Diverse Jubiläen und besondere Anlässe boten den aktuellen, „regulären“ Spirou-Autoren Fabien Vehlmann und Yoann in den vergangenen Jahren immer wieder Gelegenheit, Kurzgeschichten im Spirou Magazin zu veröffentlichen. Dieser Band aus der Reihe „Spirou + Fantasio Spezial“ sammelt jene Kurzgeschichten nun und zeigt einmal mehr, wie gut die beiden Macher Spirou „können“, indem sie die Figur scheinbar mühelos in diversen altbekannten, wie auch überraschenden Szenarios agieren lassen. Los geht’s mit „Die Geheimnisse der Tiefe“. Hier sind nicht die Tiefen des Meeres gemeint, sondern die des berüchtigten Archivs des Verlagshauses, in dem Fantasio arbeitet und in dem die Zeitschrift „Spirou“ erscheint (bei uns ist das Carlsen, im Original Dupuis). Altgediente Leser kennen das schier unendliche Altlager bereits aus diversen Gaston-Episoden André Franquins. Auf der Suche nach einer alten Ausgabe geht Spirou im Archiv verschollen und trifft dort einen Wärter, der seit Jahrzehnten Wache hält, um einen Ideenklau der „Halunken vom Tintin-Magazin“ zu verhindern. Nicht wenig überrascht ist der alte Herr, als ihm Spirou eröffnet, dass das ehemals wichtigste Konkurrenz-Magazin längst eingestellt wurde (nämlich 1993). Die Story erschien zum 70. Geburtstag des Spirou-Magazins im Jahr 2008 und strotzt vor augenzwinkerndem Humor.
Fünf Jahre später, zum 75., veröffentlichten Vehlmann und Yoann „Für immer Page“. Hier wird u.a. das alte, anachronistische Pagen-Kostüm aus den 30er Jahren thematisiert, in dem Spirou noch immer viele seiner Abenteuer bestreiten muss. Mitten in die Geburtstagsfeier im Verlagshaus (man beachte die Kostüme der Mitarbeiter!) platzen drei Patienten einer psychiatrischen Anstalt – allesamt fanatische Spirou-Fans – die dort ausgebüxt sind. In „Der Ritt durch die Zeit“ erfindet eine Nebenfigur der Serie – Aurelius, der Neffe des Grafen von Rummelsdorf – eine handliche Zeitmaschine, die noch völlig unausgereift unsere beiden Helden durch vergangene Epochen reisen lässt, immer auf der Suche nach einer Lösung zur Rückkehr in die Gegenwart, inklusive Schlussgag. Und wieder ein Jubiläum: In der 4.000 (!) Ausgabe des Spirou Magazins erschien „Die Wirrungen des Schicksals“. Hier treffen wir auf eine verkehrte Welt: u.a. ist Fantasio ein Flic, während Zyklotrop kellnert und der Graf von Rummelsdorf zur Welteroberung ansetzt. Zum Ende des Bandes machen wir mit Spirou noch einen Ausflug in das uramerikanische Superhelden-Genre. Zuerst besucht Spirou einen gewissen Bruce Waynn in Potham, der als „Batguy“ Verbrecher jagt und anschließend probiert er in seiner (Comic-)Welt aus, ob er als „Superpage“ samt modifiziertem Fantaschrauber den maskierten Superhelden spielen kann – mit Eichhörnchen Pips als Sidekick „Redbat“.
Zwei illustrierte Stories in Textform, auch in bewährter Spirou-Tradition eines André Franquin, der mit „Robinson auf Schienen“ einst gemeinsam mit Yvan Delporte eine Geschichte im Albenformat in diesem Format schuf (siehe Band 12 dieser Reihe), ergänzen den Band. Autor Vehlmann kredenzt somit Ausflüge in die eigene Serien-Historie und/oder mit vermeintlichen Nebencharakteren, Episoden mit futuristischem Touch, ganz so wie wir das von der Reihe kennen. Und mit dem Superhelden-Genre wird auch mal was ganz Neues ausprobiert. Auch zeichnerisch gibt sich Yoann keinerlei Blöße, wobei er im Design einmal mehr von Fred Blanchard unterstützt wird. Die Panels und Geschichten stecken voller Details. Wer aufmerksam liest und schaut, kann beispielsweise Bruchmüller samt Demel und Gaston im Hintergrund entdecken. Wie immer beschließen diverse Hintergrundinformationen und Erläuterungen zu den einzelnen Stories den Band und als Bonus gibt’s anschließend noch eine Weihnachts-Kurzgeschichte und das Titelbild aus der Nummer 4.000. Und wer’s immer noch nicht weiß, erfährt nebenbei auch noch, dass Spirou älter als Superman ist. (bw)
Spirou und Fantasio Spezial, Band 24: Die tollsten Abenteuer von Spirou
Text: Fabien Vehlmann
Bilder: Yoann, Fred Blanchard (Designs)
56 Seiten, Softcover
Carlsen Verlag
12 Euro
ISBN: 978-3-551-77624-2