Badlands, Band 1 (Splitter)

Januar 19, 2015

Badlands, Band 1: Das Eulen-Kind (Splitter)

Starke Frauengestalten sind ja nicht gerade das, wofür der Wilde Westen bekannt war – mal abgesehen von der wohl nicht so leckeren Calamity Jane schwangen wohl doch eher die Herren der Schöpfung das Schießeisen, während die holde Weiblichkeit entweder als Heimchen oder als Amüsemang dienen durfte (Frau Comanche ebenfalls mal ausgenommen). Insofern erfrischt es durchaus, wenn einmal eine durchaus ansehnliche Dame das Geschehen nicht nur mitverfolgt, sondern dominiert: 1880 macht sich die – ja ich geb‘s ja zu – höllisch scharfe Perla Ruiz-Tenguillo auf eine abenteuerliche Mission: sie hat im Erbe ihres Vorvaters Hernan Unterlagen und einen geheimnisvollen Würfel gefunden, zusammen mit Hinweisen, dass Hernan den Indianern ein wahrlich phantastisches Geheimnis entlockt hatte – den Zugang nämlich zur unsichtbaren Welt der Geister, die den Mayas, Inkas und Azteken ihre wahre Kraft verlieh.

Mit einer bunt zusammengewürfelten Bande, darunter auch ein indianischer Scout mit dem lauschigen Namen Viele-Tode, kämpft sich Perla zur Kiva vor, einem Rückzugsort der Pueblo-Indianer, an dem sie hofft, das Tor zur unsichtbaren Welt aufstoßen zu können. Dagegen scheint aber ein sehr präsenter Geist einiges zu haben: das Eulen-Kind, eine Figur der indianischen Mythologie, lockt die Gruppe zusammen mit einem Kojoten in eine Falle, greift Perlas Mitarbeiter (wie sie stets betont, sind es nicht ihre Gefährten – sehr fortschrittliches Business Modell!) Labotte an und bringt Viele-Tode an den Rand des Untergangs. So hat es zumindest den Anschein, denn angekommen im Kiva muss Perla feststellen, dass das Eulen-Kind sie eigentlich schützen wollte und Viele-Tode einer zunächst hilfsbereiten alten Frau in die Hände gefallen ist, die sich als fiese Hexe entpuppt und ein ziemlich erschreckendes Monsterviech auf Perla loslässt… aber das hat nicht mit der Wehrhaftigkeit unserer Heldin gerechnet, die dem Kroppzeug ordentlich Saures gibt und dann weiterzieht, um ein Erbe als Dämonenbändiger anzutreten.

Die Formel Western und Übersinnlichkeit ist zwar nicht radikal neu (das erlebten wir schon beim etwas verunglückten Blueberry-Film 2004, und vorher schon Mitte der 70er bei den spaßigen, aber kurzlebigen „Geister-Western“ aus dem rührigen Schundverlag Bastei), aber Eric Corbeyran spinnt hier (wie schon beim Piratenepos Unter schwarzer Flagge, das wir gebührend gewürdigt haben) eine furiose Mischung aus Abenteuerstory und phantastischen Elementen, die einerseits sehr ironisch geerdet daherkommt und andererseits fast schon überdimensionale Horror-Züge einsetzt. Perla lebt einen praxisorientierten Feminismus (das müssen auch ihre Mitarbeiter teilweise deutlich erfahren), läßt keinen Zweifel daran, dass sie der Boss ist, macht sich vor den Geistern keine Sekunde in die knallenge Hose und flucht und schießt wie ein Pferdedieb.

Die übersinnliche Komponente leitet sich aus der indianischen Mythologie ab, nach der im Kiva die verborgene Geisterwelt anzutreffen sei, der wahre Schatz der Ureinwohner, den sie vor den Konquistadoren erfolgreich verbargen, da die nur Augen für Gold und Reichtum hatten. Die tatsächliche Konfrontation mit der Paralleldimension spuckt dann ein Monster aus, das Lovecrafts Cthulhu alle Ehre macht – tentakelbewehrt, schlabbrig und durchaus eloquent, aber auch höchst verletzbar. Die Rolle des Dämonenjägers nimmt Perla bereitwillig an und zieht somit auf den Spuren von Buffy Summers in den Sonnenuntergang. Piotr Kowalski zeichnet diese schmissige Story in klassischer Western-Manier, mit vielen detailreichen, großflächigen Panels, die mit stimmungsvoller Naturdarstellung à la Jean Giraud und den Filmen von John Ford abwechselt (sehr schön die Szenen im Dschungel Mittelamerikas oder auch in den Schluchten der Prärie), in denen die Farbgebung die inhaltlichen Dimensionen spiegelt. Allen Freunden des klassischen Westerns sehr ans Herz zu legen, und dass Perla gerne mal bauchfrei geht, ist ja auch kein Schaden. Band 2 (von 3 geplanten) ist in Vorbereitung. (hb)

Badlands, Band 1: Das Eulen-Kind
Text: Eric Corbeyran
Bilder: Piotr Kowalski
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
13,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-030-0

Tags: , , , , , ,

Comments are closed.