Black Science, Band 1 (Splitter)

Oktober 25, 2016

Black Science, Band 1 (Splitter)

Manchmal hat man als Physiker einfach nur ordentliches Pech. Da erfindet man eine Maschine, genannt der Pfeiler, mit deren Hilfe man nicht durch die Zeit (das kann ja jeder), sondern durch die Dimensionen reisen kann. Das Projekt stand schon auf der Abschussliste, der Geldgeber Mr. Block war eigentlich schon weg, da gelingt endlich der Durchbruch. Ist doch klar, dass man die Kiste ganz stolz seinen Kindern zeigen möchte, die doch allzu gerne wüssten, warum der Herr Papa die Zeit lieber im Labor als daheim verbringt. Das liegt zwar auch daran, dass Grant McKay da neben seinen Forschungen auch ein ordentliches Techtelmechtel am Laufen hat, aber sei’s drum: man versammelt sich vor dem Gerät, als das Ungemach hereinbricht: völlig unkontrolliert springt die Kiste unerklärlicherweise an und schleudert einen bunten Haufen Versprengter quer durch die Dimensionen.

Neben McKay und seinen verängstigten Kindern Nate und Pia sehen sich auch McKays Geliebte Rebecca, der ex-Soldat Ward und der zwielichtige Kadir als unfreiwillige „Dimensionauten“ von tödlichen Gefahren umringt, immer auf der Suche nach dem Weg zurück. Der wird allerdings dadurch erschwert, dass offenbar ein Saboteur in der Truppe ist, der die Steuerungseinheit des Pfeilers mutwillig zerstört hat, wodurch die Dimensionssprünge immer unkalkulierbarer werden. In sinnverwirrenden Welten, in denen Frösche Fischwesen versklaven und deutsche Soldaten gegen schwer bewaffnete Techno-Indianer in den Schützengräben liegen, kocht vor allem Kadir dabei sein eigenes Süppchen, das rücksichtslos die Rückkehr der Truppe hinter seine eigenen Interessen stellt…

Wie schon in „Low“ liefert Rick Remender in „Black Science“ ein Stück dystopische Science Fiction, das knallende Action mit einer nicht linearen Erzählstruktur verbindet, die immer wieder handfeste Überraschungen bereithält. Der Antiheld McKay gehört der anarchistischen Liga der Wissenschaftler an, die sich nicht aus Idealismus, sondern aus kommerziellen Überlegungen anheuern lässt, um ein Dimensionssprunggerät zu entwickeln – damit könne man sich ja alles, was das Herz begehrt und die Welt braucht, organisieren, seien es dringend benötigte Rohstoffe, Heilmittel oder schlicht Reichtümer. Eigennützig und leichtsinnig bringt er seine Familie in Gefahr – auch wenn sein Gegenspieler Kadir zwar noch ruchloser vorgeht, hat McKay in keinster Weise eine weiße Weste. Die anfänglich verwirrende, teilweise wie ein Alice im Wunderland-Horrortrip wirkende, chaotische Dimensionsreise erklärt sich in Flashbacks, die auch die Beziehungen der Figuren nach und nach ans Licht bringen.

Steht bei der Zeitreise-Rockstar-Story „Chrononauts“ noch das vergnüglich-egoistische Spiel mit den Epochen im Mittelpunkt, geht es hier ums nackte Überleben in feindlichen Umgebungen, um menschliche Ränkespiele und letztendlich um Loyalität – und wie stets bei Remender müssen auch durchaus zentrale Figuren unerwartet ihr Leben lassen. Inszeniert ist dieser rasende Sturz in die Tiefe der Dimensionen von Matteo Scalera (u.a. Batman, Deadpool) in einem durchaus europäisch wirkenden Stil, der in akzentuiertem Strich und flächiger Farbgebung szenenweise an „Low“ erinnert und wirkt, als habe man eine franko-belgische Space Opera einmal durch die blutige Mangel gedreht. Rasant, brutal, verstörend, herausfordernd – so kennen und schätzen wir Rick Remender. In dieser Hardcover-Ausgabe findet sich die Originalserie „Black Science“ 1-6, die bei Image in Einzelheftform ab November 2013 herauskam und als Trade Paperback unter dem Titel „How To Fall Forever“ gebündelt wurde, zusammen mit einer Skizzensammlung und einer Cover-Galerie. (hb)

Black Science, Band 1: Der tiefe Fall
Text: Rick Remender
Bilder: Matteo Scalera, Dean White
176 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
24,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-375-2

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