Die Ritter von Heliopolis, Band 4 (Splitter)

März 19, 2021
Die Ritter von Heliopolis, Band 4: Citrinitas, das gelbe Werk (Splitter Verlag)

Lebensjahre sind ja schön, aber gehen halt leider auch mit körperlichen Gebrechen einher. Das muss auch Asiamar leidvoll erfahren, der nach diversen Verwicklungen ein gesegnetes Alter erreicht, aber auch durchaus gebrechlich geworden ist. Zur Verjüngung durchläuft er das Ritual der Citrinitas, bei dem er durch einen Tropfen Lebenselixier pure Sonnenenergie aufsaugt und tatsächlich wieder als jugendhafter Hermaphrodit auftaucht. Spätestens jetzt hält der Anführer des Ritterordens Fu Xi die Zeit für reif, Asiamar ins Geheimnis der wahren Herkunft der Mutantentruppe einzuweihen. Fu Xi stammt nämlich eigentlich vom Sirius, wo man sich vor Jahrtausenden von körperlichen Neigungen vollkommen abwendete und das Universum erkundete. Der Forschungstrupp auf der Erde allerdings fiel den fleischlichen Versuchungen anheim und verlor im Gegenzug die Gabe des geistigen Zusammenschlusses, der Reisen durch den Raum erst möglich macht.

Seitdem versucht Fu Xi mutierte Geister um sich zu scharen, um nach der Sanierung der Erde endlich wieder nach Hause abreisen zu können. Asiamar zeigt sich gehörig entsetzt, zumal er gleich noch mehr erstaunliche Offenbarungen miterlebt: der Frauenmörder, auf den der Orden ihn im London des späten 19. Jahrhunderts ansetzt, ist niemand anders als Fu Xis Tochter, die der Schwerenöter mit Marie-Antoinette, der Königin von Frankreich und Frau Ludwig XVIs, erzeugte. Die Dame, die Fu Xi eigens ausbildete, aber dann schnöde aus dem Orden verstoßen wurde, hat unter dem vielsagenden Namen Venus Blavatsky eine Sekte von Theosophen gegründet, die der herrschenden Ordnung zu Leibe rücken – und Fu Xi will seine verlorene Tochter allzu gerne zurück haben. Dumm nur, dass sich Asiamar Hals über Kopf in die Schöne verliebt…

Im vierten und letzten Band seiner Serie setzt Metabarone-Vater und Incal-Schöpfer Alejandro Jodorowsky (der gerade vielleicht gespannt darauf schaut, wie die neuesten Adaptionen von Frank Herbers „Dune“ denn gelingen, immerhin sein niemals realisiertes Megaprojekt der 70er Jahre) nun vollständig auf ein Däniken-haftes Vexierspiel der außerirdischen Besucher: nach wie vor gewürzt mit jeder Menge Mythologie, die wir vor allem in Band 2 mit Napoleons Feldzug in Ägypten erlebten, schickt er seinen Held nun ins England des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wo Jack the Ripper sich als Frau auf Rachefeldzug entpuppt, die durch grausame Verbrechen eine Art von Vergeltung für ihr widerfahrenes Leid üben will.

Dazu gesellt sich ein pseudo-historischer Hintergrund, so etwa als Asiamar und Venus auf der gerade im Bau befindlichen Tower Bridge erstmals aufeinandertreffen und gleich die Hebe-Funktion der Brücke per Magie in Gang setzen (das Sherlock-Versum von Sylvain Cordurié lässt grüßen). Sehr groß geschrieben wird dieses Mal auch der Aspekt der prickelnden Erotik: von Venus bis hin zu ihren Gefährtinnen ist jede Menge Körpereinsatz geboten, den auch unser Held nur allzu gerne mitnimmt. „Barracuda“-Schöpfer Jérémy inszeniert diese Mischung aus Fakt, Fiktion und Spekulation wieder virtuos-abenteuerlich im besten Action-Duktus, der die Reihe um den Mythos des verlorenen Königssohnes Ludwig XVII nun fulminant beendet. (hb)

Die Ritter von Heliopolis, Band 4: Citrinitas, das gelbe Werk
Text: Alejandro Jodorowsky
Bilder: Jérémy
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro

ISBN: 978-3-96219-222-8

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