
Bekanntschaften können ganz schön nervig sein. Das stellt auch Logan wieder fest, als er von der Polizei in Vancouver um Mithilfe bei der Aufklärung einer brutalen Mordserie gebeten wird. Gerade als er den Lumpensohn gestellt hat, taucht nämlich auch Deadpool auf der Szenerie auf, der seinerseits kalauernd hinter dem Unhold her ist, der offenkundig ein Produkt aus der Waffe X-Schmiede ist. Dem flüchtigen Deadpool folgt Wolverine dann nach Irkutsk, wo er feststellt, dass Wade Wilson wohl an einem Experiment teilgenommen hat, das ihn noch stärker gemacht hat – aber auch seinen Geist ordentlich vernebelt.
Der wildgewordene Deadpool-Variant geht frontal auf Wolverine los – was, so die überraschende Wahrheit, ein einziger gigantischer Schaukampf für eine Horde wohlstandsverwahrloster Milliardäre ist, die einen gewissen Delta für dieses Amüsement fürstlich entlohnen. Zur Steigerung des Spielspaßes teleportiert man das Duo in die menschenleere Tundra, wo die Mutanten wochenlang durch die Einöde irren und der zunehmend geschwächte Deadpool seinem widerwilligen Begleiter die Wahrheit eröffnet: Delta habe ihm angeblich die Chance geboten, endlich sterben zu können, aber perfiderweise hat sich lediglich der Krebs und damit Wades Qualen verstärkt. Als Delta seine mehr und mehr gelangweilten Zuschauer mit einem ordentlichen Bossfight bei der Stange zu halten versucht, macht er die Rechnung dann aber doch ohne die beiden Weapon-X-Produkte…
In ihrem quasi-Begleitband zum fulminanten Kino-Ausritt der beiden Protagonisten (von dem nicht wenige denken, dass dies das letzte Glanzstück aus dem MCU gewesen sein dürfte) legen Joe Kelly und Adam Kubert das Augenmerk ganz bewusst auf die inneren Nöte der beiden Hauptfiguren. Vor allem Deadpool, nach außen stets der feixende Clown, hadert mit seinem Schicksal – eigentlich will nur sterben, aber das mag partout nicht klappen, auch als er dem Fiesling Delta auf den Leim geht: „Mein Heilfaktor – gewonnen aus Deinem – ist Segen und Fluch. Verhinderte meinen Krebstod, aber verhinderte auch meinen Krebstod.“
Aber auch Wolverine zeigt sich geplagt von seinem inneren Tier, das er nur mühsam zähmt – ist er Mensch oder Monster, so die zentrale Frage, die von Delta schließlich schlüssig beantwortet wird: „Niemand will einen zivilisierten Wolverine“. Auf das in der Tat epische Ausrasten des Adamantium-Trägers – von Kubert knallig-ganzseitig inszeniert – folgt allerdings wieder ein kluger Schachzug, sodass wir erkennen: Logan hat eben beide Seiten. Wobei wir natürlich das Tier durchaus schätzen. Nicht zu kurz kommen bei all der Gravitas die Späßchen des Söldners mit der großen Klappe: „Dabei gelten Kanadier als vernünftig“, kalauert er in Anlehnung an Filmmastermind Ryan Reynolds, Wolverines genervte Reaktionen kontert er mit einem galanten „Hast Du diesen Musk erwartet?“, und auch die vierte Wand wird fröhlich durchbrochen, als Deadpool uns informiert, wir sollten uns als Leser schon mal ducken, angesichts dessen was uns auf der nächsten Seite erwartet.
Mit vielen optischen Tricks, unter anderem Wechsel von Hoch- auf Querformat und epischer Farbgebung, schwingt sich Adam Kubert (u.a. „Die ultimativen X-Men“, „Wolverine: Origin II“) durchs Gebälk dieser ruppigen, nicht immer logischen, aber immer amüsanten Abfahrt, die als One-Shot alle drei Hefte der US-Miniserie „Deadpool & Wolverine: WWIII“ von 2024 versammelt. Ach ja, und das Szenario einer derartigen Reality-Fernsehshow für Reiche, das kennen wir natürlich aus dem Millionenspiel und auch aus dem „Button Man“. (hb)
Deadpool & Wolverine: WWIII
Text: Joe Kelly
Bilder: Adam Kubert
104 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
13 Euro
ISBN: 978-3-7416-3912-8