Die Meister der Inquisition, Band 3 (Splitter)

Januar 20, 2017

Nikolai ist Meister-Inquisitor. Nicht in Spanien, nein, sondern im Fantasy-Reich Oszitanien, in dem nach dem großen Chaos (einem tausend Jahre währenden Krieg) die verbliebenen Clans aus Schmieden, Zwergen, Orks und anderen Gesellen sich einen Orden von Ermittlern leisten, die durch magische Befähigungen auf Verbrecherjagd gehen und Schuldige durch ihre Schwerter eindeutig dingfest machen können. Auf seinen Streifzügen, die der blinde Nikolai gemeinsam mit seinem Elf Boldween unternimmt, findet er im ewigen Eis von Kleingotland eine Leiche. Mit Hilfe eines Amuletts, das der Tote trägt, findet man heraus, dass es sich um einen Jünger des Blauen Drachen handelt – einer heiligen Figur, zu der gerade ein riesiger Pilgerzug nach Gamgien unterwegs ist. Denn Ygdryl, der heilige, lebensbringende Weltenfluss, ist versiegt, das Land versinkt in Dürre und Not, weshalb man drei wertvolle Artefakte zum Blauen Drachen bringen will, der die Fluten wieder befreien soll.

Bei seinen Ermittlungen in Ellumnia schließt sich Nikolai diesem Tross an, der bald von weiteren Morden erschüttert wird: nacheinander werden die Hüter der Artefakte aus den Reihen der Orks, Elfen und Zwergen getötet, die Heiligtümer aber nicht entwendet. Nikolai kombiniert flugs: den Missetätern geht es nicht um die Artefakte selbst, sondern um die ihnen innewohnende Zauberkraft, die man ihnen offenbar raubt. Irgendeine Macht muss gesteigertes Interesse daran haben, dass die Trockenheit und somit das Elend und die gärenden Konflikte anhalten – und Nikolai wird gleichzeitig zunehmend von Erinnerungen an seine Vergangenheit geplagt, die irgendwie im Zusammenhang mit den Geschehnissen zu stehen scheint…

Fünf übernatürliche Duos. Fünf Ermittlungen. Ein Epilog. Dieses Konzept durchzieht diese Reihe, in der in der postapokalyptischen, zumindest oberflächlich Tolkien-inspirierten Welt von Oszitanien jeweils ein Meisterinquisitor mit besonderen Fähigkeiten (magisches Schwert, Kampfkraft und mehr) mit einem Elf als treuen Gefährten sein Amt versieht und die allgegenwärtigen Verbrechen aufklärt. War es in Band 1 noch Obeyron, der als finsterer Racheengel tätig wurde, geht in dieser Episode aus der Feder von Vielschreiber Jean-Luc Istin (u.a. Alice Matheson, Die Druiden, Elfen, Nirvana – alles bei Splitter) nun ein auf metaphorische Weise blinder Ermittler in Sherlock Holmes-Manier auf Mördersuche, während um ihn herum eine Heroic-Fantasy-Welt im Stile eines Robert E. Howard wogt, mit Dekadenz, Verrat, Diebereien und magischen Finsterlingen an jeder Ecke.

Schnell erkennt Nikolai, dass irgendeine fremde Macht die allzu menschlichen Züge (Not zeitigt Hass, Rassismus und letztlich Krieg) für ganz eigene Zwecke instrumentalisiert, was eine durchaus zeitlose gesellschafts- und herrschaftskritische Note bringt. In der blinden Verehrung des Kult des Drachen schwingt zusätzlich ein distanziertes Auseinandersetzen mit religiösem Wahn mit. Augustin Popescu (Die Elfen) bringt das Geschehen fein angepasst im klassischen Fantasy-Duktus, in atmosphärischer Farbgebung, detailreichen Inszenierungen und bei Szenen aus dem langen Pilger-Treck bisweilen wie aus einem John Ford-Western entsprungen. Durch erklärende Texte, aber vor allem durch die Grundidee der wechselnden Ermittlerteams auch als Einzelband verständlich, quasi eine Art Tatort im Fantasy-Gewand – nur im Gegensatz zum zunehmend absurden TV-Langweiler mit fesselnden Fällen und gekonnter Ausführung. Band 4, „Mihael“, kommt demnächst, und schon das Ende dieser Episode lässt vermuten, dass sich die Duos demnächst alle über den Weg laufen werden. Wir bleiben dran. (hb)

Die Meister der Inquisition, Band 3: Nikolai
Text: Jean-Luc Istin
Bilder: Augustin Popescu
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-211-3

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