Batman: Die Maske im Spiegel (Panini)

April 26, 2022
Batman: Die Maske im Spiegel (Sammelband, Panini Comics)

Gerade erst mal zwei Jahre ist ein dubioser Vigilant dabei, handgreiflich für Ordnung in Gotham City zu sorgen. Auch wenn man ihm zutiefst misstraut und Polizeichef Gordon sogar gefeuert wurde, weil er mit ihm zusammenarbeitet, führt Bruce Wayne seinen Kampf unerbittlich weiter. Dabei wird er immer wieder mal ordentlich vermöbelt und schleppt sich eines Morgens gerade noch zu seiner alten Bekannten, Doktor Leslie Thompkins, die ihn seinerzeit nach dem Mord an seinen Eltern betreute. Die gute Dame flickt ihren Schützling zwar zusammen, stellt ihn aber massiv dahingehend zur Rede, dass seine Verbrecherjagd psychopathische Züge hat und ihn zerstören wird.

Nur wenn er sich – so der Deal – zu jedem Morgengrauen bei zu einer Gesprächsrunde einfindet, ist sie bereit, ihn jeweils auch medizinisch zu versorgen. Gesagt getan, und keine Sekunde zu spät, denn Ärger braut sich von allen Seiten zusammen. Da ist zum einen der Großindustrielle Wesker, der Batman als empfindliche Störung seines monumentalen Firmenimperiums sieht. Immerhin hat Wesker Bandenbosse, Richter und auch sonst wichtige Personen in seiner Tasche, ein Gleichgewicht, das Batman durch die ruppige Selbstjustiz, der auch korrupte Staatsdiener zum Opfer fallen, aus der Balance bringt. Die junge, ehrgeizige Detektivin Wong macht ihrerseits bedrohliche Fortschritte bei ihren Ermittlungen und kommt der Wahrheit immer näher, bis sie schließlich bei Bruce Wayne selbst landet.

Vollends ins Abseits scheint der düstere Held zu geraten, als ein Doppelgänger auftritt, der im Batman-Kostüm die Linie überschreitet, die Bruce Wayne akribisch vermeidet: systematisch bringt dieser zweite Batman stadtbekannte Verbrecher um, was auf den allumfassenden Wesker-Überwachungskameras stets publikumswirksam aufgezeichnet wird. Bruce Wayne, der sich zunehmend zu Wong hingezogen fühlt, bleibt nur noch eines: er muss den Hochstapler schnellstmöglich enttarnen, bevor seine Karriere als Vigilant vorbei ist, ehe sie richtig begonnen hat…

Auch in diesem Band brilliert die DC Black Label Reihe ein weiteres Mal mit einer Storyline, die befreit von der Serienkontinuität einen alternativen Blick auf die frühen Jahre des maskierten Spitzohrs legt. Bruce erscheint hier als tief traumatisierter junger Mann, den Leslie Thompson schon in jungen Jahren psychologisch behandelte. Als der Knabe unverhohlene Aggressionen an den Tag legt, die sogar den langjährigen Butler der Familie Alfred Pennyworth vergraulen, als Bruce gerade mal sechs Jahre alt ist, schickt man ihn auf eine russische Militärschule, worauf er geschlagene sechs Jahre verschwindet und in entlegenen Gebieten Kampftechniken erlernt.

Nach seiner Rückkehr geht er brutal gegen die Unterwelt vor, Gordon, der in dieser Story nicht auftritt, wird gefeuert, und nur Leslie Thompkins steht zu den sonst isoliert und vereinsamten Bruce. Mit diesem Charakter greift Mattson Tomlin auf eine klassische Figur aus der Mitternachts-Detektiv-Phase zurück, die Dennis O’Neil und Dick Giordano 1976 in Detective Comics 457 erstmals präsentierten und die über die Jahre immer wieder als Weggefährtin, Freundin der Familie und Vertraute von Bruce Wayne auftrat, bevor sie in den TV-Reihen Gotham und Titans auch das Licht der Serienwelt erblickte. Durchdacht kommt auch der weitere Kontext daher, den Tomlin aufspannt: um überraschend an jeder Ecke der Stadt auftauchen zu können, versteckt Bruce Wayne überall in der Stadt Motorräder und hat ein System von Stahlseilrutschen auf den Dächern installiert – beides durchaus realistische Ansätze, die ein wenig an „Batman: Year One“ erinnern.

Auch sonst ruft Tomlin das Bat-Universum auf, ohne in die Detailtiefen zu tauchen – neben Leslie treffen wir einen verängstigten Oswald Cobblepot, und in Weskers schizophrenem Sohn Arnold tritt uns natürlich niemand anders als der Bauchredner entgegen, der mit seiner Scarface-Puppe seit 1988 zur Schurkengalerie in Gotham gehört. Dazu gesellen sich jede Menge psychologische und moralische Fragen (wo sind die Grenzen der Gewalt?), die von Andrea Sorrentino (ähnlich alptraumhaft wie in seinem „Joker: Killer Smile“) bewusst expressiv-symbolisch überzeichnet transportiert werden. Der vorliegende Band bringt auf 172 Seiten alle drei Episoden der Storyline „Batman: The Imposter“ erstmals als Sammelband auf Deutsch. (hb)

Batman: Die Maske im Spiegel
Text: Mattson Tomlin
Bilder: Andrea Sorrentino
172 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
19 Euro

ISBN: 978-3-7416-2704-0

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