Spirou-Leser kennen ihn bestens und das schon seit Jahrzehnten: Zyklotrop (im französischen Original etwas kürzer „Zorglub“ genannt), die Karikatur des Mad Scientists, des verrückten Wissenschaftlers, seines Zeichens Erzfeind und seit seinem ersten Auftreten 1959 (natürlich als Schöpfung und aus der Feder André Franquins) gern gesehener Gegenspieler von Spirou und Fantasio. Einer, der nicht müde wird zu scheitern und der hinsichtlich seiner „Produkte“ eine eingängige Corporate Identity pflegt (Zyklostrahl, Zyklobots, Zyklomobil usw.). Jetzt bekommt der dusselige Schurke sein eigenes Album spendiert, das den Auftakt diverser Spin-Offs aus dem Spirou-Universum bildet, welche unter dem Titel „Spirou präsentiert“ zusammengefasst werden.
In dem Band plagen den „hochgradig größenwahnsinnigen Soziopathen“ (so nennt ihn sein Robot-Butler) ganz private Probleme. Denn seine Tochter Zandra, inzwischen 16, wird flügge und hat ihren eigenen Kopf. Sehr zum Leidwesen ihres alten Herrn. Der, ganz der Helikopter-Vater, verfolgt seine Filia mit Hilfe seiner futuristischen Technologie auf Schritt und Tritt und scheut auch nicht davor, sie aus den Armen ihres potentiellen Freundes André zu reißen und per Zyklotrack zurück in seinen Kugelraumer zu hieven. Zandra freilich ist zusehends genervt vom Verhalten ihres Vaters. Streit ist jedes Mal vorprogrammiert. Wieder zurück in der ausladenden, hypermodernen wie geheimen „Residenz Zyklotrop“ ist ein ominöses wichtiges Gespräch zwischen Vater und Tochter fällig, doch ehe es dazu kommen kann, geschieht Unerwartetes: Zum einen wurde André versehentlich mit auf das Schiff gebeamt und versteckt sich nun ausgerechnet in Zandras Schlafzimmer und zum anderen kommt „der General“ unangekündigt zu Besuch. Der ist Zyklotrops Hauptkunde und fordert von diesem notfalls mit Gewalt die Herausgabe einer mysteriösen Wunderwaffe, die alle vorherigen Entwicklungen in den Schatten stellen soll…
Ähnlich wie das bei anderen Bestseller-Serien der Fall ist, wie beispielweise „Thorgal“ oder „XIII“, spendiert Dupuis seinem Zugpferd nun eine Spin-Off Reihe, die sich den einzelnen Figuren des Spirou-Universums widmet (gleich zu Beginn wird diese Spin-Off Mode mit einem gelungenen Gag aufs Korn genommen). Neben „Spirou & Fantasio Spezial“ die zweite Nebenserie des Klassikers, jedoch (bisher) ohne die Hauptfiguren selbst. Vielmehr übernimmt Zyklotrop die tragende Rolle in dem Band, bzw. seine quirlige Tochter Zandra, die später alle überraschen wird – ohne hier allzu viel verraten zu wollen. Zyklotrop hat seine liebe Not mit dem Töchterchen, das die Bemühungen ihres Vaters gerne sarkastisch und durchaus selbstironisch kommentiert („Ich bin die Tochter der Karikatur eines James-Bond-Bösewichts“).
Mit dem Band kehrt der Spanier José-Luis Munuera zur Serie zurück, die er vier Alben lang zwischen 2004 und 2008 zeichnete. Fungierte seinerzeit Jean-David Morvan als Texter, übernimmt Munuera hier auch diesen Part selbst. Dabei trifft er stets den richtigen Ton und zeigt ein bemerkenswertes Gespür für das Tempo der Geschichte. Hier wechseln sich actionreiche Sequenzen mit Dialog-Szenen ab, die die Handlung voranbringen. Dabei gibt es Story technisch eine faustdicke Überraschung (gut, man riecht schon vorher Lunte) und auch das Layout weiß zu überraschen – so wird Zandras Geschichte in einer beeindruckenden Aufklapp-Doppelseite geschildert. Das Salz in der Suppe aber ist der Humor, was Dialoge (u.a. Sarkasmus, siehe oben) und Optik betrifft. So sorgt beispielsweise André, vom Zyklostrahl noch „eingefroren“, für diverse Slapstick-Einlagen. All dies ist in dem typischen Funny-Stil Munueras gehalten, der schon seine Spirou-Alben auszeichnete: Schnittige Zeichnungen voller Details, zwischen Moderne und Tradition, mit ausdrucksstarken Figuren, Anleihen aus der Manga-Ecke und mit hohem Wiedererkennungswert. Und damit ein überaus gelungener Auftakt. (bw)
Spirou präsentiert, Band 1: Zyklotrop: Die Tochter des Z
Text & Bilder: José-Luis Munuera
64 Seiten in Farbe, Softcover
Carlsen Verlag
12,99 Euro
ISBN: 978-3-551-77625-9