Storm: Die Chroniken von Rothaar, Band 1 (Splitter)

Februar 10, 2016

Storm: Die Chroniken von Rothaar, Band 1 (Splitter)

Tiefe Welt, lange bevor ein gewisser Storm ins Geschehen eingreift: die Männer von Krill retten ein kleines Kind vor den Truppen des Kapitän Volda, der es für einen mysteriösen Eroberer rauben soll. Jahre später: die aufmüpfige, passenderweise Rothaar genannte junge Dame mag sich so gar nicht mit der ihr zugedachten Rolle abfinden. Ihre Zieheltern Kiley und Elgara mühen sich redlich, aber kurz vor ihrem neunzehnten Geburtstag will sich die wilde Schönheit als Kämpfer beweisen, wie es sich eigentlich nur für die männlichen Sprösslinge des Dorfs ziemt. Aber sie bekommt allzubald Gelegenheit, ihren Mut zu erproben, denn plötzlich überfällt ein wilder Trupp die Krill, metzelt die meisten von ihnen – darunter auch Elgara – nieder und verschleppt alle Jugendlichen (unter anderem auch Rothaars Schwester Perla) und die restlichen wenigen Überlebenden nach Rhagus.

In dieser in einem Felskessel gelegenen Stadt regieren der Wesir und der Kriegsherr Gordar, und diese beiden erklären den entsetzten Entführungsopfern, was hinter der Angelegenheit steckt: als der Eroberer einst die Stadt Rhagus unterjochte, gelang es dem damaligen König noch, seine einzige Tochter wegschaffen zu lassen, die bis heute verschwunden bleibt. Als sich der Eroberer zusammen mit dem Wesir an geheimnisvollen Maschinen zu schaffen machte, die sie tief unter der Erde entdeckten, starb er eines gewaltsamen Todes und rief gleichzeitig Gordar aus einer anderen Dimension herbei, der sogleich die Herrschaft an sich riss. Nachdem aber eine alte Prophezeiung besagt, dass der König von Rhagus vom Sprössling des ermordeten alten Königs zu Fall gebracht wird, sendet Gordar immer neue Überfallkommandos in die umliegenden Dörfer, um diesen Nachfahren ausfindig zu machen. In Rothaar scheint er endlich fündig geworden zu sein, denn die streitbare Holde macht nicht nur einem fürchterlichen Monster den Garaus, das den wahren Erben von Rhagus erkennen kann, sondern lässt sich auch von Kerkermauern nicht aufhalten…

Die Planungen für ein weiteres Spin Off der phänomenal erfolgreichen Storm-Serie sahen eigentlich nicht vor, dass Haus- und Hof-Zeichner Romano Molenaar, der neben Storm ja auch noch einen Job bei DC hatte (und nicht nur durch sein Metal-Crossover ‚The Unforgiving‘ ein Begriff ist), auch noch diesen Ableger inszenieren sollte. Aber nachdem man sich drei Kandidaten angeschaut hatte, warf Molenaar bei DC das Handtuch, womit der Alleinunterhalter nun überraschend noch Termine frei hatte und die Sache doch in Angriff nehmen konnte. Die Wahl des Autors fiel dabei mit Roy Thomas auf einen wahren Szene-Veteranen (Jahrgang 1940), der neben seinen legendären Beiträgen zu X-Men, Spiderman und den Rächern (für die er unter anderem den mittlerweile landauf, landab bekannten Ultron erfand), die er als rechte Hand von Stan Lee lieferte, mit seinen nicht minder formativen Arbeiten für Conan und Red Sonja geradezu prädestiniert schien, um die Abenteuer des Rotschopfs aus einer Zeit zu ersinnen, bevor sie erstmals auf Storm trifft. Mit Kiley stellt ihr Thomas dabei einen Charakter der allerersten Storm-Stunde zur Seite, der nicht nur die erste Zeichnung zierte, die Erfinder Don Lawrence überhaupt für die Serie anfertigte, sondern auch im ersten Band auftritt.

