Rothaar steht vor einem Neuanfang: die Gefährten, allen voran ihr Mentor Kiley, sind im letzten Gefecht gefallen. So lenkt Rothaar ihre Schritte gen Heimat Krill, was allerdings durch eine ruppige Begegnung jäh unterbrochen wird. Ein Zwillingspaar von Samurai-Kriegern stellt sich ihr in den Weg und fordern sie zum Kampf heraus, bei dem Rothaar dank der raffinierten Techniken der beiden Herren gar nicht gut aussieht. Die beiden Herrschaften stellen sich mit den klingenden Namen Zodiac und Caidoz vor und eröffnen der Holden, dass sie auf der Suche nach dem „Meer aus Gold“ sind, das der Legende nach nur von drei Kriegern auf dem sagenumwobenen Nebelberg entdeckt werden kann. Nachdem dieses Trio die Farben Schwarz, Weiß und Rot aufweisen muss, scheint unser Lockenkopf, der sich fortan Akai Kami nennen lassen darf, bestens geeignet.
Auf der Wanderschaft eignet sich Rothaar zunehmend die Kampftechniken ihrer Begleiter an, bis man auf einer eisigen Anhöhe Bekanntschaft mit einem Shrimmer macht, den ein Shogun erlegen möchte. Unsere Truppe bleibt siegreich und sichert sich so die Gunst des gewaltigen Tieres. Nach der erfolgreichen Vereitelung eines Angriffs durch Sasquatche steigen die drei Abenteurer am Nebelberg immer höher und stellen fest, dass man beim Aufstieg vom Winter über den Frühling bis zum Sommer alle Jahreszeiten durchlebt, bis auf der Spitze des Berges die zwei monumentalen „Rauchenden Türme“ aufragen. Mit Schutzanzügen ausgerüstet, dringen die drei in die Ruine vor, entdecken tatsächlich das Meer aus Gold, aber auch dessen furchterregende Beschützer…
Gezeitenwechsel bei Rothaar: nach „Die Riesen des zerborstenen Riffs“ war für Leichtathletik-Cheftrainer Romano Molenaar klar, dass ein neuer Handlungszyklus um die spätere Gefährtin von Storm her musste. Rob von Bavel übergab den Storybogen an Robbert Damen, seines Zeichens Schöpfer der Mystery-Reihe „Guardian“, der drei Ideen entwickelte, die sich jeweils um die „Tiefe Welt“ drehen mussten. Das Konzept der Zwillinge, die auf die japanische Tradition der Samurais verweisen, traf ins Schwarze und ging in die Umsetzung. Dabei schöpft Damen nicht zuletzt tief aus der Energielehre: nicht umsonst tragen die Zwillinge das Zeichen von Yin und Yang auf der Brust, also der beiden gegensätzlichen, aber sich ergänzenden Prinzipien aus der chinesischen Philosophie, die gerne auch als die Kombination von männlich/weiblich, aktiv/passiv oder bewegt/ruhig ausgelegt wird, die sich nur in der Zusammenschau voll entfalten kann.
So sind die beiden Kämpfer zwei Seiten des gleichen Prinzips, was in den sprechenden Namen (hinter Zodiac verbergen sich die Tierkreiszeichen, was im Namen Caidoz dann einfach umgekehrt wird) zum Ausdruck kommt. Die Verteilung in Schwarz und Weiß kennen wir übrigens auch aus der Star Trek-Episode „Let That Be Your Last Battlefield“, in der Bele hinter Lokai herjagt, was ganz sicherlich nicht zu den Highlights der Serie gehört. Nicht fehlen dürfen auch wieder die typischen anachronistischen Elemente, in der die längst untergegangen Hochtechnologie hervorlugt – dieses Mal in Form der unverkennbaren Ruine eines alten Atomkraftwerks, in dessen Strahlung der Honig der Kolibees zu einer wundersam heilenden Masse mutiert ist.
Dass Rothaar in allerlei wunderlichen Posen zu sehen ist, versteht sich bei Personal Fitness Coach Romano Molenaar von selbst, aber auch die gewaltigen Landschaftsszenen haben es durchaus in sich. Im Anhang können wir dann noch studieren, wie die von Damen für sein Szenario bereits angefertigten Skizzen von Molenaar aufgegriffen und verarbeitet werden. Mit dem Shrimmer, einer Art urweltlichem Hirsch, konzipiert Damen darüber hinaus eine beeindruckende weitere Zentralfigur, die dem Vernehmen nach im kommenden Abenteuer „Der Parasit von Danakil“ eine zentrale Rolle spielen soll. Wir sind gespannt. Und ach ja: Akai Kami heißt auf Japanisch so viel wie rotes Haar. Und das ist gar nicht lost in translation. (hb)
Storm: Die Chroniken von Rothaar, Band 6: Das Jahr der Zwillinge
Text: Robbert Damen
Bilder: Romano Molenaar
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro
ISBN: 978-3-96219-454-3