Conan der Cimmerier, Band 13 (Splitter)

April 5, 2023
Conan der Cimmerier, Band 13: Der wandelnde Schatten (Splitter Verlag)

Manchmal stehen die Dinge irgendwie ein bisschen schlecht. Etwa dann, wenn man sich wie Conan einer Armee aus Koth angeschlossen hat, die von den Stygiern am Rande der Wüste zum Teufel gejagt worden ist und man gerade noch in die tiefe Wüste entkommen konnte. Conans Begleitung, die schmucke Natala, schrammt am Tode entlang, als die beiden Herumirrenden tatsächlich am Horizont die Silhouette einer Stadt entdecken. Dort findet mal augenscheinlich alles verlassen vor, bis auf die Leiche eines exotisch aussehenden Wächters, der allerdings kurzerhand wieder zum Leben erwacht, bevor Conan ihn handgreiflich endgültig ins Jenseits befördert. Innerhalb der palastartigen Stadt bestaunen die beiden Ankömmlinge prunkvolle Räume und laben sich an scheinbar achtlos hinterlassenen Speisen, als sie Zeugen eines grausamen Schauspiels werden: ein offenbar schlafender Mann, der auf einem Diwan ruht, wird von einem gewaltigen, tierartigen Schatten überfallen und verschwindet bis auf eine kleine Blutlache spurlos.

Der nächste Stadtbewohner, den man antrifft, ist zwar wach, aber in einer seltsamen Trance und kann gerade noch berichten, die Stadt heiße Xuthal – worauf er in Panik flieht, als Conan von dem seltsamen Schatten berichtet. In einem der nächsten Gemächer treffen Conan und Natala auf eine betörende Dame, die sich als Thalis vorstellt, eine Stygierin, die schon als Kind in der verfluchten Stadt landete. Thalis eröffnet den erschütterten Reisenden, Xuthal sei eine uralte Stadt, deren Bewohner dem tödlichen Zauber des schwarzen Lotus verfallen sind – jener Droge, die einen tranceartigen Glückszustand suggeriert, aber leicht zum Tod führen kann.

Damit nicht genug: in den Katakomben haust ein uraltes Horrorviech namens Thog der Älteste, der in Form eines wabernden Schattens emporsteigt, sich von den betäubten Bewohnern ernährt und ihre Zahl so nach und nach dezimiert. Scheinbar großzügig zeigt Thala den beiden unfreiwilligen Gästen den Weg nach draußen, was sich aber als Falle herausstellt: per Falltür wird Conan in die Katakomben verfrachtet, während Thala die arme Natala in eine Folterkammer verschleppt, wo sie sie nach allen Regeln der Kunst auspeitscht. Während Conan verzweifelt gegen die ihn attackierenden erwachten Stadtbewohner kämpft, sieht sich Natala mit dem Grauen selbst konfrontiert: der wandelnde Schatten verleibt sich erst Thala ein und macht sich dann über Natala her…

Weird Tales

Sex sells – dieses Motto erkannte der umtriebige Farnsworth Wright, als der Pulp-Markt und damit auch sein Magazin Weird Tales 1933 in schweres Fahrwasser geriet. Wright engagierte als Gegenmaßnahme die Zeichnerin Margaret Brundage, die fortan die Titelblätter aufmerksamkeitsstark gestaltete – sprich: spärlichst bekleidete Holde in diversen brenzligen Situationen vorführte. Schon die Conan-Erzählung „Black Colossus“ („Natohk der Zauberer“) schaffte es so auf das Titelblatt, auf dem sich die Prinzessin Yasmela aus der Story lasziv räkelte. Natürlich legte Howard dankbar nach und mischte fortan mehr als nur eine Prise Erotik in seine Epen, die sich in dieser frühen Erzählung sehr drastisch äußert: die femme fatale Thala frönt kaum verhohlen ihren S&M-Gelüsten, der Fiesling Thog sabbert sich genüsslich über Natala, und die beiden Damen tragen kaum nennenswerte Kleidung, was Frau Brundage zu einem mehr als expliziten Weird Tales-Cover mit einer nackerten Auspeitschszene inspirierte, an der auch Wonder Woman-Vater William Marston seine helle Freude gehabt hätte (siehe Abbildung rechts).

Inhaltlich geht es einmal mehr um den von Howard oft skizzierten Konflikt zwischen der schwachen, dekadenten Zivilisation, die dem Drogenrausch „schicksalsergeben“ erliegt, und dem vitalen Barbaren, den sein „innerer Anstand“ von Thalas sexuellen Ausschweifungen bewahrt. Das Schmuddelwesen im Keller steht natürlich in der Tradition der „Uralten“ nebst Cthulhu selbst von Howards Zeitgenosse und Weggefährte Lovecraft, repräsentiert aber auch die Schattenseiten der Zivilisation, die verkommen vor sich hinträumt. Dass Conan sich gegen Ende selbst einen Schluck Lotus genehmigt, um seine Schmerzen zu betäuben, unterstreicht seine Willenskraft dabei nur umso mehr. In der Konstellation der beiden Frauen spielt Howard ebenfalls später perfektionierte Muster durch: die anfangs nur weinerlich-jammernde Natala avanciert im Verlauf des Geschehens zur reflektierten und klugen Gefährtin, die Conan vor so manchem Unfug bewahrt – solche Damen präsentierte Howard auch in „Schatten im Mondlicht“, genau wie er eine gemeinsame Reise in düstere Gewölbe in „Aus den Katakomben“ („Red Nails“) inszenierte.

Inhaltlich damit eine frühe Übung in später perfektionierten Themen, bringt die wahre Freude hier die wahrhaft epische Inszenierung von Stevan Subic: Doppelseiten, querverlaufende Panels, aquarellhafte Darstellungen, Düsterkeit, Dynamik: all das findet man hier zu Hauf, was einen optischen Rausch erzeugt, der machtvoll vorüberfegt. Eine weitere würdige Adaption im Rahmen einer Reihe, die immer wieder zu überzeugen vermag. (hb)

Conan der Cimmerier, Band 13: Der wandelnde Schatten
Text & Story: Christophe Bec, nach Robert E. Howard
Bilder: Stevan Subic
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
17 Euro

ISBN: 978-3-96792-383-4

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