Batman – One Bad Day: Riddler (Panini)

März 8, 2023
Batman - One Bad Day: Riddler (Panini Comics)

Keinerlei Spiele mehr. Keine Rätsel. Das scheint die Aussage zu sein, die Edward Nigma an seinen Erzfeind sendet, als er auf offener Straße vor laufenden Überwachungskameras einen Wachmann erschießt und grinsend einen Zettel mit einer Fledermaus vor die Linse hält. Planmäßig wird er in Arkham inhaftiert, wo er seine brutale Mordserie fortsetzt: erst treibt er seinen Zellennachbarn Burt Weston alias Film Freak in den Selbstmord, verstümmelt dann einen Wärter und zettelt, als ihn Gordon verlegen will, eine Schießerei an, der mehrere Polizisten zum Opfer fallen. Batman, der schnell merkt, dass irgendwas hier ganz gewaltig nicht stimmt, weigert sich zunächst standhaft, auf die Forderung seines Kontrahenten nach einer Unterredung einzugehen, sondern nimmt vielmehr durchaus rabiat Ermittlungen auf.

Dabei stellt sich heraus, dass der Riddler als Edward Tierney alles andere als eine glückliche Kindheit hatte. Sein Vater Dana, seines Zeichens Rektor einer Eliteschule, peitschte den Sohnemann wortwörtlich zu Höchstleistungen – nicht zuletzt um den „Makel“, dass seine Mutter nicht den „hohen Standards“ der besseren Gesellschaft entsprochen habe, zu überwinden (Klartext: die liebe Mama war als Prostituierte tätig). Tierneys Lehrer Professor Yellin kommt dabei mit seiner Idee in die Quere: um nicht nur stures Auswendiglernen, sondern auch selbständiges Denken zu belohnen, baut er am Ende jeder Prüfung ein kleines Rätsel ein – an dem Edward regelmäßig scheitert und vom Herrn Papa dafür wieder Prügel bezieht.

Als Edward diesen Teufelskreis durchbrechen will und die nächsten Testunterlagen vorab aus dem Büro seines Vaters klaut, kommt es zur Katastrophe: Yellin bemerkt den Betrugsversuch – und bezahlt mit seinem Leben, als er Edward zur Rede stellt, der sich fortan seinen „Spielen“ widmet. In einer ähnliche Situation stehen sich Jahre später der Riddler und Batman in einem Hof bei Arkham dann doch gegenüber: der Riddler eröffnet Batman, dass er alle seine Geheimnisse kennt, in Wayne Manor unbemerkt aus und ein geht und nach Belieben wahllos töten wird, wenn Batman auch nur eine Hand gegen ihn hebt. Der gibt zähneknirschend klein bei, worauf Gotham im Chaos zu versinken beginnt…

„One Bad Day“ – dieser Schlüsselsatz aus dem Meilenstein „The Killing Joke“ von Alan Moore und Brian Bolland fungiert als Motto einer neuen Serie, die jeweils die Neuinterpretation eines bekannten Charakters aus dem Batuniversum erlaubt, so wie dies Moore und Bolland weiland mit dem verrückten Killerclown auf legendäre Art umsetzten. Die ganze Welt ist irre, und es reicht ein schlechter Tag, um jeden über die Kante zu schubsen – weshalb Wahnsinn die einzig rationale Reaktion auf die Welt ist, so das Credo des Jokers. Tom King und Mitch Gerads nutzen diesen Hintergrund zu einer radikalen Neueinordnung des Riddlers, den schon Matt Reeves im letzten, durchaus famosen Batman-Leinwandabenteuer 2022 vom lustigen Rätselclown hin zum grenzenlosen Psychopathen führte.

Das Variant, passenderweise von Brian Bolland

Auch bei King und Gerads erscheint Edward Nigma als massiv gestörter Terrorist, der das Privatleben aller seiner Kontrahenten bestens kennt, Batman mit Psychospielchen malträtiert (er kennt sogar den Inhalt eines Privatsafes, in dem Bruce Wayne eine Perle seiner Mutter aufbewahrt), die Unterwelt komplett beherrscht und Polizeichef Gordon gegenüber beklemmend-glaubhaft erklärt, dass das Attentat auf Gordons Tochter Barbara – die zentrale Szene im „Killing Joke“ – eigentlich von ihm ausgeheckt worden sei. Dass der Dachschaden des wirren Edward aus der Kindheit rührt, ist dabei ebenso überzeugend wie vielschichtig ausgebreitet: Yellin (der auch das berühmte „löse mir das!“, also „riddle me this!“ prägt) meint es nur gut mit dem geschundenen Jungen, der seinen ersten Mord, also seinen „one bad day“, aus schierer Verzweiflung und Angst vor dem sadistischen Vater begeht – eine Art düstere Inversion des „Clubs der toten Dichter“ (nicht umsonst heißt ein anderer Lehrer in Edwards Schule Professor Keating, der ja schon in „Dead Poets Society“ die jungen Leute zum carpe diem animierte).

Dabei verweist Edward selbst auf die knallbunte Vergangenheit seiner Comic-Historie: er habe die Nase voll von den „riesigen Schreibmaschinen“ und den „ewigen Spielen“ – Batman kann nicht gewinnen und soll das ein für alle Mal verstehen. Muss Batman allerdings am Ende des „Killing Joke“ eingestehen, dass der Joker nicht ganz Unrecht hat, was in einem gemeinsamen, manischen Lachen über den erzählten „tödlichen Witz“ angedeutet ist, biegen King und Gerads hier auf einen ganz düsteren Pfad ab (Spoiler Alert!): nach Monaten der Terrorherrschaft des Riddlers besinnt sich Batman schließlich seiner eigenen psychopathischen Seite und hat damit endgültig seinen eigenen „bad day“, auch wenn das Ende einigermaßen offen gehalten ist.

Inhaltlich damit schon mehr als pechschwarz, brilliert der Band auch in der optischen Gestaltung: filmische Szenen, subjektive Eindrücke, alptraumhafte Bildfolgen wechseln mit fast schon expressionistischen Blickwinkeln, Schwarz/Weiß wechselt mit Farbe, und alles gruppiert sich um eine zentrale Doppelseite, in der die Vergangenheit in Person des jungen Edward, der gerade seinen Lehrer auf dem Sportplatz ermordet hat, mit der Gegenwart in Form des Riddlers, der Batman gegenübersteht, ineinanderfließt. Beeindruckend, beklemmend und ein absoluter Leckerbissen, der die Bat-Historie gekonnt auseinandernimmt und zu einem erschreckenden Zerrbild wieder zusammenbaut. (hb)

Batman – One Bad Day: Riddler
Text & Story: Tom King
Bilder: Mitch Gerads
76 Seiten in Farbe, Hardcover
Panini Comics
18 Euro

ISBN: 978-3-7416-3283-9

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