Comic! Jahrbuch 2024 (ICOM)

Oktober 1, 2024
Comic! Jahrbuch 2024 (ICOM)

Kernstück des aktuellen Comic Jahrbuchs, wie stets herausgegeben von der ICOM, dem Interessenverband Comic, Cartoon, Illustration und Trickfilm e.V., ist diesmal ein Fragment, wie es der Autor Stefan Pannor selbst betitelt. Es handelt sich um einen (noch) nicht beendeten Bericht über den Disney Konzern, bzw. dessen Comic-Geschichte, ausgehend von der aktuellen Selbstzensur. Die wurde prominent von der Presse aufgegriffen, nachdem Disney Autor und Zeichner Don Rosa bekannt gab, dass zwei seiner Geschichten aufgrund ihres nun als problematisch eingestuften Inhaltes zukünftig nicht mehr nachgedruckt werden würden. In der Folge schildert Pannor, dass das kein Einzelfall ist – in den Konzern-eigenen Giftschrank, wo sich bereits der Film „Song of the South“ (dt. „Onkel Remus‘ Wunderland“) befindet, sperrt Disney auch alle Comics mit „Brer Rabbit“ (dt. „Hansi Hase“) und alle Strips mit „Little Hiawatha“ (dt. „Klein Adlerauge“).

Anschließend spannt Pannor einen weiten Bogen und nimmt uns mit auf einen Streifzug durch die immer mal wieder problematische Historie des Disney Konzerns und seiner Comics, voller interessanter Details. So erfahren wir, warum das King Features Syndicate einen enormen Einfluss auf die Gestaltung und die Tonart der Micky Tagesstrips hatte. Wie es dazu kam, dass in Italien ab den dreißiger Jahren eigene Disney Comics produziert wurden (und bis heute werden), und wie man das durch die Faschisten auferlegte Publikationsverbot zu umgehen versuchte. Auch die Vorkriegs-Comic-Historie von Disney im deutschsprachigen Raum wird beleuchtet, wie auch das zaghafte Eingreifen von Micky Maus in die Thematik des Zweiten Weltkriegs (während Captain America & Co. bereits regelmäßig Nazis und Japaner versohlten). Hoch interessant auch die Geschichte des Strips um Bucky Bug von Al Taliaferro, der einen kompletten Krieg zum Thema hatte. Bleibt zu hoffen, dass Pannor hier noch die (ursprünglich geplante) Fortsetzung nachlegt.

Weitere Artikel in dem Band: Ein Interview mit Eckart Sackmann über seine Reihe „Deutsche Comicforschung“, die nun seit bereits 20 Jahren erscheint. Und deren unbestimmte, wahrscheinlich düstere Zukunft. Aktuelle Science Fiction Comics aus Deutschland werden vorgestellt, darunter „Der kleine Perry“ (bei Carlsen, gemeint ist natürlich Herr Rhodan) und die „Mark Brandis“-Reihe, die bei Panini erscheint. Lesenswert auch der Bericht über Comicübersetzungen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz – mit Vergleichen zwischen KI- und „handgemachter“ Übersetzung, inklusive Stellungnahmen von bekannten Übersetzerinnen und Übersetzern. Im weiteren Verlauf kommt Nils Oskamp zu Wort, dessen Graphic Novel „Drei Steine“ (auch bei Panini), rechte Gewalt, teils autobiographisch erzählt, zum Inhalt hat. Wieder Stefan Pannor schildert ausführlich die aktuelle Lage im amerikanischen Comicmarkt und auch der Bericht über „Neues Leben für alte Helden“, hauptsächlich am Beispiel des neuen „Gaston“ Bandes, ist lesenswert. Über 200 Seiten Informatives für Comicleser, für den Preis, da kann man einmal mehr nicht meckern. (bw)

Comic! Jahrbuch 2024
von Burkhard Ihme, Matthias Kringe, Stefan Pannor,
Heiner Lünstedt u.a.
216 Seiten in Farbe, Softcover
Interessenverband Comic e.V.
15,25 Euro

ISBN: 978-3-88834-954-6

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