Gung Ho, Band 5 (Cross Cult)

August 30, 2021

Prekär ist gar kein Ausdruck für die Lage, in der sich die Versprengten um den aufmüpfigen Archer befinden. Immerhin wurde der rebellische Geist unter falschen Anschuldigungen (er soll die junge Celine vergewaltigt haben, aber in Wahrheit war das natürlich der fiese Versorgungschef Bagster) in die von Reißern bedrohte Außenwelt verstoßen, um dort ums Überleben zu kämpfen. Sein Bruder Zack, die junge Yuki und Salim finden ihn zwar auf einer waghalsigen Rettungsaktion, geraten aber in die Hände der Verlorenen, der letzten Verbliebenen in der rauen Außenwelt, die die Versorgungszüge in die Lager überfallen und Waffenlieferungen abfangen. Da aber kommt in Gestalt von Yukis Vater Tanaka die Wendung: der Samurai macht allen Verlorenen den Garaus und nimmt die versprengten Kinder mit zurück in Richtung Fort Apache.

Auf dem Weg dorthin muss man allerdings feststellen, dass die Reißer-Plage noch größer als gedacht ist: offenbar haben sich wahrlich monströse Exemplare hinzugesellt, für die die bisherigen Viecher bestenfalls eine willkommene Nahrungsquelle sind. Als man sich dem Lager annähert, gibt es allerdings alles andere als einen warmen Empfang. Dort haben nämlich die Jugendlichen unter der Führung von Holden das Heft in die Hand genommen, während die Lagerkommandantin Kingsten und ihre Leute draußen nach dem dringend benötigten Waffennachschub suchten. Bagster hat man als Geisel genommen, fordert die Rehabilitierung von Archer und die Absetzung von Kingsten. Klingt erst mal ganz gut, aber Holden entwickelt zunehmend größenwahnsinnige, diktatorische Züge: als sich Tanaka und Yuki dem Lager nähern, erschießt er kurzerhand den alten Samurai als Vertreter der verhassten Elterngeneration. Als dann Zack und Archer mit den Waffen zurück ins Lager wollen, bricht das stets erwartete Unheil herein: eine Flut von Reißern, angeführt von riesigen Leittieren, greift Fort Apache an… 

Bereits verlagsvergriffen: die Vorzugsausgabe

Maximum Gung Ho! Der fulminante Abschluss der „James Dean meets John Wayne“-Saga von Benjamin von Eckartsberg und Thomas von Kummant bringt alle aufgebauten Konflikte und Bedrohungen zu einem wahrhaft feurigen Finale. Die Spannungen zwischen Alt und Jung eskalieren komplett in der Machtübernahme durch die im Fort verbliebenen Youngster, die unter der Führung von Holden anfangs noch eine wilde Party feiern und den draußen staunend zusehenden Eltern den Mittelfinger zeigen. Bald aber gleitet die Suche nach Gerechtigkeit ab in eine blutige Gewaltherrschaft, in der Holden mehr und mehr zum faschistischen Anführer wird, der keine Werte mehr kennt und um der Macht willen mordet. Geblendet von den ersten Erfolgen, unterschätzt er die Bedrohung durch die anstürmenden Reißer komplett („Rückwärts ist was für alte Männer und Feiglinge“), die verstärkt durch offensichtlich mutierte Riesenexemplare nicht aufzuhalten sind. Auch ansonsten gibt es kaum Hoffnung für Verständigung zwischen den Generationen: kaum findet Yuki emotional zurück zu ihrem entfremdeten Vater, wird diese Harmonie durch Holden aktiv zerstört.

Die finale Schlacht um Fort Apache gerät dann vollends zum Endzeit-Monster-Spektakel, in dem sich Jung und Alt mit Maschinengewehren, Katanas und Panzerfäusten (!) gegen die „King Kong Viecher“ zur Wehr setzt – so wird das Lager dann seinem Namen nochmals vollauf gerecht, auch wenn hier keine Rothäute, sondern veritable Monster angreifen. Happy end ist dabei Fehlanzeige, fast alle bekommen ihr Fett weg, und es bleibt trotz Kingstens bitterer Erkenntnis „Nicht die Reißer haben die Siedlung zu Fall gebracht“ nichts anderes übrig, als einfach eine neue Festung zu suchen – die Welt draußen wird sich nicht ändern. Optisch ist die ganze Sause von Thomas von Kummant wieder rasant, großformatig und knallig inszeniert, wobei Wort und Bild oft eine gelungene Verbindung eingehen: bei einer ausufernden Feier der Jugendlichen erstreckt sich über einige Seiten der Text des aus den Lagerlautsprechern dröhnenden alten Beastie Boys-Schlachtrosses „Fight for your right (to party)“, der die provokante Ablehnung der alten Generation, die draußen fassungslos zuschaut, amüsant spiegelt. So geht mit einem großen Krachen ein Reigen zu Ende, der – man glaubt es kaum – 2014 mit dem Auftaktband „Schwarze Schafe“ seinen Anfang nahm. Man darf freudig gespannt sein, was sich das Kreativduo hinter der „Chronik der Unsterblichen“ als nächstes Großprojekt nun einfallen lässt. (hb)

Gung Ho, Band 5: Die weiße Flut
Text: Benjamin von Eckartsberg
Bilder: Thomas von Kummant
104 Seiten in Farbe, Hardcover (Normalausgabe)
128 Seiten in Farbe, Hardcover (Vorzugsausgabe)
CrossCult 
25 Euro (Normalausgabe)
40 Euro (Vorzugsausgabe)

ISBN 978-3-96658-431-9 (Normalausgabe)
ISBN 978-3-96658-432-6 (Vorzugsausgabe)

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