Nevada, Band 3 (Splitter)

November 11, 2022
Nevada, Band 3: Blue Canyon (Splitter Verlag)

Ausgerechnet! Bei einem Western-Dreh erleidet Hauptdarsteller Sam Glover einen Herzanfall und fällt lange Zeit aus. Da das Skript auf die Schnelle nur bedingt umgeschrieben werden kann, muss dringend ein Ersatz her, zumal es jetzt mit der kompletten Crew zum Außendreh ins Monument Valley geht. Als neuen Star engagiert Produzentin Louise Hathaway daher nolens volens den liederlichen „Lonestar“ Mac Nabb. Der weiß natürlich um ihre Notlage und stellt eine Bedingung: er will mit Stuntman und Louises Allzweckwaffe Nevada Marquez zum Set nach Arizona reiten! Und so in den vergangenen Wilden Westen eintauchen und damit auch in seine Rolle. Widerwillig und auf Drängen Louises stimmt Nevada zu, nicht ahnend, dass Mac Nabb eine ganz eigene, hoch gefährliche Agenda verfolgt…

Wie schon in den beiden ersten Bänden spielt die Reihe, die um 1930 im Filmgeschäft an der Schwelle zwischen Stumm- und Tonfilm angesiedelt ist, mit dem Western-Genre. Aber noch nie so clever wie hier. Denn hier verwandelt sich der berühmte Drehort im Monument Valley, später auch John-Ford-Country genannt, noch einmal in eine echte Western-Kulisse und das Genre, das Hollywood größtenteils erfunden hat, wird noch einmal zur Realität. Weitestgehend abgeschnitten von der Zivilisation, reist man zu Pferde und stilecht im Cowboy-Outfit (Nevada dazu noch im Clint Eastwood Gedächtnis-Poncho), natürlich stets mit der Waffe zur Hand.

Und zitiert dabei haufenweise gängige Western-Klischees, nur um diese gleich wieder genüsslich zu durchbrechen. So erinnert der Angriff der unglorreichen Sieben auf die Crew-Trailer an die Belagerung eines Siedlertrecks, wären da nicht ab und an Scheinwerfer im Hintergrund zu sehen. Und während Lonestar, ganz beseelt von der neuen Schauspiel-Lehre, die später als Method Acting bekannt werden sollte, den Western romantisiert und beschwört, spielt Nevada das Spiel vermeintlich mit, nur um dann die Illusion grinsend und nüchtern sarkastisch platzen zu lassen. Und Nevadas Indianerkumpel Manuelito ist kein verklärter Wilder, der im Wigwam haust, sondern ein gestandener Polizist in Uniform.

Die Handlung, die damit praktisch in einen echten falschen Western mündet, ist schnell abgesteckt, freilich mit diversen Überraschungen im späteren Verlauf, wobei die Story-Hintergründe in Person von Mac Nabb komplexere Formen und Zusammenhänge annehmen. Und wir treffen wieder auf alte Bekannte, die auf beiden Seiten des Gesetzes stehen. Neben der resoluten Louise Hathaway, optisch wieder eine Mischung aus Louise Brooks und Mia Wallace und „Lonestar“ Mac Nabb, der sich schon in Band 1 als Trottel etablieren durfte, ist auch die spätere Schriftstellerin Dorothy Johnson aus dem zweiten Teil wieder dabei.

Der neuseeländische Zeichner Colin Wilson (u.a. „Wonderball“, „Tag X“), Western erprobt durch seine Blueberry-Jugendabenteuer, fühlt sich hier sichtlich wohl, was die opulenten Landschaftspanels im Stile eines Jean Giraud, die genau so zum Genre gehören, untermauern. Dazu gesellen sich rasante Actionszenen in Form klassischer Schießereien, die ohne störende Worte auskommen. „Blue Canyon“ gerät damit zum bisher besten Band der ohnehin starken Reihe, mit einem durchweg cleveren Spiel mit dem Genre. Denn auf dem Pferd, in der Prärie, mit seinem Colt, ist ein Mann eben noch ein Mann, unabhängig von der Jahreszahl. (bw)

Nevada, Band 3: Blue Canyon
Text: Fred Duval, Jean-Pierre Pécau
Bilder: Colin Wilson
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro

ISBN: 978-3-96219-509-0

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