Dune, Band 1 (Splitter)

März 16, 2021
Frank Herbert's Dune, Buch 1 (Splitter Verlag)

Melange. Auch genannt Spice. Der wertvollste Rohstoff des Universums, der interstellares Reisen erst möglich macht, weil die Angehörigen der Gilde der Navigatoren nur unter seinem Einfluss den Raum krümmen können. Spice ist nicht nur wichtig, sondern auch selten: nur auf dem unwirtlichen Arrakis findet man es, dem Planeten, dessen Oberfläche komplett von Wüsten bedeckt ist, in deren Tiefen gewaltige Sandwürmer den kostbaren Rohstoff hüten und die eingeborenen Stämme der Fremen seltsamen Ritualen frönen. Kein leichtes Los also für Herzog Leto Atreides, dem der Herrscher der bekannten Galaxis Shaddam IV. das Lehen von Arrakis anvertraut, das bislang die Familie des Barons Harkonnen nach Lust und Laune für ihre Schatzkammer ausbeuten durfte. Noch auf dem Heimatplaneten Caladan wird Letos Gefährtin Jessica mit einer unheilsdräuenden Weissagung konfrontiert: eine Bene Gesserit, Ordensschwester eines Geheimbundes, dem auch sie selbst angehört, unterzieht ihren Sohn Paul Atreides einer Prüfung, dem Gom Jabbar, aus der hervorgeht, dass er der mythische Befreier sein könnte, von dem die Legenden der Fremen erzählen.

Auf Arrakis angekommen, muss Leto bald feststellen, dass die Harkonnen das Feld natürlich nicht kampflos geräumt haben: Paul entgeht nur knapp einem Anschlag, und auch in der Wüste mehren sich die mysteriösen Vorfälle. Als Leto erstmals eine Spice-Gewinnungsanlage besucht, kommt es prompt zu einer Wurmattacke, der die gesamte Besatzung nur um Haaresbreite entkommt – der für solche Fälle eigentlich zur Evakuierung bereitstehende Transporter greift nicht ein, weil die Harkonnen die Sache sabotieren. Leto findet heraus, dass die Harkonnen einen Verräter in den Reihen der Atreides platziert haben, und hegt zum Schein einen Verdacht gegen Jessica, um deren Unschuld er insgeheim weiß. Aber auch der Herzog kann nicht ahnen, dass sein Arzt Dr. Yueh der Verräter ist – der die Harkonnen, die eine Frau getötet haben, um ihn gefügig zu machen, allerdings seinerseits in eine Falle locken will, die zuschnappen soll, als die Harkonnen endgültig die Hauptstadt Arrakeen angreifen…

Den Versuch, eines der monumentalsten utopischen Werke überhaupt zu adaptieren, das nicht wenige als den besten SF-Roman aller Zeiten erachten, muss man erst einmal wagen. Immerhin gelingt das nicht immer so gut wie bei der furiosen musikalischen Inszenierung durch unsere Freunde von Iron Maiden, die für ihr Epos zwar aufgrund Frank Herberts Veto nicht den Originaltitel verwenden durften (Herbert mochte keine Rockmusik und schon gar kein Maiden-Material), aber melodiös-komplex für Rätselraten sorgten, was denn der Kwisatz Haderach sein mochte, der in Caladan geboren ist, das Gom Jabbar besteht und zum Muad’dib wird. Zumindest mir wurde das ein wenig klarer, als ich, nicht zuletzt animiert durch „To Tame A Land“, Frank Herberts wuchtigen Roman erstmals las, mich an der Abenteuerstory erfreute und dann durchaus erstaunt war, dass mein damaliger Deutschlehrer voll des Lobes über die bunte Mischung aus Ökologie, Mystizismus, Kulturpessimismus und Religionskritik war, die er in diesem Opus zu entdecken glaubte (und damit natürlich vollkommen richtig lag, was mir beim späteren nochmaligen Lesen auch aufging).

