Testpilot Hal Jordan ist die Grüne Leuchte. Zumindest, seit ihm der abgestürzte Raumpilot Abin Sur den Kraftring nebst Batterie übergab, durch den Hal zum Mitglied des Green Lantern Corps der Wächter von Oa wurde. Natürlich gab es da noch andere über die Jahre, vorher trug Alan Scott einen – allerdings magischen – Kraftring, nach Hal übernahmen Guy Gardner oder auch Kyle Rayner den Job des Smaragd-Ritters, aber der einzig wahre ist und bleibt Mr Jordan. Bis jetzt. Denn nachdem es Hal sogar bis zum Chef des Green Lantern Corps geschafft hat, schlägt das Schicksal zu, in Form einer Verschwörung, in der diverse Finsterlinge das Corps anschwärzen und als Haufen durchgeknallter Egomanen erscheinen lassen. Selbst die Wächter von Oa lassen sich von diesen Täuschungsmanövern beeindrucken und verpflichten Hal, als Bauernopfer herzuhalten: er soll als Sündenbock über die Klinge springen und so das erboste Publikum milde stimmen. Das allerdings tut Hal auf seine ihm eigene Art: als krachigen Abgang inszeniert er einen Kampf mit seinem alten Kumpel Kilowog und reißt sich dabei noch den Handschuh des Krona unter den Nagel.
Ohne Ring und Spandex-Anzug, aber mit dem Handschuh und somit dem Prototyp aller Kraftwaffen im Gepäck, wandert er seitdem als vermeintlich Abtrünniger durchs Universum. Dort sind ihm Ordnungskräfte aller Couleur auf den Fersen, nachdem er auf sämtlichen Fahndungslisten ganz oben steht – als er gemütlich in einer Raststätte in Raumsektor 2813 abhängen will, stellt ihn eine Einheit intergalaktischer Polizisten, denen er erst einmal mit seinem Handschuh Mores lehrt. Den Chef schnappt er sich gleich mal als Geisel und nimmt ihn mit auf seinen Raumer, der vorher einem Schmuggler gehörte und dessen künstliche Intelligenz namens Darlene in regem Dialog mit Hal steht – nur um ihn nach einer kleinen Rede ins Gewissen wieder freizulassen, denn, so Hal, „das Universum braucht Kerle wie uns, die für die Gerechtigkeit alles tun.“
In den Spielhöllen von Y’Gall schaut Prinz Virgo einstweilen einer düsteren, kurzen Zukunft als Monsterfutter in einer Arena voller Urviecher entgegen. Der Vigilant Jordan, verdingt als freischaffender Outlaw, der gegen Geld Personen rettet, schaut nicht lange zu, sondern befreit Virgo aus seiner misslichen Lage und verschleppt Trapper gleich mit, der Virgo und seine Familie entführt hatte. Schnurstraks macht man sich auf den Weg zu Raumsektor Null, dem Stützpunkt der Lanterns und der Wächer von Oa – nur um entsetzt festzustellen, dass der ganze Planet in Klump verwandelt ist. Ohne dieses Rätsel gelöst zu haben, eilt Hal weiter nach Ketleth Prime, der Heimat von Virgo, um den Prinzen seiner Familie und Trapper der Justiz zu übergeben. Aber auch dort lauert eine böse Überraschung: der gesamte Planet ist mitsamt seiner Bevölkerung versteinert. Trappers Kumpane, die Hals Raumer gefolgt sind, um ihren Boss zu befreien, ereilt das gleiche Schicksal. Und auch Black Hand, der ja die Fähigkeit hat, Tote kurzfristig wiederzuerwecken, beisst sich daran plötzlich die Zähne aus – und als dann auch noch der alte bekannte Relic auftaucht, beginnt die Suppe langsam wirklich zu köcheln…
Neustarts von ganzen Universen, Einstieg für neue Leser, das kennen wir allzu gut, und DC macht da mit den New 52, Convergence und der neuen Storylines von DC You keine Ausnahme. In den Händen von Robert Venditti (u.a. The Surrogates), Billy Tan (u.a. The Darkness) und Ethan Van Sciver (u.a. Flash: Rebirth) wird aus dem strahlenden grünen Ritter in enger Hose nun ein gejagter Gesetzloser, der wie schon Captain Reynolds mit seiner Serenity mit seinem Raumer die Welten durcheilt und dabei mit immer neuen Gefahren konfrontiert wird. Sehr transparent ist dabei der Versuch, weg vom schillernden Helden hin zu einer eher düsteren Figur zu gehen, die mit Kapuze, langen Haaren und jugendlicher Gestalt teilweise an die populäre TV-Ausgabe seines Kumpels Green Arrow angelehnt zu sein scheint.
Hal sieht sich isoliert, herausgerissen aus seiner Gemeinschaft und nur noch auf sich selbst und seinen Gerechtigkeitssinn gestellt – wie eben auch sein ehemaliger Mitstreiter und notorischer Gesellschaftskritiker Oliver Queen. Die intergalaktischen Eskapaden sind allerdings farbig-knallig genug, um die Reihe des Lantern-Kanons würdig fortzuführen. Ganz ohne Vorkenntnisse sollte man sich der Story nicht nähern, aber einen Reboot verpasst die neue Gestaltung der Figur allemal. Wie lange Hal ganz ohne Wächter, Sinestro und vielleicht sogar sein interstellares Haustier Itty (kennt das noch jemand? Na?) auskommt, das werden wir ja früh genug sehen. Der vorliegende Band versammelt die US-Ausgaben Green Lantern 41-44 von 2015 sowie eine Convergence-Nummer von Atom, die ein Sneak Preview auf die neue Gestaltung der Figur enthielt. Für Sammler existiert eine Variant-Cover Edition (ebenfalls Softcover) mit schniekem Look des Filmplakates zu Kubricks „2001: A Space Odyssey“, das auf nur 333 Stück limitiert und für 20 € noch zu haben ist. (hb)
Green Lantern, Band 1: Der Abtrünnige
Text: Robert Venditti
Bilder: Billy Tan, Ethan Van Sciver
108 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12,99 Euro
ISBN: 978-3-957-98765-5