Nach dem Massaker, das er auf der Briggs-Ranch verübt hat, wird Duke überraschend schnell von Marshal Sharp und dessen Männern gestellt. Doch als Duke frühmorgens erwacht, sind die alle tot, eiskalt ermordet von dem geheimnisvollen Fremden (dem wir am Ende von Band 3 bereits begegnet sind). Am vereinbarten Treffpunkt warten Dukes Bruder Clem und Swift zusammen mit den wieder beschafften 100.000 Dollar. Die beiden Brüder (Clem gehörte zu der Bande, die die Kutsche überfiel) geraten in einen Streit, der beinahe fatal endet. Derweil wird Peg, der (ex-) Freundin Dukes, übel mitgespielt. Sie wird von zwei Halunken entführt und in einem Sarg weggebracht. Sinn und Zweck der Aktion sind noch unklar. Als Clem gemeinsam mit den 100.000 Dollar einer Gruppe Soldaten begegnet, die gerade im Begriff sind zu desertieren, kommt es in einem verlassenen Indianer Pueblo zum Showdown, in dem einmal mehr der Fremde eine entscheidende und Unheil bringende Rolle spielt…
Der neue Band von Hermanns Westernserie schließt inhaltlich direkt an den Vorgänger an. Indem Duke seinen Rachegelüsten freien Lauf ließ – die Briggs-Bande ermordete die Frau seines Bruders Clem – wechselt er selbst auf die andere Seite des Gesetzes. Dennoch will er seinen Auftrag beenden und die 100.000 Dollar, die er bewachen soll, vertragsgemäß abliefern. Wieder kommt ihm dabei sein Bruder Clem in die Quere und Duke muss sich erneut entscheiden, ob Blut wirklich dicker als Wasser ist. Parallel zu diesem dauerhaft schwelenden (Gewissens-) Konflikt muss Peg, die aus dem Freudenhaus geflohen ist, nicht nur die Enge in dem Sarg ertragen, sondern auch ihre beiden Peiniger, denen egal scheint, ob sie am Leben bleibt oder nicht. Bald wird klar, welchen Zweck die Entführung Pegs dient, was direkt – wie schon in Band 3 angedeutet – mit dem großen Unbekannten zusammenhängt, der sich immer in Dukes Nähe aufzuhalten scheint.
Auch auf den Nebenschauplätzen tut sich einiges: Mullins‘ Goldader, die Quelle seines Reichtums, scheint schneller als gedacht zu versiegen und die farbigen Soldaten, die sich schlecht bezahlt fühlen, meutern angesichts der verlockenden Beute von 100.000 Dollar, die Clem mit sich herumträgt – ein Teil der Story, der hier etwas konstruiert daher kommt. Und schließlich erscheint ein neuer Big Player auf der Bildfläche, der augenscheinlich die Fäden zieht – aber dazu im nächsten Band sicher mehr. Auch hier wird Duke, die Titelfigur, als nun gefallener, innerlich zerrissener Anti-Held gezeigt. Als einer, der ständig zwischen Gewissen, Recht und Rache entscheiden muss und der seine gewählten Ziele starrköpfig verfolgt. Ein Mann muss eben tun, was ein Mann tun muss. Duke ist wahrlich kein Strahlemann, vielmehr desillusioniert und von der Tragik des Lebens gezeichnet (in einem Rückblick erfahren wir von dem Schicksal seiner Eltern). Und auch in diesem Band – so viel sei verraten – wird er nicht verschont.
Autor Yves H. – Hermanns Sohn – baut in seiner Story beständig neue Hindernisse für Duke ein und lässt ihn immer wieder von seiner Vergangenheit und seiner Familiengeschichte einholen, wodurch ihm keine Ruhe gegönnt ist. In seinen direkt kolorierten Zeichnungen setzt der immer noch äußerst produktive Altmeister Hermann Huppen (er wird im Juli immerhin 82!) wieder ganz auf atmosphärische Dichte: Ob stille Nachtsequenzen mit Lagerfeuer, tobende Unwetter oder die meisterhaft inszenierten frühmorgendlichen Nebelschwaden, die durch die Wälder wabern, als ein verdutzter Duke das Massaker an Marshal Sharp und seinen Leuten entdeckt. Im Kontrast dazu kräftig kolorierte, schroffe und mächtige Felslandschaften in Panoramen, oft durchsetzt mit dem satten Grün von Bäumen oder dem tiefen Blau des Himmels. Sattsehen fällt hier reichlich schwer, ständig bleibt man an einzelnen Panels oder Sequenzen hängen. Band 5 ist bereits in Arbeit. (bw)
Duke, Band 4: Von Gott verlassen
Text: Yves H.
Bilder: Hermann
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Erko Verlag
14,95 Euro
ISBN: 978-961-7081-16-9