Alles könnte so friedlich sein, Menschen und Tiere könnten – abgesehen von den ständigen Clanstreitigkeiten – in Ruhe neben- und miteinander leben. Wären da nicht die Dämonen, die auf perfide Art das Gleichgewicht stören und heimlich die Gesellschaft infiltrieren und schädigen, indem sie sich in Menschen- oder Tieren einnisten. Dann sind sie nicht mehr zu erkennen und nur schwer zu enttarnen. Dafür braucht es Spezialisten. Wie Fang, eine kleine Füchsin, die es aber faustdick hinter den Ohren hat und die sich als furchtlose Dämonenjägerin ihr Auskommen sichert. Jetzt wird Fang von einer Rehdame gebeten, ihren Sohn zu suchen, der seit Tagen verschwunden ist – vielleicht aufgrund eines Dämons. Fang braucht nicht lange, um den Filius inmitten eines grimmigen Bärenclans aufzuspüren, woraufhin ein epischer und scheinbar ungleicher Kampf beginnt…
Genau, ein Kampf, der einen großen Part des Albums einnimmt, doch greifen wir nicht vor. Zuerst wird Fang eindrucksvoll vorgestellt, in einem ersten kurzen aber rasanten Dämonen-Clash. Als Schauplatz dienst eine Fantasy-Welt, die an das alte China oder das feudale Japan angelehnt ist. Die Besonderheit: Menschen und Tiere in anthropomorpher Gestalt leben in einer Gesellschaft. Was genau es mit den Dämonen auf sich hat und wo sie herkommen bleibt in diesem ersten Band noch unklar. Der konzentriert sich auf die Fuchs-Heldin Fang, die aufgrund ihrer geringen Körpergröße und gängiger Fuchs-Klischees permanent unterschätzt und als Zielscheibe für Spott wird, die dies aber auch geschickt zu ihrem Vorteil zu nutzen weiß. Und hinter der offenbar auch mehr steckt als ihre Erscheinung.
Der Band ist nach dem Incal Spin-Off „Kill Hundeschnauze“ ein weiteres Produkt der US-Dependance des Verlags Les Humanoïdes Associés (wo gerade das Kult-Magazin „Metal Hurlant“ wiederbelebt wird) und folglich auch von einem Amerikaner geschrieben. Autor Joe Kelly hat schon etliche Titel von Marvel und DC verantwortet, wie auch „I Kill Giants“ für Image Comics, das bei uns ebenfalls im Splitter Verlag erschienen ist. Zur Seite hat er hier den kanadischen Zeichner Nico Henrichon, der u.a. die Graphic Novel „Die Löwen von Bagdad“ (dt. bei Panini) in Szene setzte und auch schon für den franko-belgischen Comic-Kultur-Kreis tätig war („Meta Baron“, „Noah“). Die Zeichnungen erscheinen wie handgemacht, sprich ohne Computer und direkt aquarell-artig koloriert mit einem skizzenartigen, leichten aber detaillierten Strich.
Noch einmal zurück zu dem ausführlichen Dämonen-Hauptkampf: Auch nach über 15 Seiten heftiger Klopperei, teils in großformatigen Panels, gelingt Henrichon das Kunststück, die wirkliche Gestalt des Dämonen abstrakt erscheinen zu lassen, mit all den schwabbeligen Tentakeln und einem undefinierbaren Körper. Was die Bedrohung nur noch größer und unheimlicher erscheinen lässt. Ein Einblick in das Skizzenbuch von Nico Henrichon mit diversen Entwürfen rundet den Band ab, der bei den Humanoiden 2021 erschien und für den bisher leider noch kein Nachfolger angekündigt ist. (bw)
Fang, Band 1: Dämonenjägerin
Text: Joe Kelly
Bilder: Nico Henrichon
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro
ISBN: 978-3-96792-290-5