Seltsam, verwunderlich – manchmal ist der Name eben doch Programm. Adam Strange hatte sich eigentlich ziemlich darauf gefreut, seinem doch eher drögen Erdleben als Archäologe zu entrinnen und per Zeta-Strahl (landläufig auch Teleporter genannt) wieder einmal auf seine Heimat Rann geholt zu werden. Immerhin muss er dort Fieslinge nicht nur auf der Playstation verhauen wie sein menschliches Alter Ego, sondern ist ein veritabler Held – zumal dort auch seine Angetraute Alanna auf ihn wartet, die schon einige Wochen nichts mehr von ihrem Holden gehört hat. Groß ist also die Enttäuschung, als der Strahl sich zwar per Signal ankündigt, der gute Adam aber auf der Erde kleben bleibt. Verwirrt kontaktiert er seinen JLA-Kumpel Cyborg und lokalisiert mit dessen Hilfe den Strahl, der offenbar irgendjemand anders von der Erde in die Weiten des Alls transportiert hat. Als er es dann doch noch nach Rann schafft, erwartet ihn da eine böse Überraschung: der Planet ist im Kriegszustand, die Städte sind verwüstet.
Das Wissenschafts-Zentrum, in dem sein Schwiegervater Sardath wirkt, wurde von Terroristen überfallen – genauer gesagt von Killerkommandos aus Thanagar, dem lange verfeindeten Nachbarplaneten, mit dem ein brüchiger Frieden geschlossen wurde. Sardath kam dabei zu Tode, Adams Frau Alanna überlebte knapp und fordert nun vehement einen Vergeltungsschlag. Die Volksseele kocht hoch und will Krieg – nur Adam Strange mahnt zur Besonnenheit, denn der Schemen, den er auf den Aufzeichnungskameras erblickt, scheint ihm so gar nicht thanagarisch. Um die Sache aufzuklären, macht er sich auf den Weg Richtung Nachbarwelt zu seinem Kampfgefährten Katar Hol, der dort in der Garde Dienst tut und samt Helm, Keule und Flügeln auf der Erde als Hawkman bekannt ist. Gemeinsam mit dem der Prügelei nicht abholden Flattermann geht Adam der Sache auf den Grund und muss feststellen, dass niemand anders als Despero, ein alter Feind der Liga, hinter der Sache steckt – während die Feindseligkeiten zwischen den Planeten immer weiter eskalieren und Hawkman, Adam Strange und auch das Green Lantern Corps mitten ins Kreuzfeuer geraten…
Mit Adam Strange, Hawkman und Despero bringt Marc Andreyko ein klassisches Dreigestirn aus der Feder von Vielschreiber Gardner Fox an den Start. Fox prägte ab 1940 mit der Justice Society of America den Golden Age-Prototypen der Superteams und hob neben dem ersten Flash Jay Garrick auch die Golden Age-Recken Adam Strange und Hawkman aus der Taufe (allesamt in einem wahren annus mirabilis 1940). In der Justice Society und später auch in der Justice League durfte Hawkman – gestählt durch Flügel aus Nth-Metall – dann ordentlich mitmischen, wo man sich gleich in JLA-Ausgabe 1 1960 mit Despero herumschlagen durfte, einem hünenhaften Tyrannen von Planeten Kalanor, mit dem es die JLA wiederholt zu tun bekam und der dank seines dritten Auges (sollte jeder haben) Telepathie und auch Realitätsverzerrung beherrscht. Diese Zutaten rührt Andreyko in ein Szenario zusammen, das zusätzlich auf die Miniserie „The Rann/Thanagar War“ von Dave Gibbons aus dem Jahr 2006 aufsetzt, in der es zum Krieg zwischen den Heimatwelten Stranges und Hols kommt, der dann 2008 in „Rann/Thanagar: Holy War“ von Jim Starlin (ohnehin Spezialist für kosmische Weiten und Erfinder der Infinity War-Stories) nochmals aufflammte.
Konfliktherde sind also ausreichend vorhanden, die Andreyko (u.a. Gotham City Sirens, Torso) zu einem klugen Kommentar auf Vorverurteilungen, Gewalt/Gegengewalt, simplistische „Wahrheiten“ und die allzu leichte Verführbarkeit aufgehetzter Seelen nutzt – Erscheinungen, die ja die traurige Realität der Geopolitik in bedauerlichem Ausmaß kennzeichnen. Den besonderen Schmiss bekommt die Chose durch die Charakterisierung von Carter Hall, der nach der Zero Hour zu Katar Hol mutierte: nicht der ordentliche Gesetzeshüter ist er hier, der mit seiner Angetrauten Hawkgirl das Fähnlein der Gerechtigkeit hochhält. Nein, ein knallharter Vertreter einer in der eigenen Bevölkerung durchaus nicht populären Garde ist er, fast schon in der Manier eines Judge Dredd teilt er gnadenlos aus und muss von seinen Kollegen schon mal davon abgehalten werden, allzustark auf einen Gauner einzuprügeln. Auch der Krieg, für Adam Strange ein Gräuel, scheint ihm wenig zu schaffen zu machen.
Deutlich ruppiger als die noblen Inkarnationen eines alten ägyptischen Prinzen, als der Hawkman ja auch die DC-TV-Landschaft in Arrow, Flash und Legends Of Tomorrow durchflattert, treffen wir hier auf eine rabiate, machiavellistische Gestalt, die ihr eigenes Handeln und Leben bestenfalls in kurzen inneren Monologen hinterfragt. Gleichzeitig kommt aber auch die Komik nicht zu kurz, etwa als Alan sich nach Thanagar teleportiert und dort einen splitternackten Katar antrifft, dem das alles irgendwie egal ist, immerhin ist er gerade mit einer Holden Achterbahn gefahren, deren Namen er noch nicht einmal kennt. Furios, schnell, episch und zupackend, so ist der Erzählfluss und auch die zeichnerische Umsetzung durch Aaron Lopresti (u.a. Batman, Catwoman), der die Actionorgie im passenden Superheldenduktus inszeniert. Der vorliegende Band enthält die komplette Miniserie „Death Of Hawkman“, die im Original vom Dezember 2016 bis Mai 2017 erschien, veredelt durch ein schmuckes Variant-Cover von Bill Sienkiewicz. (hb)
Der Tod von Hawkman
Text: Marc Andreyko
Bilder: Aaron Lopresti, Rodney Buchemi, Bill Sienkiewicz (Cover)
164 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
17,99 Euro
ISBN: 978-3-7416-0701-1