Geheimagent Deadpool (Panini)

Juni 19, 2021
Geheimagent Deadpool (Panini Comics)

Manchmal hat man kein Glück, und dann kommt noch Pech dazu: Wade Wilson ist wieder mal klamm und will sich ein paar Kröten dazu verdienen. Da kommt ihm ein Auftrag gerade recht, einen untreuen Ehemann namens Jace Burns um die Ecke zu bringen. Der entpuppt sich allerdings als durchaus wehrhaft, Deadpools Angriff auf ein Casino endet im Flammenmeer, mit seinem Kontrahenten verbrannt neben sich. Damit er die Prämie dennoch kassieren kann, gibt sich Wade flugs als Jace aus – verbrannt ist er ja praktischerweise auch. Schnell stellt sich heraus, dass Mr Burns keineswegs untreuer Ehemann, sondern Geheimagent der so genannten Risk Management Agency war – und Deadpool schlüpft per Maske nur allzu gerne in die Rolle seines Vorgängers. Gedächtnislücken, seltsam angenehmes Verhalten und andere Absonderlichkeiten schiebt man kurzerhand auf die Brandverletzungen.

Beim ersten Auftrag macht Wade gleich unliebsame Bekanntschaft mit einem mächtigen Gegner: als seine Kollegin Christina Goodface zu Stein erstarrt, erkennt Chef Reginald Blank gleich die Handschrift der Verbrecherorganisation Gorgon. Offenbar ist Gorgon hinter dem Wissenschaftler Dipson her, der einen geheimnisvollen Stein namens Protolith entdeckt hat, der das Tor zu einer interdimensionalen Reise auf die Paradox-Ebene öffnet. Das lässt sich doch prima als Waffe nutzen, weshalb Gorgon seinen Killer Polyak auf die Forschungsstation hetzt. Dipson entkommt jedoch als einziger und setzt sich mit dem Zug ab, in dem ihn Deadpool, begleitet von der Büroassistentin Shortbread, stellt. Dumm nur, dass Polyak hinter der Maske von Burns sofort Deadpool erkennt und ihn überwältigt. Im Hauptquartier von Gorgon versucht die Anführerin Medusa X dann nach allen Regeln der Kunst, Wade auf ihre Seite zu ziehen, aber der Söldner mit der großen Klappe hat wie immer seinen ganz eigenen Kopf…

Wade Wilson als Deadpool in: Jace Burns! Jace Burns wird zurückkehren! So wird in dieser wunderbar respektlosen Persiflage unbekümmert der sattsam bekannte Doppel-Null-Agent aufs Korn genommen, wobei insbesondere die erste Inkarnation mit Sean Connery ins Spottvisier gerät. Die Inspiration zur Grundidee – harmloser Tropf wird mit einem Agenten verwechselt und entwickelt zunehmend Gefallen an der Rolle – bezog Autor Christopher Hastings nach eigenem Bekunden aus dem Teenie-Klaumauk „If Looks Could Kill“, der 1991 unter dem vielsagenden Titel „Teen Agent“ auch deutsche Zuschauer langweilen durfte. Aber wenn der zufällige Agent Deadpool ist, dann ist Spaß gratiniert.

Die sonst übliche Genre-Dekonstruktion per Durchbrechen der vierten Wand wird hier ersetzt durch hintersinnige Kommentare auf das Bond-Erfolgsmuster: da gibt es spaßige Namen wie Christina Goodface und Miss Shortbread (Moneypenny, ok?), die Agenten werden von einem „Haustechniker des Unmöglichen“ namens Imp (so viel wie Flaschengeist) ausgestattet, und Deadpools halbwegs zivilisiertes Benehmen gegenüber der Frauenwelt zeigt, welch ein Macho-Schwein der eigentliche Burns doch ist. Dessen permanentes flachestes Kalauern (wenn er jemand den Kopf abschlägt, pflegt er stets ein „verlier nicht den Kopf“ hinterherzuschieben) wird offen beklagt, ist aber nicht wirklich schlechter als die Bond-Bonmots vom Schlage eines „I think he got the point“ (nachdem Bond seinen Gegner per Harpune erledigt).

Aber auch inszenatorisch ist alles ganz im Bond-Hommage-Stil gehalten, vom weißen Smoking über ausgedehnte Skifahrerei (eigentlich eine Domäne der Roger Moore-Ära) und eine Veralberung der berühmten „Gun Barrel“-Bildeinstellung am Anfang jedes Bond-Films bis hin zu einer Seite, die in drei Panels jeweils ikonische Szenen aus „Dr No“ (Ursula Andress entsteigt im weißen Bikini dem Meer), „Goldfinger“ (Gert Fröbe spielt mit Pluderhosen Golf und sagt dabei „Na, Mr Bond?“) und „Thunderball“ (Largo inklusive kleidsamer Augenklappe) zitiert. Und dass als Cover die berühmte Szene nicht fehlen darf, in der Goldfinger den armen Bond mit einem Laserstrahl zerteilen will, versteht sich von selbst (wir denken gerne an den Wortwechsel aus schottischem und deutsch gefärbtem Englisch: „Do you egschpekt me to talk, Mischta Goldfinger?“ „Na, Mr. Bond, I expect ju to die!“). Schmissig, wunderbar und gespickt mit Gags – und irgendwann in der ganzen Eile kann Wade sogar noch seine Chimichangas zu sich nehmen. Besser geht’s nicht. (hb)

Agent Deadpool
Text: Christopher Hastings
Bilder: Salvador Espin
140 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
17 Euro

ISBN: 978-3-7416-2217-5

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