling) umzingeln das kleine, widerspenstige Dorf „Krachlfing“ (Giesing, dem man ja eine gewisse Streitbarkeit nachsagt).

Auch anderweitig wird viel Lokalkolorit verwendet, vom permanenten Verspeisen von Haxn und Schweinsbrotn über die sanfte Weise von der „Nachtigoi von Haidhausn“, die Troubadix besingt, wie auch der zwielichtige Moralelastix hier unter dem wunderbaren „Fandalimwindix“ („Fähnlein im Winde“, klar?) firmiert. Die Römer fallen durch ihr gestochenes Hochdeutsch auf, während die Gallier dem Dialekt in breitester Art frönen. Und dabei liegt vielleicht eines der unvermeidlichen Probleme dieser Varianten: ein Dialekt wird ja eben nicht geschrieben, sondern als mündlich tradierte Urfassung einer Sprache konserviert, die zum allgemeinen Verständnis in einer einheitlichen Form überregional schriftlich fixiert wurde (dass uns hierbei nicht zuletzt aufgrund eines Bühnenaussprache-Büchleins eines gewissen Herrn Siebs der Hannoveraner Standard ereilte, ist beklagenswert, aber nun mal nicht mehr zu ändern. Und trotzdem heißt es Falentin und nicht Walentin).

Und so dürften sich auch gstandene Minchna teilweise schwer tun, per Lektüre den Ausruf „Ea dagreidse wieda!“ richtig zu deuten – ich bin hier leicht im Vorteil, das Verbum „grei‘n“ wurde mir vor einiger Zeit als multifunktional erläutert, insbesondere für langsame Bewegungen älterer Menschen („d’Oma greid wieda umanand“), im übertragenen Sinne eben auch das hier gemeinte „sich langsam wieder fangen“. Da hilft allerdings dann dankenswerterweise das Glossar weiter, in dem die allerheftigsten Attacken erklärt sind. Und dort kann man nachlesen, dass „Aufgeds beim Schichdl“ so viel heißt wie „da ist etwas geboten!“ – wobei die Quelle dieser Redewendung dann doch fehlt, und die findet man eben dann doch nur auf d’Wiesn, wo es beim Zelt des gleichnamigen Panoptikums seit Jahrzehnten heißt: „Aufgeds beim Schichdl – Enthauptungen täglich!“ In diesem Sinne: gemma naus auffa Maß! (hb)

Asterix auf Münchnerisch Sammelband 1
Text: René Goscinny
Bilder: Albert Uderzo
98 Seiten in Farbe, Hardcover
Egmont Comic Collection
19,99 Euro
9,95 Euro (Softcover, Kiosk-Ausgabe)

ISBN: 978-3-7704-3775-7

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