Frohgemut zerrte ich also meine durchaus leidensfähigen Eltern also ins Kino, wo „Der Wüstenplanet“ im Jahre  1984 unter großem Brimborium und Staraufgebot über die Leinwand huschte (aus dem monumentalen Projekt Alejandro Jodorowskys wurde in den 70ern ja leider nichts, wobei man schon komplette Storyboards – u.a. von Moebius und HR Giger – und exakte Pläne hätte, nebst einem Salvador Dali, der für einen kurzen Auftritt als Imperator Shaddam eine astronomische Gage einstreichen wollte). Man muss sich durchaus wundern, dass ich danach noch weitere Kinobesuche unternehmen durfte: einen größeren Unfug als die völlig unverständlichen, chaotisch zerschnippelten Überreste von David Lynchs fiebriger Version hatte man noch selten erdulden müssen (kein Wunder, dass der Regisseur sich in Grausen wendete und als Spielleiter der berühmte „Alan Smithee“ erschien, der immer dann zum Zuge kommt, wenn der wahre Schöpfer nicht genannt sein will).

Lange Jahre war Dune somit intermedial erledigt, bis sich 2000 der SciFi-Channel an eine durchaus achtbare dreiteilige Fernsehfassung machte, und ganz aktuell steht eine komplett neue Version von Dennis Villeneuve am Start, die – angeblich – im Oktober in die – wenn dann überhaupt geöffneten – Kinos kommen soll. Auf den Seiten einer Graphic Novel allerdings kann man sich ja durchaus freier bewegen, und wer könnte für eine solche Adaption besser geeignet sein als Frank Herberts Filius Brian Herbert, der gemeinsam mit Kevin J. Anderson mit „Preludes to Dune“ und „Legends of Dune“ bereits diverse Prequels und Sequels zum monumentalen Werk seines Vaters hinzugefügt hat und auch die wunderbare Biografie „Dreamer of Dune“ verfasste. Für die hier nun vorliegende Comicfassung nahmen sich die beiden Herren jede Menge Raum und präsentieren den ersten Roman der in Herberts Feder schon zu sechs Bänden gewachsenen Serie in insgesamt drei Teilen.

Somit kann sich diese Fassung eng an der Romanvorlage entlanghangeln, komplett mit den zahlreichen philosophischen Diskussionen und inneren Monologen, die den Roman kennzeichnen. Herbert und Anderson entfalten so sehr werkgetreu die zentralen Szenen der Vorlage und streifen alle Themen, die Herberts Werk so zeitgenössisch und zukunftsweisend zugleich machen: die Aspekte der Ökologie und der aufkommenden Naturschutzbewegung klingen ebenso durch wie die in den 60ern sehr weitsichtige Behandlung von Ressourcenknappheit (Herbert selbst stellte klar, dass das wertvolle Spice aus der Wüste eine kaum kaschierte Metapher für Erdöl darstellt). Die seltsam anachronistische Feudalordnung mit Baronen und Kaisern steht dabei kontrapunktisch zur modernen Technik, aus der Herbert allerdings ganz bewusst alle Roboter verbannte und vielmehr den Konsum bewusstseinserweiternder Substanzen als Basis der Raumfahrt postulierte – die 60er lassen eben doch deutlich grüßen.

Eine wilde Mischung aus Metaphysik, christlicher Messias-Mythologie (Paul als Heilsbringer und Befreier der Fremen) und auch islamischer Einflüsse krönt Herberts Werk auch in dieser Version, die Raúl Allén beeindruckend episch inszeniert (vor allem in den großflächigen sepia-getönten Wüstendarstellungen inkl. Sandwurm-Attacken). Ergänzt durch Cover-Zeichnungen des Altmeisters Bill Sienkiewicz (den schon David Lynch für die Comicversion seiner Kinofassung verpflichtete) ergibt sich somit eine wunderbare Gelegenheit, diese zeitlose Story nochmals zu erleben, bevor wir uns dann auf die Verfilmung stürzen – so sie denn kommt. Zweifelsohne kommen wird Band 2, der unter dem Titel „Muad’dib“ schon in Vorbereitung ist. Mit „Dune: Haus Atreides“ legen Herbert und Anderson auch gleich noch eine Comicversion ihres ersten Dune-Prequels vor, die im November erhältlich sein soll. (hb)

Dune, Buch 1
Text: Brian Herbert, Kevin J. Anderson
Bilder: Raúl Allén, Patricia Martin, Bill Sienkiewicz
176 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro

ISBN: 978-3-95839-449-0

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