Kaum verschluckt man den Samen eines Taschenuniversums, schon ist man tot. Was aber eigentlich unmöglich ist. Dennoch hat unser namenloser Detective eine Leiche vor sich. Die Leiche eines Wesens, das eigentlich unsterblich ist und dennoch ermordet wurde. Ein Wesen, für das es keine Bezeichnung gibt (als Stilmittel ist das Wort in den Sprechblasen stets geschwärzt). Später erfahren wir, dass „Gott“ dem, was da liegt, am nächsten kommt. Und der Detective gehört zu einer Behörde, die seit Jahrhunderten alle Informationen sammelt, die jene seltsame, seltene wie unergründliche Spezies betreffen.
Nun wird unser Mann mit der Aufklärung des höchst brisanten Falls betraut und erfährt dabei, dass vor drei Jahren bereits etwas Ähnliches geschah. Und noch mysteriöser wird das Ganze, als unvermittelt und scheinbar aus dem Nichts Holden Humphries auftaucht, der Kollege, der eben damals den ersten „Götter“-Mord untersuchte und der danach spurlos verschwand. Und der jetzt in wirren Worten unseren Detective bekniet, die Ermittlungen einzustellen. Doch der denkt nicht daran…
Wenn sich Jeff Lemire, einer der gegenwärtig angesagtesten Comic-Autoren (u.a. Black Hammer, Ascender/Descender, Gideon Falls, sowie diverse DC-Titel) und Matt Kindt (dessen Mind MGMT verstörend faszinierend ist) zusammentun, muss schon beinahe zwangsläufig etwas fantastisch Phantastisches herauskommen. Das Ergebnis ist „Cosmic Detective“, eine Miniserie, die ursprünglich bei Image Comics erschien und die nun bei Skinless Crow in einem Sammelband komplett vorliegt. Und in der die Hauptperson in einem mehr als ungewöhnlichen Fall ermitteln muss und dies auch hartnäckig tut.
Es dauert eine Weile, sich in die Story einzulesen. Zu fremd und mysteriös erscheint einem das Geschehen, bis man von der Handlung in etwa ins inhaltliche und optische Bild gesetzt wird. Die Zutaten und Zitate, die den Look des Bandes ausmachen, die Dekors, das Design der Story, sind dabei erkennbar und gerne genommen: Von der futuristischen Noir Atmosphäre aus Blade Runner, dem Prototyp eines einsamen, sturen Hardbolied-Ermittlers, dem immer wieder übel mitgespielt wird, Edward Hoppers berühmtes Gemälde bis zu Vorbildern wie die beiden kultigen Regie-Davids (Lynch und Cronenberg – das verraten uns spätestens die Skizzen und Entwürfe im Anhang). Und all das setzt der Spanier David Rubín in kräftigen, markanten Zeichnungen in Szene.
Dazu gesellen sich skurrile Einfälle, wie der Universumssamen als Waffe, die stylishe Verfolgungsjagd mittels einer BMW Isetta (!), diverse Techno-Gimmicks, oder die seltsamen geheimen Zugänge zu den Räumen der nicht minder seltsamen Behörde, für die der Detective ermittelt – hier lässt 007 grüßen. Auch die plötzliche Begegnung mit Holden irritiert zuerst – der ist designt wie eine Mischung aus Mumie, Invisible Man und Frosch mit der Maske. Und die Stadt, in der Teile des Geschehens spielen (natürlich meist nachts), erschient meist menschenleer.
Dem streng gegenüber steht die heile, schon beinahe unwirkliche Familienwelt, in die der Detective nach getaner Arbeit zurückkehrt, perfekt, mit liebender Frau und Kinder. Je weiter der Detective den Hinweisen und Indizien rund um den Mord folgt, je verrückter wird dann die Story, die sich später völlig wandelt zu einem irren psychedelischen, knallbunten Trip ins Abstrakte und Futuristische – und spätestens dann wird klar, warum der Band dem großen Jack Kirby gewidmet ist – aber vorgreifen oder spoilern verbietet sich hier, das sollte man schon selbst lesen, sehen und erleben… (bw)
Cosmic Detective
Text & Story: Jeff Lemire, Matt Kindt
Bilder: David Rubin
192 Seiten in Farbe, Hardcover
Skinless Crow
39,50 Euro
ISBN: 978-3-03963-019-6