Eine große Frage ließ der zweite Zyklus des Historien-Epos‘, der unter dem Titel „Wie eine Feder im Wind“ bekannt ist, offen: Was passierte mit dem Kind, das Ariane de Troil auf die Welt brachte, das ihr direkt nach der Geburt weggenommen und von zwei Schergen des Bruders des Königs ausgesetzt und damit seinem Schicksal überlassen wurde? Um dies zu klären, kehren Ariane und ihr Mann Beau, ein Mohawk, Anfang 1642 nach Paris zurück. Mit von der Partie ist natürlich der hünenhafte Germain Grandpin, Arianes Diener und manchmal auch mehr. Gleich zu Beginn treffen die drei auf einen alten Bekannten: Der Vicomte de Roquefeuille, dem Ariane einst die Nase abbiss, trachtet noch immer nach Rache – ein Unterfangen, das jedoch im bereits Ansatz fehlschlägt. Als sich unser Trio an den damaligen Schauplätzen auf Spurensuche nach dem Kind begibt, tauchen neue Gegner auf, hinter denen einmal mehr Gaston d’Orléans, der Bruder des Königs, steckt…
„Die 7 Leben des Falken“ ist einer der prominentesten und wahrscheinlich der beste Vertreter jener Reihen, die Mitte der Achtziger Jahre einen regelrechten Boom von historischen Serien entfachten, der sogar in einem eigenen Genre-Magazin mündete („Vécu“ bei Glénat). Andere bekannte Titel waren „Malefosse“ (dt. im All Verlag) oder Hermanns „Die Türme von Bos-Maury“ („Reisende im Wind“ erschien bereits Ende der Siebziger Jahre). Die epische Geschichte um den maskierten Roten Falken und die Baronin Ariane de Troil ist für mich noch immer der Inbegriff edler franko-belgischer Comic-Kunst, sowohl was den Inhalt betrifft – die verschachtelte übergangslose Erzählweise von Autor Patrick Cothias mit klugen Dialogen und angereichert mit phantastischen Elementen -, als auch die klaren und detaillierten Zeichnungen von André Juillard, die mit ihren gediegenen Farben an Eleganz ihres Gleichen suchen.
Bei uns erschien die Reihe, der erste Zyklus mit (natürlich) sieben Bänden, erstmals im Carlsen Verlag ab 1983, gefolgt von einer ersten Gesamtausgabe im Rahmen von „30 Jahre Carlsen Comics“ im Jahr 1997. Mit dem zweiten Zyklus „Wie eine Feder im Wind“ machte dann Kult Editionen ab 1995 weiter. Dessen vier Teile brachte dann der Splitter Verlag anständig gelettert und Fehler bereinigt als Gesamtausgabe heraus (wie auch die ersten sieben Bände). Jetzt setzt die Handlung 15 Jahre später ein, vier Bände sind zu erwarten, wovon die ersten drei im Original bei Dargaud bereits vorliegen. Bei Splitter ist Band 2 gerade erschienen, Band 3 folgt im September und am Finale scheinen Cothias und Juillard gerade zu arbeiten. Damit liegt die Reihe komplett bei Splitter vor. Auch weitere Ableger der Reihe tauchen immer wieder auf, die die Wege der einzelnen Protagonisten verfolgen, wie aktuell „Brennendes Herz“ bei Finix. Zumindest zeichnerisch fallen diese Spin-Offs allerdings merklich ab.
Nach dem radikalen Schauplatzwechsel im zweiten Zyklus – weite Teile der Geschichte spielten in Neufrankreich, bzw., Quebec – kehrt der dritte (und vermutlich letzte) Zyklus wieder in ursprüngliche Gefilde zurück. Gabriel de Troil, Arianes wahrer Vater, der seine Tochter schließlich anerkannte, zog sich auf den Familiensitz zurück, während Ariane und ihre beiden Begleiter versuchen, das Schicksal ihres Kindes aufzuklären (wir wissen ja, dass es überlebte und quasi „adoptiert“ wurde). Wieder kommt Ariane der Zufall zu Hilfe, doch tun sich auf der Suche nach dem Kind neue Abgründe auf, für die alte Feinde verantwortlich sind, was einmal mehr dramatisch-tragische Begegnungen nach sich zieht. Im Prinzip ist der Band abgeschlossen, die Geschichte wird schlüssig präsentiert, im Gegensatz zu den „erstaunlichen“ Wendungen im zweiten Zyklus (wie die Piraten-Episode). Auch hier gibt es den roten Falken nicht mehr – Ariane, die Baronin von Troil, steht ganz ohne Maske im Mittelpunkt. Mehr zu Band 2 demnächst. (bw)
Die 7 Leben des Falken, dritter Zyklus, Band 1: 15 Jahre später
Text & Story: Patrick Cothias
Bilder: André Juillard
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
17 Euro
ISBN: 978-3-98721-300-7