Jetzt tobt der Krieg. Die Truppen der Familie Carlyle, die über weite Teile der ehemaligen USA und Kanadas herrscht, wehren sich gegen die Familie Hock, die das Territorium der Bittners (welche mit den Carlyles verbündet sind) fast vollständig annektiert hat (u.a. Mitteleuropa). Doch Forever, der Lazarus (sozusagen, die Familien eigene Superheldin) der Carlyles, ist vorerst außer Gefecht. Forever wurde in der Schlacht bei einer ihrer Heldentaten (siehe Band 4) schwer verletzt, hat u.a. ein Bein verloren und muss „repariert“ werden. Wir erfahren, dass die Carlyles vorgesorgt haben und bereits mit der jungen „Eve“ der im wahrsten Sinne des Wortes „herangezüchtete“ Lazarus einer neuen Generation in den Startlöchern steht, sprich: ausgebildet wird. Inzwischen führen Sonja Bittner und Joacquin Morray, die jeweiligen Lazari ihrer Familie und in der Carlyle-Allianz, Kommando-Unternehmen durch, um die gegnerische Seite zu schwächen. Was auch gelingt. Bis sie – wieder vereint mit einer fast genesenen Forever –dem Lazarus der feindlichen russischen Familie Vassalovka gegenüber stehen…
Machtspiele, die auf dem Rücken der Lazari, den Super-Soldaten, ausgetragen werden. Familiäre und politische. Ein erbitterter Krieg um (noch mehr) Macht zwischen den Familien-Allianzen, der zum Weltenbrand werden kann. Einzelschicksale inmitten einer Masse, die von den Herrschenden nicht als Menschen sondern als Abfall wahrgenommen und genauso bezeichnet wird. Mit Band 5 setzt die Serie von Greg Rucka und Michael Lark ihren eingeschlagenen Kurs fort und pendelt perfekt ausbalanciert zwischen brachialer Action und ineinander verwobener Handlung. Lernte der Leser in den ersten Bänden der Reihe die hässlich-schöne (je nach Standpunkt, bzw. Vermögen) neue Welt, in der die Reihe spielt, thematisch und inhaltlich getrennt, kennen, geht es, nachdem der Konflikt zwischen den Mega-Familien, die die Welt beherrschen, offen eskaliert ist, nun so richtig ab. Die diversen Storylines, der Werdegang der der verschiedenen Personen und damit auch die Orte, an denen die Handlung spielt, wechseln ständig, treffen, trennen oder verzweigen sich. Allerorts gibt es neue Entwicklungen und Ereignisse, die man atemlos verfolgt, wie das in einer guten TV-Serie inzwischen Gang und Gäbe ist.
Forever, die Ein-Frau-Armee aus dem Reagenzglas, die ironischerweise menschlicher agiert als alle ihre Familienmitglieder zusammen, erfährt nun, was sie schon lange ahnte. Nämlich ihre kühl kalkulierte und zweckmäßige Herkunft als Homunkulus aus dem Forschungslabor, Ersatzteile inklusive. Johanna Carlyle setzt sich weiter als neues und fähiges Familienoberhaupt in Szene, mit Duldung ihres wieder genesenen Vaters. Doktor Barrett, der brillante junge Arzt, der einst zum Abfall gehörte, wird – obwohl er maßgeblich zur Heilung des vergifteten Carlyle Senior beitrug – degradiert, wohingegen die Soldatin Casey, die von Forever gerettet wurde, ein „berufliches“ Upgrade erfährt. Neben all den Ränkespielen und inhaltlichen Entwicklungen steht in puncto Action vor allem das gnadenlose wie tödliche Duell zwischen den Lazari Sonja Bittner, und Cristof Müller im Mittelpunkt, das sich zweigeteilt und weitgehend wortlos über etliche Seiten zieht, inszeniert in gleichgroßen kraftstrotzenden und brutalen Breitwand-Panels. Und der Kampf gegen den russischen Lazarus gestaltet sich einfach nur monströs. Beeindruckend, wie stets. Und da die Menschheit auch in der Zukunft ganz offenbar nichts dazugelernt hat, ist die Fortsetzung garantiert. (bw)
Lazarus, Band 5: Familienkrieg
Text: Greg Rucka
Bilder: Michael Lark, Tyler Boss, Santi Arcas
144 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
22,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-222-9