Junge Heldin, neuer Zeichenstil

Junge Heldin, neuer Zeichenstil

Insgesamt changiert Thomas zwischen Motiven aus Conan (der Überfall auf das Dorf und die folgende Sklavenkarawane der Kinder scheint direkt aus dem ersten Filmabenteuer des Cimmeriers entlehnt) und den für Storm typischen Science Fiction-Elementen: die lange verlassenen Maschinen unter der Stadt, die auch den Geist manipulieren können, erinnern den fleißigen SF-Kenner natürlich an Alarm im Weltall, wo sich der Herrscher des verbotenen Planeten Dr. Morbius die uralten technologischen Errungenschaften der Krell (!) zunutze machen will. Gleichzeitig gibt es natürlich genügend exotisches Kroppzeug, monströse Viecher (gerne als Mischung aus Oktopus und Krebs, getreu der Herkunft des Tiefen Landes als einstigem Meeresboden) und ordentliche Kampfszenen, bei denen Molenaar sein Talent unter Beweis stellen kann, dynamische, schmissige Bildfolgen zu kreieren, während dank der Figur (sic) von Rothaar auch die holde Weiblichkeit nicht zu kurz kommt.

So entsteht ein bunter, actionreicher Reigen, der sich nahtlos in die Storm-Mythologie fügt. Zu allem Überfluss ist das Ganze noch mit einem wahrlich überraschenden Story-Twist versehen, was unterstreicht, dass Thomas nicht gerade ein Neuling im Fach der spannenden Comic-Erzählung ist. Die vorliegende Ausgabe erblickte 2014 das Licht der Welt im Magazin Eppo Stripblad und erscheint bei Splitter im Rahmen der Gesamtausgabe von Storm schön eingerichtet mit einem ausführlichen Anhang mit Hintergrundinformationen und Skizzen. Nachdem die erste, in sich abgeschlossene Folge einiges an Erfolg verbuchen konnte, nahm man Band 2 flugs in Angriff, der unter dem Titel ‚Der fünfte Turm‘ im August auch bei uns erhältlich sein wird. (hb)

Zusatz-Senf des Co-Schreibers: Beim ersten Blick auf das neue Storm Spin-Off musste ich gleich zweimal schlucken. Zum einen, weil mit Roy Thomas ein absoluter Routinier mit an Bord ist (der rothaarige Heldinnen offenbar gerne inszeniert) und zum anderen – was schwerer wiegt – weil der Zeichenstil erstmals die Lawrence’schen Pfade verlässt. Und das gleich komplett. Zwar ist mit Romano Molenaar (der seit seinen Chaos!-Tagen – Stichwort Fiend Fest – einen Stein bei mir im Brett hat) ein Zeichner der Hauptserie mit an Bord, der hier aber den traditionellen US-Stil wählt: Vorzeichnungen, Tusche, Farbe. Dadurch geht ein wenig der charakteristischen Magie der Storm-Serie(n) verloren, die sich durch aufwendig gemalte Panels auszeichnet (siehe auch Lawrence‘ Trigan, das gerade bei Panini erscheint). Einen Stil, den Molenaar auch mit Co-Zeichner Jorg de Vos seit sechs Bänden in der Hauptserie pflegt und der auch im leider nur kurzen Spin-Off ‚Die Chroniken des Außenrings‘ (Zeichner Minck Oosterveer verstarb zu früh) zu sehen ist.

Inhaltlich sind die Storm-typischen Zutaten, wie oben beschrieben, natürlich vorhanden. Was auch kein Problem für den erfahrenen Roy Thomas sein sollte. Es ist auch eine Reise, weg von Pandarve und dessen kuriosen Naturgesetzen, zurück in die Tiefe Welt, in der die ersten Storm-Alben spielen. Bodenständig, im wahrsten Sinne des Wortes. Und der gelungene Story-Twist macht jetzt schon Laune auf den Nachfolger. Nachdem man sich an die Zeichnungen bzw. den Zeichenstil gewöhnt hat. (bw)

Storm: Die Chroniken von Rothaar, Band 1: Die Legende von Krill
Text: Roy Thomas
Bilder: Romano Molenaar
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-203-8

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