Colt & Coal (Splitter) | Comicleser

Colt & Coal (Splitter)

Februar 5, 2025
Colt & Coal (Splitter Verlag)

Newcastle, ein Städtchen in Wyoming, im Jahr 1894. Sheriff Jim Teasle und sein Deputy beschäftigen sich mit Routineaufgaben und halten ohne Mühe die Ordnung aufrecht. Bis ein Mord geschieht. Nicht in der Stadt, sondern in der nahen Kohle-Mine, wo etliche Bergleute, darunter viele tschechische Einwanderer, unter widrigen Bedingungen schuften und in einer riesigen Zeltstadt hausen.

Minen-Besitzer Horace Frick, der in einer feudalen Villa oberhalb der Stadt lebt, setzt Teasle mit der Aufklärung des Mordes unter Druck und will dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: man beschuldigt einfach und pauschal die Bergleute, die eine Gewerkschaft gründen wollen, und schafft sich damit die Bedrohung aus dem Weg. Denn Gewerkschaften bedeuten immer Ärger, in erster Linie natürlich für Frick und seine Finanzen. Doch dann geschieht ein weiterer Mord…

Ein Western mit Krimi-Handlung. Es gilt einen brutalen Mörder zu finden. Doch erstaunlicherweise zeigt die Obrigkeit, hier in Person des Sheriffs und des Minen-Oberaufsehers Ben Cornwall, wenig Interesse, den wahren Täter zu überführen. Stattdessen sucht man sich willkürlich Verdächtige. Viel wichtiger ist es, einen Aufruhr unter den Bergleuten zu verhindern. Denn dann wäre auch das Wohl der Stadt in Gefahr. So muss der eigentlich integre und idealistische Teasle, der nach alter Schule der Lehrerin den Hof macht, eine bittere Pille schlucken: er verlässt den Pfad der Redlichkeit, um seine Stadt vor potenziell marodierenden Bergleuten zu schützen.

Minen-Besitzer Frick, der bereits auf Errungenschaften wir Telefon oder Automobil setzt, ist diese Vorgehensweise nur recht. Schließlich beutet er die Einwanderer gnadenlos aus und wird dabei reich. Die Bildung einer Gewerkschaft wäre da nur hinderlich und wahrscheinlich verbunden mit gewalttätigen Ausschreitungen (siehe auch „Nevada, Band 4: Jack London“). So lassen sich bequem und präventiv die vermeintlichen Gewerkschafter ausschalten.

Doch dann übernimmt die Krimi-Handlung auf dramatische Art und Weise wieder das Kommando, u.a. mit einem schönen Bezug auf die tschechische Golem-Legende. Die Situation gerät komplett außer Kontrolle – mehr zu verraten wäre hier unangebracht. Autor Vincent Brugeas (u.a. „Kosaken“ und „Die Totenkopfrepublik“) stellt das Lager der Bergleute als sozialen Brennpunkt dar. Viele Menschen hausen in einer dreckigen Enge und benötigen nur einen Grund, um aufzubegehren. Im Gegensatz dazu zeigt er Newcastle, beinahe als Musterstädtchen, mit einem Sheriff, der nur vermeintlich ein Saubermann ist.

Die Zeichnungen in diesem abgeschlossenen Einzelband stammen von Mr Fab (d.i. Fabien Esnard-Lascombe). Sein realistischer Stil, der auch in der SF-Reihe „Der Turm“ (auch bei Splitter) zu bewundern ist, kommt sehr detailliert daher, in stimmigen Farben – bevorzugt Brauntöne – die das Geschehen an alte, zeitgenössische Fotografien erinnern lassen. Dabei glänzt er erst recht mit seinen Nachtszenen und v.a. mit der langen, fast wortlosen Feuersequenz. Ein durch und durch ungewöhnlicher, optisch opulenter Western. Bleibt die Frage, wer hier am Ende ungeschoren davonkommt… (bw)

Colt & Coal
Text & Story: Vincent Brugeas
Bilder: Mr Fab
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-98721-477-6

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