Kozue ist reichlich gefrustet. Da heiratet ihre Freundin Misato einen ordentlichen, erfolgreichen Typen, während ihr Freund Tatchan nichts auf die Kette bringt. Anstelle Karriere zu machen, arbeitet Tatchan in Teilzeit, träumt davon, ein Café aufzumachen, und will sich zu allem Überfluss jetzt auch noch ein Motorrad zulegen. Noch auf dem Heimweg von der Hochzeitsfeier, die sie mit ihrer Freundin Yuko besucht hat, beschließt Kozue kurz nach der Landung in Osaka, dem lieben Tatchen den Laufpass zu geben, so kann das ja nicht weitergehen. Aber irgendetwas scheint nicht zu stimmen, der Flughafen ist in heller Aufruhr, und die Crew weigert sich, die Türen der Kabine zu öffnen. Gleichzeitig erfrecht sich Tatchan doch tatsächlich, sich beim Motorradhändler für eine schlanke Ducati zu interessieren, als plötzlich Horden von zu blutdurstigen Monstern mutierter braver Bürger die Straßen Osakas unsicher machen.
Von einem Virusbefall ist die Rede, der per Biss übertragen wird und die Opfer in hungrige Zombies verwandelt. Auch der Motorradhändler nebst Frau ist befallen – und als Tatchan per Handy endlich Kontakt zu seiner Freundin bekommt, ist die Entscheidung klar. Er schnappt sich das Motorrad und eilt in Richtung Flughafen, um Kozue zu retten – und ihr damit ein für alle Mal zu beweisen, dass er eben doch ein Held ist. Aber der Weg dorthin führt durch Explosionen, abstürzende Flugzeuge und umherschlurfende Zombies. Im Flugzeug spielen sich währenddessen dramatische Szenen ab: nach einem kurzen Ausflug nach draußen fliehen die Passagiere zurück in die vermeintliche Sicherheit, aber einige sind bereits infiziert und bedrohen den gesunden Rest. Da greift der schmucke Sawamura ein, der sich als eleganter Retter in der Not gebärdet, sich aber alsbald als Fiesling herausstellt, der sein ganz eigenes Süppchen kocht…
Zombie Attack! Dieser Songtitel der Frankfurter Jungs von Tankard passt hier wie die Faust aufs blutunterlaufene Auge. Kengo Hanazawa unternimmt gar nicht erst den Versuch, die sattsam bekannte Formel zu variieren – irgendeine namenlose Seuche bricht aus, wird durch Biss übertragen und macht Otto Normalverbraucher zum sabbernden Kannibalen. Die Behörden sind hilflos, die Zivilisation bricht zusammen, nur ein Fähnlein Aufrechter kämpft gegen die Untoten. So weit, so bekannt, und in der Form hätte wohl auch der fiktive Mangaka Mikio in „Poison City“ seine Story vom „Dark Walker“ gerne entwickelt. Hanazawa mischt aber zu den üblichen Zutaten (wenn die Ordnung zusammenbricht, kommt die wahre menschliche Seele zum Vorschein, kennen wir ja aus sämtlichen Zombie-Epen) den Komplex der zutiefst konservativen Wertvorstellungen, die Kozue anfänglich an den Tag legt: ihr Freund soll jung, beruflich erfolgreich und vor allem heiratswillig sein, anstelle solche Flausen wie ein Motorrad im Kopf zu haben (Dr. Bachmaiers Beziehungsratgeber sagt hier: lauf, Forest, lauf!).
Tatchan spielt dieses Spielchen auch noch mit und will sich per Verzweiflungstat als Ritter in weißer Rüstung präsentieren, um Kozue zu gefallen. Dass diese Klischees widersinnig sind und hinter der bürgerlichen Fassade oft Abgründe lauern, das untermauert nicht nur die Zombie-Symbolik, sondern vor allem die Figur des Sawamura, der als Saubermann auftritt, nur um eine schmierige, widerwärtige eigentliche Motivationslage zu offenbaren. Der vermeintliche Held ist der Schurke, und der, der dringend den Held spielen will, erkennt nicht, dass er gar keiner sein muss. Fast wie in einem Theaterstück der seligen Jahrhundertwende, möchte man meinen. Insofern dann eben doch eine kleine Erweiterung des Zombie-Kanons, die Mangaka Yuki Honda in actionreichen, teilweise apokalyptischen Ansichten (Flughafen aus der Vogelperspektive, das abstürzende Flugzeug) stimmig inszeniert. Vor allem gefällt uns die klare Handlungsführung mit zwei aufeinander zulaufenden Erzählsträngen (gute Thriller-Bauweise!), die im Gegensatz zu manch anderem Manga auch für westliche Gemüter nachvollziehbar ist. Die abgeschlossene Story erscheint als Spin-Off der Reihe „I am a Hero“ in Carlsens umtriebigem Manga-Label. (hb)
I am a Hero in Osaka
Text: Kengo Hanazawa
Bilder: Yuki Honda
240 Seiten in schwarz-weiß, Taschenbuch
Carlsen Verlag
8,99 Euro
ISBN: 978-3-551-75659-6