Brenzlig ist sie, die Lage für die Expedition rund um Professor Challenger. Prähistorisches Viehzeug hat man zu Hauf entdeckt auf dem Plateau, das der Journalist Malone treffenderweise White Map nennt, aber nachdem die Vorräte zur Neige gehen und Professor Summerlee mit Challenger und dem treuen Pablo zurückbleibt, sucht der Rest der Truppe nach Vorräten und einem Weg hinunter. Das geht gehörig schief, denn Malone und der Haudegen Roxton fallen einem grimmen Stamm von Menschenaffen in die Klauen, die offenkundig gerne einmal andere menschenänliche Wesen einfangen, diese auf einem Altar opfern und sodann verspeisen. Challenger und seine Freunde staunen einstweilen nicht schlecht, als sie ein Stamm offenbar durchaus hoch entwickelter Indios aufsucht und gestenreich erklärt, man wolle sie zu den beiden Gefangenen bringen. In einem gewagten Angriff gelingt es tatsächlich, Malone zu befreien, aber Roxton bleibt heroisch aus allen Mündungen feuernd zurück, während der Rest der Forscher fliehen kann.
Im Dorf der Indios angekommen, stellt die Expedition höchst Erstaunliches fest: die nur vermeintlich primitiven Ureinwohner verfügen über Bewässerungssysteme, Windmühlen und sonstige Technik, die sie sich kaum selbst angeeignet haben können. Der Häuptling der Accala, so der Name des Stammes, beherrscht sogar einige Worte Portugiesisch, so dass sich das Geheimnis lüftet: vor Jahrhunderten fanden einige Konquistadoren den Weg auf das Plateau, wo sie von den wilden Kreauren attackiert und sodann von den friedlichen Accala aufgenommen wurden. Diese „Invasion“ ihres Lebensraums nahmen die Wesen, halb Mensch, halb Affe, die Summerlee und Challenger alsbald als das „missing link“ identifizieren, doch eher übel und machen seitdem gnadenlos Jagd auf die Accala, die sich auch von späteren Missionierungsversuchen durch Albino-Mönche des Blackfriars-Ordens nicht wieder vertreiben ließen. Mit diesem Erkenntnisgewinn macht man sich daran, endgültig einen Rückweg vom Hochplateau zu finden, nachdem auch Roxton tatsächlich ebenfalls die Flucht gelungen ist. Beim Abstieg muss die Truppe allerdings feststellen, dass die Schlucht durch eine Explosion mutwillig verschüttet wurde – von niemand anders als dem letzten der Mönche, der das gesamte Plateau als Gotteslästerei empfindet und jede Kunde davon verhindern will. Und so scheinen Challenger und seine Kameraden unentrinnbar in der vergessenen Welt gefangen…
Dritte und letzte Runde im Jules-Verne-getränkten Abenteuerreigen nach der Vorlage von Sherlock Holmes-Schöpfer Arthur Conan Doyle. Christophe Bec rollt erneut ein buntes Panorama von Forschergeist, Exotik und Urzeitwesen vor uns aus, das neben den zwischenmenschlichen Konflikten des ersten Bandes nun neben der geradlinigen Dino-Action nicht zuletzt durch zahlreiche Seitenhiebe auf die vermeintlich zivilisierte Welt aufwartet. Während Malone sich endlich vom Gedanken löst, er müsse seiner Verlobten Gladys irgendwie beweisen, dass er ein Held ist, genießt Roxton das freie Leben bei den Indios in vollen Zügen und lässt es sich unter den geschmeidigen Händen der freizügigen Frauen gut gehen. Summerlee und Challenger legen ihre ewigen Rivalitäten bei und stellen fest, dass auf dem Plateau so etwas wie eine originäre Harmonie herrscht, die wohl durch ihr Ankommen (und das Konquistadoren und der Mönche) zerstört wird.
Inhaltlich hält sich Bec dabei weitgehend an die Vorlage, wobei es „seinem“ Challenger nicht gelingt, die wissenschaftliche Gemeinschaft von der Wahrheit seiner Berichte zu überzeugen, weshalb sich die Truppe erneut auf dem Weg Richtung Südamerika macht, um weitere Beweismittel zu sammeln. In der erneut wunderbar eleganten Gestaltung durch Fabrizio Faina und Mauro Salvatori entsteht dennoch die wohlig-nostalgische Atmosphäre eines für Doyle (auch in dessen Holmes-Erzählungen) typischen scheinbar authentischen, wissenschaftlich akribisch recherchierten Berichts, der teilweise in direkten Einträgen in Malones Reisetagebuch entsteht. Die Anklänge an die Evolutionstheorie stehen dabei im geschichtlichen Kontext Doyles, wobei dieses Element in den zahlreichen Verfilmungen des Stoffs oft ausgespart wurde. Insgesamt ein würdiger Abschluss dieses schönen Dreiteilers, dem sich ja vielleicht noch Adaptionen der anderen beiden Challenger-Romane Doyles anschließen. Wir wären erfreut. (hb)
Vergessene Welt, Band 3
Text: Christophe Bec, nach Arthur Conan Doyle
Bilder: Fabrizio Faina, Mauro Salvatori
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-026-3