Arthus Trivium, Band 1 (Splitter)

März 5, 2017

Weissagen strengt ganz schön an. Das merkt auch der berühmte Seher Michel de Nostre Dame, besser bekannt als Nostradamus, der zwar immer noch fleißig die Herrscher berät, aber selbst nicht mehr ins Geschehen eingreifen kann. Dafür hat er aber mittlerweile seine Leute: genauer gesagt seine Schüler Arthus Trivium, Angélique Obscura und Angulus Dante. Die schickt der große Meister immer dann los, wenn ihn wieder einmal Hilfegesuche erreichen – denen er natürlich gerne nachkommt, weil das ja wiederum seinen Ruf als Meister der mystischen Mächte zementiert. Dann aber erreicht ihn eine Botschaft, die ihn zutiefst erschüttert: ein Päckchen mit zwei Holzfiguren – eine Katze und eine Eule – sowie der simplen Notiz „Bald“. Widerwillig beichtet er daraufhin seiner Frau, dass er vor dreißig Jahren schon einmal verheiratet gewesen sei und seine Familie zurückgelassen habe, um in Marseille bei der Bekämpfung der Pest zu helfen. Bei seiner Heimkehr habe er Frau und Kinder nur noch als Leichen vorgefunden, dahingerafft vom schwarzen Tod – und mit dieser Vergangenheit scheint ihn nun jemand konfrontieren zu wollen, da er die Holzfiguren seinerzeit seinen Kindern geschenkt hatte.

Arthus und Angulus verfolgen einstweilen den Bischof von Avignon, der es wohl mit der Behandlung seiner Schäfchen etwas zu persönlich nimmt, und retten eine aus Eifersüchteleien der Hexerei bezichtigten jungen Frau gerade noch den Hals. In Montélimar nimmt gleichzeitig Angélique eine Bande von Betrügern hoch, die mit der Pest ihr schmutziges Geschäft machen, als zwei gespenstisch aussehende Kinder sie auffordern, ihnen in irgendwelche Katakomben zu folgen. Dort wird Angélique von einer „Mutter“ genannten erschreckenden Gestalt mit heftigen Rachegedanken gegen Nostradamus konfrontiert. Eine ganze Horde von halbtoten Kreaturen fällt über Angélique her und fesselt sie in einem Verlies, aber Arthus und Angulus eilen ihr beherzt zu Hilfe, verfolgt von den gruseligen Horden. Gleichzeitig sucht König Karl IX. höchst selbst die Hilfe des Sehers…

Mit Band 1 der Reihe um den berühmt-berüchtigten Mystiker liefern Raule (u.a. „Isabellae“ und „Jazz Maynard“, das auch bei uns beim kurzlebigen Verlag Nona Arte erschien) und Jean Luis Landa („Die Zeit des Wandels“, im alten Splitter Verlag) einen opulent gestalteten Mystery-Krimi der höchst spannenden Sorte. Historische Komplexität und Verwicklungen, wie wir sie etwa von Nicolas Jarry kennen („Durandal“, im neuen Splitter Verlag), stehen hier weniger im Fokus als eine vor klar definiertem geschichtlichen Rahmen ablaufende, detektivisch angehauchte Story um Schuld und Sühne, die mit einer gehörigen Prise übernatürlicher Horror-Elemente gewürzt ist. Die berühmten Weissagungen des Nostradamus, erschienen 1555 als „Die Prophezeiungen“, allen voran die angebliche Vorhersage des Hitler-Regimes, werden dabei direkt inszeniert, wobei auch Michels eigene Eleven durchaus ihre Zweifel an der Echtheit dieser göttlichen Eingaben hegen.

Die drei Schüler ziehen dennoch gerne aus Publicity-Gründen aus, um die ungeklärten Fälle zu lösen, denen sich Jahrhunderte später zwei FBI-Agenten namens Mulder und Scully widmen werden – und enthüllen dabei so manch angeblich übernatürliches Phänomen als höchst menschlich und von Eigensucht und Gier getrieben. Dass die unheimlichen, nach Worten der Mutter „von Gott vergessenen Kreaturen“ in engstem Zusammenhang mit Nostradamus‘ Vorleben stehen, dazu gehört nicht viel Spekulationskunst, aber dennoch zieht die Story mit Flashbacks und unheilsdräuenden Vorahnungen den Leser schnell in ihren Bann. Der wahre Star des Albums ist aber die optische Gestaltung, die immer wieder atemberaubend dynamische Arrangements kredenzt, in denen leichte Stilisierung neben beklemmend real wirkenden Zeichnungen steht. Vor allem die Szenen im Verlies, als sich Angélique von einer Horde Untoter überrannt sieht, bestechen durch energetische Atmosphäre und anatomische Detailfreude. Gepaart mit inhaltsorientierter Farbgebung und historisch akkuraten Requisiten ergibt sich somit eine höchst modern-flotte Inszenierung, die den Band zu einem visuellen Leckerbissen macht. Band 2, „Der dritte Magier“, folgt im August. (hb)

Arthus Trivium, Band 1: Die Engel von Nostradamus
Text: Raule
Bilder: Juan Luis Landa
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-424-7

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