Erdwelt. So nennen die Menschen jenen Ort, wo sich die bekannten Fantasy-Rassen tummeln. Zwerge, Elfen, Gnome und natürlich Orks. Die Brüder Balbok und Rammar gehören letzterer Spezies an. Und beide haben gemeinsam, dass sie nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind. Auf einem Beutezug werden die beiden von ihrem Ork-Führer Girgas losgeschickt, um die Anzahl der feindlichen Gnome festzustellen. Denn Balbok besitzt eine wohl seltene Gabe unter den Orks: er kann zählen. Doch statt die Stärke des Feindes zu ermitteln, führen die Brüder die Gnom-Meute direkt zu den Orks. Und bleiben in dem folgenden Gemetzel die einzigen Überlebenden. Während sich Rammar doch recht feige in einer Felsspalte versteckt, verschonen die Gnome Balbok, als sie sehen, dass er der vermeintlich letzte Ork ist. Natürlich nicht ohne Grund.
Aber nun haben die Brüder ein Problem. Der Kopf von Girgas fehlt. Nicht gut – ist es doch fester Brauch, dass der Kopf des Anführers zurückgebracht werden muss. Wieder zurück in ihrem Ork-Dorf werden Rammar und Balbok dann auch entsprechend empfangen. Chef Graishak ist nicht erfreut, gibt den beiden aber eine letzte Chance: wenn sie Girgas‘ Kopf finden und zurückbringen, bleibt ihr Leben verschont. Widerwillig machen sie sich auf den Weg und folgen der Gnom-Meute, kommen aber recht schnell vom Regen in die Traufe (wir erinnern uns – sie sind nicht die Hellsten) und finden sich in den Fängen der Gnome wieder. Wie sich herausstellt auf Geheiß des Zauberers Rurak, der nicht gerade einen guten Ruf hat: man nennt ihn den Schlächter. Und wieder sind Rammar und Balbok gezwungen, wohl oder übel einen neuen Auftrag anzunehmen, um ihr Leben zu retten…
Natürlich erinnert man sich an den Herrn der Ringe. Der Band beginnt mit der „Vorstellung“ der Welt und der Rassen, die sie bevölkern. Als übergeordnete Hintergrund-Geschichte erfahren wir von dem Geist des Dunkelelfs Margok, der seit langer Zeit in den Mauern der verbotenen Stadt Tirgas Lan gefangen ist. Ein Geheimnis, das nur im Tempel von Shakara bewahrt wird, über dem eine Hohepriesterin der Elfen wacht, hoch droben im eisigen Norden. Dann die epische Quest, auf die die beiden Brüder geschickt werden. Erst auf Geheiß von Graishak, die sich dann sozusagen noch ausdehnt, als sie in den Plan des Zauberers Rurak eingeweiht werden. Überall in Erdwelt brodelt es. Wie in Herr der Ringe scheint das Böse auf dem Vormarsch, man bekriegt sich, wo es nur geht. Erfrischend anders sind dann aber unsere beiden Helden. Zum einen sind es Orks, die ansonsten nicht gerade als Sympathieträger fungieren. Und zum anderen bringen die beiden Brüder durch ihre Naivität und Bauernschläue eine gehörige Portion Humor in die Geschichte ein.
Schon in ihrer Physiognomie unterscheiden sich die beiden von anderen Orks und erinnern damit an bekannte Komiker-Duos: Der eine, Balbok, ist groß und dünn, sein Bruder Rammar klein und dicklich. Pat und Patachon, Stan und Ollie lassen grüßen. So nimmt der Humor einen größeren Stellenwert ein, als in anderen Fantasy-Epen. Eine gute Idee, erfrischend anders, die die eigentliche Story immer wieder würzt, welche nie vergessen und stetig vorangetrieben wird und dabei an Komplexität hinsichtlich der zu erfüllenden Quest zunimmt. Immer wieder fließen Ausdrücke aus der Ork-Sprache in die Dialoge mit ein, was die fiktive Authentizität zusätzlich fördert (in Peinkofers Roman gibt es sogar ein seitenlanges Glossar, das sich den Ork-Wörtern widmet).
Die Ork-Saga ist eine Adaption des Fantasy-Romans „Die Rückkehr der Orks“ von Michael Peinkofer. Der Bayer hat bereits etliche Romane auf dem Buckel und landete mit seinen Ork-Büchern, die seit 2006 erscheinen, einen großen Erfolg. Die inzwischen fünf Teile wurden allesamt zu Bestsellern. Nun bringt Cross Cult als Eigenproduktion das erste Buch als vierteilige Comic-Adaption heraus (vgl. die Comic-Adaption von Holbeins „Die Chroniken der Unsterblichen“). Als Zeichner konnte man mit dem Dänen Peter Snejbjerg einen echten Hochkaräter gewinnen. Snejbjerg zeichnete bereits in den Neunzigern zahlreiche Titel für Vertigo und DC (darunter „Hellblazer“ und „Die Bücher der Magie“) und war damit auch in deren deutschen Veröffentlichungen vertreten. Sein letzter Titel bei uns, das Weltkriegs-Fantasy Epos „Light Brigade“, erschien ebenfalls bei Cross Cult (auch in Cross Cults zweitem Hellboy-Ziegel war er mit einer Ape Sapien-Episode vertreten). Zuvor machte er bereits mit der außergewöhnlichen Superhelden-Graphic Novel „A God Somewhere“ von sich reden. Beide Werke zeichnen sich durch opulente Schlachten-Gemälde aus, die in grafisch expliziten Panels mit einem kräftigen, leicht überzeichneten Stil inszeniert sind und schwer beeindrucken. Auch bei der Ork-Saga finden sich solche Szenen – der Kampf zwischen Orks und Gnomen ist ähnlich intensiv orchestriert, mit dem Leser mittendrin, statt nur dabei. Das große Albenformat kommt dem noch entgegen. Der Band bietet einen gelungener Einstieg in Peinkofers Fantasy-Welt. Jährlich soll ein weiteres Album folgen. Mit Band 4 wird der erste Roman dann abgeschlossen sein. (bw)
Ork-Saga, Band 1: Zwei Brüder
Text: Michael Peinkofer, Jan Bratenstein
Bilder: Peter Snejbjerg, Lars Bjorstrup (Farben)
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Cross Cult
14,95 Euro
ISBN: 978-3-86425-673-8