„Kaimane im Reisfeld“: Bangkok, Thailand. Die Touristin Gina Loudéac wird Zeugin einer tödlichen Schießerei. Das Opfer kann ihr kurz vor seinem Tod anvertrauen, dass nicht weniger als das Schicksal der Welt auf dem Spiel steht und sie daher Bruno Brazil kontaktieren muss. Der weilt zufälligerweise ebenfalls in Bangkok und kann bald eine Verbindung zu Colonel Akashitos Schatz herstellen, einer „Superkamikaze“ Rakete als Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg, die noch immer zu existieren scheint und die die gesamte Welt bedrohen kann, so sie in falsche Hände fällt. Und genau das muss Bruno Brazil gemeinsam mit seinen Kaimanen verhindern! „Sturm über den Aleuten“: Nach dem Drama in Thailand hat Bruno Brazil eine Familie gegründet. Sein Boss unterstellt ihm und seiner Truppe Trägheit und Nachlässigkeit und spricht ihr Effektivität ab. Daher soll sie sich bei einem vermeintlich „kleinen“ Auftrag neu bewähren. Auf den Aleuten treibt eine Bande von Menschenschmugglern ihr Unwesen – ihr gilt es das Handwerk zu legen. Gemeinsam mit dem „Neuen“, dem jungen Tony Nomade, machen sich Bruno Brazil und die Kaimane auf in die entlegene, unwirtliche Gegend und müssen bald feststellen, dass das Schleppergeschäft nur eine Fassade für eine viel größere verbrecherische Unmenschlichkeit ist. Von wegen „kleiner“ Auftrag…
Band 7 und 8, die im All Verlag nun erschienen sind, läuten bereits die Spätphase der Serie bzw. des Kommando Kaimans ein, die im kommenden Band 9 bekannterweise ein trauriges Ende finden wird (danach folgen noch zwei Alben mit Kurzgeschichten). Hinter dem Autoren-Pseudonym Louis Albert verbirgt sich Michel Régnier (Louis Albert sind seine beiden „mittleren“ Namen), der als Greg u.a. mit „Comanche“, „Andy Morgan“ und „Luc Orient“ Comic- und Zack-Geschichte schrieb. Wie so viele der klassischen Zack-Helden durchlief auch „Bruno Brazil“ im Laufe der Jahre und Jahrzehnte diverse Verlage. Zuletzt erschien die Reihe im Rahmen einer dreibändigen und längst vergriffen Gesamtausgabe bei Egmont in den Jahren 2013 und 2014. Als „Kaimane im Reisfeld“ 1973 in Tintin erstveröffentlicht wurde, war Greg gleichzeitig auch Chefredakteur des Magazins und verordnete ihm eine Frischzellenkur und gleichzeitig eine etwas erwachsenere Zielgruppe. Was sich in Bruno Brazil widerspiegelt, wo die Unholde regelmäßig ihr finales Fett abbekommen. Und nicht nur. Erst ein Mitglied der Kaimane – ein beliebtes dazu – sterben zu lassen und später dann große Teile des Teams zu eliminieren, das war ein Novum und selbst für die Leser damals eine schwer zu schluckende Pille, was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann.
Die beiden Alben unterscheiden sich nicht nur in ihren Schauplätzen. „Kaimane im Reisfeld“ geht neben der Raketen-Story auch ins Persönliche und erzählt eine Liebesgeschichte des Helden mit „Miss Tourist“ Gina. Am Ende, so erfährt man, steht sogar die Gründung einer Familie. Wird Brazil jetzt etwa bodenständig? Diese Frage greift Band 8 auf, der mit Tony Nomade einen neuen Mitstreiter vorstellt, der sich nach einem ersten Zwist mit dem aufbrausenden Goucho Morales schon bald bewähren wird. Insgesamt erscheint „Sturm über den Aleuten“ stimmiger (wobei die Vorstellung eines Nachtclubs samt Klavierspieler und Bardame auf einer kargen Aleuten-Insel reichlich kurios ist), während die Thailand-Episode sehr auf Zufälle baut und holpriger zu lesen ist. Mit „Bruno Brazil“ konnte sich der Belgier William Vance weiter etablieren (er zeichnete parallel auch „Bob Morane“). In den Panels spiegeln sich auch die Siebziger Jahre wider, die Zeit des Erscheinens der Geschichten. Brachiale Action in Schlaghosen, die Haarhelme mancher Charaktere und die Frisuren der Frauen (wie immer von Vance attraktiv in Szene gesetzt) lassen heute eine nostalgische Atmosphäre entstehen. Und trotz der Tragik und Action bieten die Storys immer wieder Witz, Humor und eine gewisse Nonchalance, was sich in trockenen Sprüchen der einzelnen Kaimane äußert.
Die Zeichnungen, die nicht nur die Action gekonnt inszenieren, beeindrucken – ganz typisch für Vance – auch mit Panoramen, die in dem großen Album-Format schön zur Geltung kommen, sei es das bunte Markttreiben auf dem Wasser in Bangkok, die Action in den Reisfeldern oder dann im Gegensatz dazu die karge, vom Wetter geprägte Landschaft der Aleuten (schon das Cover von Band 8 punktet hier mit seiner atmosphärischen Dichte). Vance sollte später in „XIII“, seiner berühmtesten Serie, noch filigraner zeichnen, stellt aber auch hier schon längst seinen unnachahmlichen Stil unter Beweis. Die beiden Alben sind wie gewohnt mit viel Zusatzmaterial bestückt. Band 7 befasst sich mit Gregs Zeit als Chefredakteur von Tintin, während Band 8 den ersten Teil seiner Biographie enthält. Neben zahlreichen zeitgenössischen Abbildungen wird auch die Serien-Historie im Deutschen Zack nicht vergessen (immerhin wird die Reihe, wie auch „Luc Orient“, als Zack Klassiker beworben). Wie immer bietet der All Verlag wieder für Sammler und Fans eine Vorzugsausgabe, die auf nur 111 Exemplare limitiert ist und mit Schutzumschlag und nummeriertem Exlibris daherkommt. Und die sogar noch erhältlich ist. Fazit, kurz und knapp: eine mehr als würdige Neuveröffentlichung! (bw)
Bruno Brazil, Band 7: Kaimane im Reisfeld
Bruno Brazil, Band 8: Sturm über den Aleuten
Text: Louis Albert
Bilder: William Vance
je 64 Seiten in Farbe, Hardcover
All Verlag
je 15,80 Euro
ISBN: 978-3-96804-008-0 (Band 7)
ISBN: 978-3-96804-010-3 (Band 8)