Virginia um 1870. Der amerikanische Bürgerkrieg ist gerade mal ein paar Jahre beendet. Tex Willer (in klassischem Gelb-Blau) und sein Freund Kit Carson werden von General Davis in den Osten der USA gebeten. Dort geschehen seit geraumer Zeit wohl organisierte Überfälle im großen Stil. Zu groß, als dass sie von einzelnen oder einer kleiner Bande stammen können. Vielmehr läßt die Ausführung der Taten eine militärische Präzision erkennen. Der einzige Erfolg, den die Behörden vorweisen können, ist die Festnahme von John Freemont, eines ehemaligen Hauptmanns der Südstaaten-Armee. Um die Sache nicht politisch aufzuladen und um kein Salz in die noch offenen Bürgerkriegs-Wunden zu streuen, soll Tex inkognito im Gefängnis dessen Vertrauen gewinnen und so die Urheber der Anschläge enttarnen.
Nach einem fingierten Ausbruch führt Freemont Tex und Carson tatsächlich zu einem geheimen Unterschlupf. Dort, in einem unzugänglichen Tal und von der spärlichen Bevölkerung gedeckt, bereiten sich Reste der Konföderierten auf eine Revolution, auf eine Rückkehr vor, organisiert vom ehemaligen Südstaaten-General Jackson, der die Niederlage nie akzeptierte und nun auf Rache sinnt. Unerwartete Hilfe kommt nun ausgerechnet von Freemont. Der ist nämlich gar nicht auf Krieg aus, sondern auf die Kriegskasse des Generals. Ohne Geld keine Revolution, das wissen auch Tex und Carson, weshalb sie beschließen, mit Freemont gemeinsame Sache zu machen und den Coup planen. Doch der läuft anders als geplant. Einiges geht schief und die Flüchtigen werden viel früher als geplant entdeckt…
Im Rahmen seines neuen, abwechslungsreichen Alben-Programms zaubert Panini nun einen alten Western-Haudegen aus dem Ärmel. Tex Willer reitet bereits seit 1948 durch die italienische Comic-Landschaft und ist wie Dylan Dog eines der Zugpferde des italienischen Verlagshauses Bonelli (in dem auch die SF-Serie Waisen erscheint, die bei uns von Cross Cult verlegt wird). Und zwar in klassischen schwarz-weiß. Eine Ausnahme bilden besondere Abenteuer, die auch von international renommierten Zeichnern gestaltet und in Farbe veröffentlicht werden. Ein Beispiel dafür ist der Vierteiler ‚Die gnadenlosen Vier‘, den der inzwischen verstorbene Joe Kubert zeichnete und der von 2002 bis 2004 bei Kult Editionen auf deutsch erschien. Im aktuellen Band von Panini schwingt mit dem Neuseeländer Colin Wilson ein alter Bekannter den Zeichenstift. Von ihm brachte Panini jüngst den Auftakt der Reihe ‚Tag X‘. Bekannt ist er hierzulande durch seine Arbeit an diversen Star Wars Comics und natürlich an dem Kult-Western Blueberry, dessen Jugendabenteuer er von 1985 bis 1994 inszenierte.
‚Der letzte Rebell‘ stammt aus dem Jahre 2000, also nicht zu lange nach dem Ende seiner Blueberry-Phase. Anders als dort hatte Wilson hier mehr Platz und damit mehr Freiheiten. Einmal sind die Panels großzügig angelegt und zum zweiten breitet sich die Story auf 228 Seiten aus und sprengt damit die üblichen franko-belgischen Alben-Konventionen gleich um Längen. Entsprechend nehmen sich Wilson und Autor Claudio Nizzi (von dem auch die Kubert-Episode stammt) viel Zeit für die Handlung – ein angenehmer Luxus, der die gradlinige Story anreichert. Wilsons Zeichnungen wissen vor allem in den diversen Nachtszenen zu gefallen, die mit großflächigem, kräftigem Tuscheeinsatz gestaltet sind und dadurch eine atmosphärische Dichte erhalten. Dazu kommt mit John Freemont ein Schurke, für den man durchaus Sympathien entwickelt. Da spielt es auch keine Rolle mehr, dass man im Knast keine Gefängniskleidung trägt und dass dort der Besitz von Messern und Zigaretten ganz normal zu sein scheint.
Zum Schluß bringt Panini noch diverse Illustrationen, die Wilson zu diesem Band anfertigte (u.a. Tex und Blueberry beim Pokern), sowie ein ausführliches Interview, in dem er über seinen Werdegang als Comic-Zeichner und u.a. über die Unterschiede der Arbeit an Blueberry und Tex spricht. Weitere Tex-Sonderbände von anderen Zeichnern sind in Vorbereitung. (bw)
Tex: Der letzte Rebell
Text: Claudio Nizzi
Bilder: Colin Wilson
240 Seiten in Farbe, Hardcover
Panini Comics
29,99 Euro
ISBN: 978-3-95798-392-3