Descender, Band 5 (Splitter)

Juni 25, 2018

Immer weiter eskaliert die Situation, zur Freude der Leser: Auf dem Wasserplaneten Mata, wo sich Dr. Solomon, der wahre Schöpfer der Tim-Roboterreihe, aufhalten soll, entsorgt Tim-22 (die böse Variante) Telsa im Meer und muss sich nun nur noch mit Dr. Quon auseinandersetzen – mit durchaus überraschendem Ausgang. Derweil erwartet man auf dem Maschinenmond, dem Hauptquartier des Robot-Widerstands, die Ankunft von Andy, dem „Bruder“ von Tim-21 (die gute Variante). Auch hier gibt es, gerade als Roboter-Chef Psius seine Armee auf das Schrotter-Schiff mit Andy, Effie und Blugger hetzt, für beide Seiten eine weitere faustdicke Überraschung: denn just als es für Andy brenzlig wird und man die Chance zur Flucht verpasst, taucht General Nagoki, der Vater von Telsa, mit seiner Flotte des UGC, des United Galactic Councils, auf. Sehr zur Freude von Psius, der einen perfiden Plan verfolgt, der wie am Schnürchen zu laufen scheint. Derweil hat sich auf dem Planetoiden Woch unser Freund Bohrer („Bohrer sein Killer“, schon fast ein Spruch mit Klassiker-Status) mit dem alten Mizerd angefreundet und muss sich mit Magie, Kroppzeug wie Kobolden und  Vampiren sowie latenter Einrostgefahr herumschlagen…

Jeff Lemire (Black Hammer) gönnt seinen Serien-Figuren keine Atempausen und geht weiter in die Vollen, wobei er nicht davor scheut, auch immer wieder mal eine der Hauptpersonen aus dem Spiel zu nehmen (freilich nie komplett – bisher zumindest). So scheint Telsa in der Tiefe des Meeres zu versinken und zu ertrinken, dann erwischt es Dr. Quon und auch Tim-22 bekommt schließlich sein wohlverdientes Fett weg. Parallel dazu wird der Maschinenmond zum Schauplatz einer epischen Weltraumschlacht, die für eine Kriegspartei verheerende Folgen nach sich ziehen wird. Und schließlich eröffnet Lemire mit dem weiteren Werdegang von Bohrer einen neuen Story-Faden, an dessen Ende auch wieder ein alter Bekannter stehen wird. Vorher ist Bohrers Reise auf Woch auch optisch ein angenehmer Gegenpart zur gewohnt unterkühlten Weltraum-Atmosphäre der Hauptgeschichte: Bohrer und Mizerd kämpfen sich durch üppige Vegetation, durch Sümpfe und durch Feinde, ober- und unterirdisch – und ein Hauch von Magie hält Einzug in die Handlung.

Auch das Ur-Motiv wird nicht vernachlässigt oder vergessen. Schließlich soll Tim-21 mit dem gleichen Maschinencode wie die Harvester ausgestattet sein, jene Riesenroboter, die vor Jahren aus dem Nichts aufgetaucht sind und die Welten des UGC verwüsteten, was schließlich zu einem allgemeinen Hass gegenüber Robotern jeglicher Art führte und in den sogenannten Robocaust mündete – die unbarmherzige Jagd auf alle Roboter. Psius, der mit seinen Getreuen auf den Maschinenmond, die versteckte Basis auf einem Asteroiden, flüchtete, holt nun zum großen Gegenschlag aus. Seine neue Roboterarmee rächt sich nun an den einstigen Häschern, den Menschen. Doch auch die wappnen sich, bauen ihrerseits Riesenroboter, um einem eventuellen neuen Angriff der Harvester standhalten zu können. Und im Auge dieses gigantischen Story-Sturms befindet sich der kleine Tim-21, der friedfertig und gutmütig ist und der eigentlich nur seinen (inzwischen erwachsenen) Freund Andy wiedersehen will. Und den alle jagen, wenn auch aus verschiedenen Gründen.

Lemire verliert bei all diesen Konflikten und Handlungssträngen nicht die Geschichte aus den Augen. Die steuert langsam auf ihren Höhepunkt zu (mit dem kommenden Band ist Schluss), in dem das Geheimnis um die Harvester und deren Herkunft wohl gelüftet werden wird. Die minimalistische, einmalige Optik, die durch den reduzierten Zeichenstil Dustin Nguyens entsteht, prägt weiterhin die Reihe und verleiht ihr einen hohen Wiedererkennungswert: Jedes Panel lässt die Pinselstriche und die Papierstruktur erkennen und gibt damit Einblick in seine Entstehung. Echte Handwerkskunst eben. Wie wird die Geschichte um Tim-21 und seine Gefährten wohl enden? Der abschließende Band 6 erscheint erst im Februar nächsten Jahres. Bis dahin müssen wir uns noch gedulden. (bw)

Descender, Band 5: Aufstand der Roboter
Text: Jeff Lemire
Bilder: Dustin Nguyen
120 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-96219-115-3

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