Conan der Cimmerier, Band 9 (Splitter)

Dezember 30, 2020
Conan der Cimmerier, Band 9: Die Menschenfresser von Zamboula (Splitter Verlag)

Gastfreundschaft wurde auch schon mal größer geschrieben: da will Conan doch nur eine ruhige Nacht in der Taverne von Aram Baksh verbringen und schert sich nicht um die seltsamen Warnungen, die ihm entgegenschlagen. Reihenweise, so die Mär, würden in diesem Hause fremde Besucher eintreten, aber nie mehr wieder erscheinen. Der Cimmerier zeigt sich unbeeindruckt, bettet sein Haupt und wird prompt rüde überfallen: eine schwarze Gestalt mit angefeilten Zähnen, ganz offenbar ein Kannibale, will seiner habhaft werden. Das bekommt dem Angreifer nicht gut, ebenso wenig wie seinen Spießgesellen, die draußen auf ihr Opfer harren. Offenbar liefert der dreiste Wirt diesen Kollegen Menschenopfer zu, aber dieses Mal geht die Rechnung nicht auf: Conan verfolgt die fressgierigen Gestalten nach draußen und rettet neben sich selbst auch noch eine splitternackte Schönheit, die ebenfalls von schwarzen Kannibalen verfolgt wird.

Die Holde namens Zabibi eröffnet ihm, dass sie ihrem Liebhaber einen Zaubertrank des Hohepriesters Totrasmek einflößte, um ihn ihr auf immer ergeben zu machen. Das ging leider gehörig schief, Mr. Lover Lover Alafdhal wurde von einem seltsamen Wahn befallen und trachtet ihr seitdem nach dem Leben. Gegen die Aussicht auf eine handfeste „Belohnung“ erklärt sich Conan hilfsbereit, schnappt sich erst einmal den in der Tat rasenden Jüngling und macht sich dann mit Zabibi auf ins Haus von Totrasmek, wo man zunächst auf den wuchtigen Handlanger Baal-Pteor trifft, den Conan eliminiert, bevor er sich dann Totrasmek zuwendet, der Zabibi unter Hypnose in einer Schlangengrube vor sich tanzen lässt…

Mit „Man-Eaters of Zamboula“ (später auch erschienen unter dem weniger reißerischen Titel „Shadows in Zamboula“) lieferte Robert E. Howard 1935 ein wahres Feuerwerk der pulp-Stereotypen. Nach dem durchaus ambitionierten Beitrag „Beyond The Black River“ lehnte Weird Tales-Herausgeber Farnsworth Wright die Folge-Story zu Howards großer Enttäuschung ab. Um beim nächsten Versuch in jedem Falle wieder die Erwartungshaltung zu treffen, stellte Howard anstelle von komplexer Charakterisierung und düsteren Settings wieder die Elemente in den Mittelpunkt, die man offenbar erwartete: exotische Schauplätze, Horror-Motive und eine ordentliche Prise Erotik, die in den vorhergegangen Stories sehr im Hintergrund blieb. Dass sich dabei die Logik weitgehend verabschiedete und hinter krachigen Versatzstücken zurücktreten musste, störte offenbar wenig: kaum eine Handlung ist glaubhaft motiviert (kein Wunder, bedient sich Howard z.B. in dem Motiv der düsteren Herberge, in der Gäste verschwinden, doch aus einer seiner Nicht-Conan-Erzählungen), die rassistischen Stereotypen grassieren (die Kannibalen sind selbstverständlich schwarz), und der Twist am Ende ist ebenso abwegig wie voraussehbar.

Dennoch ging Howards Kalkül auf, Farnsworth biss an und veröffentlichte die Geschichte in der November-Ausgabe von Weird Tales – geziert mit einem mehr als suggestiven Darstellung der nackten Zabibi in der Schlangengrube, die Margaret Brundage gewohnt lasziv inszenierte. Der Cimmerier selbst erschien nicht auf dem Titelblatt – durchaus bezeichnend für den inhaltlichen Schwerpunkt der Geschichte, die aus heutiger Sicht bestenfalls durch den grimmigen Humor und den Kontext der Entstehung interessant bleibt. Dennoch liefert Gess (Stéphane Girard, u.a. „Carmen McCallum“ und „M.O.R.I.A.R.T.Y.“)  in seiner Variante eine schmissige Fassung ab, die die Pulp-Wurzeln des Materials niemals verleugnet und ordentlich krachig bebildert – wobei ein bisschen Ruppigkeit ebenso wenig fehlt wie knisternd-aufgeladene Szenen. Als nächste Beiträge in der Alben-Reihe dürfen wir uns auf „Der Gott in der Schale“ und „Der rote Priester“ freuen. (hb)

Conan der Cimmerier, Band 9: Die Menschenfresser von Zamboula
Text: Gess, nach Robert E. Howard
Bilder: Gess
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro

ISBN: 978-3-96219-210-5

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