Der II. Weltkrieg in Bildern, Band 3 (Kult Comics)

Februar 22, 2018

Illustrierte Weltgeschichte, neue Facetten: in den abschließenden Bänden seiner bebilderten Version der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs wirft Pierre Dupuis wieder einen schlaglichthaften Blick auf zentrale Motive dieser epochalen Auseinandersetzung. In „Fliegende Festungen“ stehen die monströsen Fluggeräte im Zentrum, die gleichbedeutend mit den notorischen Bombardierungen deutscher Städte werden sollten. Ab 1940 experimentierten die Alliierten mit großdimensionierten, mehrmotorigen Bombern, die auch schwersten Beschädigungen trotzen und somit ihre tödliche Last abliefern konnten. Mit einer Reichweite von über 3.400 km und einer Flughöhe von 10.000 Metern erreichten die amerikanischen Boeing B17 und Liberator ab 1942 ihre Ziele ebenso wie die britischen Stirlings, Halifax und Lancasters. Hitlers Strategie, das Düsenflugzeug ME 262 nicht als Jagdflugzeug einzusetzen, sondern zu einem „Blitzbomber“ umzufunktionieren, erweist sich als folgenschwerer Fehler. Nach umfangreichen Bombardierungen deutscher Industriestandorte, darunter die Kugellagerfabriken in Schweinfurt, reagieren die Alliierten auf deutsche Massaker wie Guernica oder die Zerstörung von Coventry mit ähnlicher Schärfe, und Hamburg und Dresden versinken im Flammenmeer der berüchtigten Bombenteppiche des Generals „Bomber“ Harris…

„Operation Overlord“: 1940 scheint ganz Europa unter dem Stiefel der faschistischen Eroberer, aber ganz langsam wendet sich das Blatt. Rommel verliert die Vormachtstellung in Nordafrika, der deutsche Angriff auf Russland gerät ins Stocken, das belagerte Stalingrad wird zum Schicksal der dort eingekesselten Armee, und die Amerikaner landen erfolgreich in Marokko und Algerien. Auf der Konferenz von Jalta verteilt man schon einmal vorsorglich die Welt, aber noch steht der Sieg der Alliierten keineswegs fest. Den möchte mit der Operation „Overlord“ endgültig herbeiführen, jener Invasion, mit der im Juni 1944 in der Normandie amerikanische und englische Streitkräfte landeten. Trotz enormer Verluste, insbesondere auf Seiten der USA (vor allem der Strandabschnitt „Omaha Beach“ wird zum Massengrab für die GIs) und immer wieder vehement vorgetragenen Gegenoffensiven der Deutschen, bröckelt die Front, so dass ein regelrechtes Wettrennen zwischen den Generälen Stalins und dem Briten Bernard „Monty“ Montgomery darum entbrennt, wer als erstes Berlin erreicht, während in Deutschland die letzten Aufgebote aus Kindersoldaten und „Volkssturm“ gesammelt werden…

„U-Boote“: Die Geleitzüge der Alliierten, die den Nachschub über den Atlantik sicherstellen, finden sich unter zunehmenden Beschuss durch einen unsichtbaren Feind – die deutschen U-Boote lauern überall. Die Schlacht im Atlantik gerät zu einer entscheidenden Auseinandersetzung, in der die „grauen Wölfe“ ihre Beute gnadenlos jagen, aber oft auch selbst Opfer der Wasserbomben werden, so dass stählerne Särge den Meeresboden übersäen. Taktische Fehler und langsame technische Überlegenheit der Alliierten mit modernen Radargeräten und der entschlüsselten Enigma-Maschine besiegeln auch hier das Schicksal der deutschen Truppen…

Die limitierte Vorzugsausgabe

In den letzten drei Bänden seiner epochalen Kriegsgeschichte „La Seconde Guerre Mondiale“, von denen „Forteresses volantes“ im Original 1977 und „Overlord“ und „U-Boote“ erst nach einer längeren Pause 1985 erschienen, wendet sich der Belgier Pierre Dupuis relativ deutlich von der bisherigen Erzählweise ab. Bislang standen die historischen Persönlichkeiten und Großereignisse eher als Panorama im Hintergrund, vor dem fiktive Personen, deren Erlebnisse sich durch ganze Kapitel zogen, die Auswirkungen des Krieges auf die „kleinen Leute“ und einfachen Soldaten zeigen sollten, was Dupuis auch explizit zu seinem narrativen Ziel erklärte. Die hier vorliegenden Bände drängen diesen privaten Blickwinkel nun stark zurück: zwar treten noch repräsentative Charaktere wie der französische Fliegeradjutant André Berger oder auch Hans der Panzerfahrer auf, das Augenmerk liegt aber viel deutlicher auf den großen geschichtlichen Personen und Zusammenhängen, die in auslandenden Kommentartexten und Überblickszeichnungen vermittelt werden – immer stark gefärbt von Dupuis zwiespältiger Haltung zum Kriegsgeschehen. Die Faszination der Fahrzeuge und Geräte schlägt noch stärker durch als in früheren Ausgaben – vor allem die Flugzeuge haben es Dupuis dieses Mal als wahre Wunderwerke der Technik angetan -, während er sich im nächsten Moment, fast als ob er sich bei seiner Begeisterung ertappt fühlen würde, wieder dem Leid der Zivilbevölkerung zuwendet (wobei die Bombardierung Hamburgs breiten Raum einnimmt).

Auch die Beschreibung der Brillanz der deutschen Generäle und des zähen Kampfeswillens der deutschen Einheiten hinterlässt bisweilen einen eher zweifelhaften Beigeschmack – stärker als in allen bisherigen Kapiteln wandert Dupuis auf einem ganz schmalen Grat, den er durch den Fokus auf private, „kleine“ Schicksale bislang erfolgreich meisterte. Auffällig auch, dass diverse Seiten, die wir schon aus anderen Kapiteln kennen, identisch auch hier eingebaut sind – z.B. die letzte Konfrontation zwischen Hans und seinem alten russischen Widersacher, der ihn in den Ruinen von Berlin laufen lässt und feststellt, es sei doch absurd, sich jetzt noch zu töten. In der damaligen Ausgabe des Condor-Verlages fand im Übrigen nur das Album „Fliegende Festungen“ Berücksichtigung, das 1978 hierzulande erschien – die Kapitel zur Invasion und zum U-Boot-Krieg kamen entweder zu spät oder schienen den damaligen Verlagsherren wohl doch zu heikel, so dass diese Bände nun in deutscher Erstveröffentlichung vorliegen und die Reihe komplettieren, die bei Kult-Comics hochwertig eingerichtet als Hardcover und mit äußerst kritischem Vorwort daherkommt. Für Sammler gibt es wie immer eine auf 99 Exemplare limitierte Sonderausgabe, die sogar noch zu haben ist. (hb)

Der II. Weltkrieg in Bildern, Integral 3: Operation Overlord
Text & Bilder: Pierre Dupuis
144 Seiten in Farbe, Hardcover
Kult Comics
29,95 Euro

ISBN: 978-3-946722-04-5

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